Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.

40. TCM Kongress Rothenburg vom 20. bis 24. Mai 2009

Zum 40. Mal fand nun der TCM Kongress Rothenburg statt. So viel hat sich in diesen 40 Jahren in der TCM-Welt verändert. Was mit einer „Handvoll“ Therapeuten begann, hat sich heute zu einer weitgehend anerkannten Therapieform für Heilpraktiker und Ärzte entwickelt. Die Literatur, die zu diesem Thema inzwischen veröffentlicht wurde, hat einen umfangreichen und alle Bereiche (Akupunktur, Kräuterheilkunde, Tuina, Qigong, Diätetik und auch die psychologischen und philosophischen Aspekte der chinesischen Medizin) umfassenden Rahmen erreicht. Vor 40 Jahren musste man nach Literatur noch suchen und die Therapeuten waren rar.

Im Jahr 1968 fand eine Jahrestagung der AGTCM mit ca. 20–30 Kollegen statt, heute hat es sich zu einem bedeutenden Kongress entwickelt. Im Mai dieses Jahres trafen sich die internationalen Experten für Traditionelle Chinesische Medizin auf dem TCM Kongress Rothenburg. 1.200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 30 Ländern nahmen in diesem Jahr an der Veranstaltung teil, dies entspricht einem Wachstum von 16 Prozent gegenüber 2008. Fast einhundert international renommierte TCM-Experten referierten an den fünf Kongresstagen in über 60 Vorträgen, mehr als 70 Kursen, sieben europäischen Meetings und Podiumsdiskussionen zur TCM. So ist der Kongress mit der Chinesischen Medizin gewachsen und viele TCM-Praktizierende und –Auszubildende aus Deutschland, aus unseren europäischen Nachbarländern wie der Schweiz und den Niederlanden, aber auch aus China, Japan, Russland und Südafrika sind nach Rothenburg gekommen, um die Experten aus aller Welt zu hören und von ihnen zu lernen. Der TCM Kongress Rothenburg ist eine feste Einrichtung zum Austausch für die Fachwelt geworden.

Die Schwerpunktthemen waren in diesem Jahr Autoimmunerkrankungen und die Akupunktur nach den 5 Elementen. Wieder fanden der Infertilitätstag, an dem Karin Bervoets die Moderation übernahm, der Wissenschaftstag, den Velia Wortmann als Moderatorin gestaltete und der Apothekertag, an dem sich Fachleute wie Simon Becker, Uwe Gassner, Erich Stöger, Eike Reich, Mona Tawab, Beat Meier, Ulrich Bomme und Wenjun Zhong mit Qualität, Einsatzmöglichkeiten, sinnvoller Analytik und Anbau von Chinesischen Heilpflanzen beschäftigten, statt. Zu dem Thema wie die ganzheitliche Zahnmedizin den TCM-Therapeuten unterstützen kann, fand ein Nachmittag mit Erich Wühr und Peter Bornhofen statt.

Die Diskussion zur Standortbestimmung des gegenseitigen Verständnisses moderierten Dagmar Hemm und Birgit Ziegler am China-Tag. Es wurden Wege zum inhaltlichen, kulturellen und menschlichen Brückenschlag diskutiert.

Zu den Autoimmunerkrankungen sprachen bekannte Dozenten wie Mazin Al-Khafji, Rani Ayal, Heiner Frühauf, William Maclean, Arnaud Versluys, Fan Yongshen und Karl Zippelius.

Die Spezialisten der 5-Elemente-Akupunktur: Friedlinde Adt-Bauckhage, Angela und John Hicks, Gaby Hock, Paul Hougham, Sigird Klain und Josef Müller, ließen die Teilnehmer durch ihre langjährige Erfahrung und praktisch orientierte Kurse tiefer in diese Lehre einsteigen und vermittelten das Wissen so, dass es von den Teilnehmern sofort in die Praxis umgesetzt werden kann.

Das Angebot der Kurse, die zu den verschiedensten Themen stattfanden, war breitgefächerter denn je. Unter anderem sprachen z.B. McCarthy (The nature of the energetics of the therapeutic interface-improving clinical outcomes), Dominique Hertzer (Ist der Chinesische Geist noch zu retten), Liu Lihong (Zur Schlüsselrolle der Emotionen in der Chinesischen Medizin), Arya Nielson (Chronicity and jing), Jeffrey Yuen (Manifestation von Shen – dem Geist in der Chinesischen Medizin und den/die Heiler/in in sich selbst kultivieren), Yair Maimon (Shen und jing, fire and water – The essence of life and ist meaning in acupuncture), Hamid Montakab (Psycho-emotional disturbance and the luo-connecting channels), Ru Xie-Ritzer (Das Shen bewegen – Nadeltechnik und Akupunkturbehandlung) und Elisa Rossi (Strategies of diagnosis and therapy of psycho-emotional disorders) zu dem Thema: „Der Wandel des Jingshen in der Chinesischen Medizin.“ René van Osten gab einen Kurs zu dem Thema: Die Muster des Lebens im Strichcode des Yijing.

Kurse, um in die Diagnostik tiefer einzusteigen, konnte man bei erfahrenen Dozenten wie Barbara Kirschbaum, Sybill Huessen, Scott Tower, Lilian Bridges und Rani Ayal besuchen.

Workshops zur japanischen Akupunktur fanden mit Stephan Birch, Gerald Kölblinger, Anglika Volmer und Hiroshi Yanashita, und zur chinesischen Akupunktur mit Astrid Kratz, Paul Hougham, Feng Ningham, Josef Weber-Bluhm, Renate Schröter, Gabriel Stux und Rhada Thambirajah statt. Über die Arzneimitteltherapie referierten Arnaud Versluys, Heiner Frühauf, William Maclean, Mazin Al-Khafaji, Jeremy Ross und Liu Lihong und zur Ohrakupunktur gab es Fortbildungen mit Michael Noack.

Das Angebot der Tuina-Kurse war in diesem Jahr erweitert. Gordon Faulkner, Anette Jonas, Arya Nielsen, Christine Tetling, Wu Zulian und Heike Wiedemann und Jürgen Schroll boten umfangreiche Möglichkeiten sich im Tuina weiterzubilden und zu üben.

Jeden Morgen und Abend konnten die Teilnehmer auf der Wiese vor dem Wildbad verschiedene Qigong- und Taiji-Stile mit Gordon Faulkner und Lucas Wilkmann kennenlernen und praktizieren, und Li Jiacheng und Livia Kohn boten Qigong-Workshops an. Außerdem gab es die Möglichkeit jeden Morgen und jeden Abend zur Stille zu kommen mit einer Zen-Meditation, die Beatrice Steiff anleitete.

Anliegen der Thementage „Transmission/Rezeption“ war es, Klarheit zu verschaffen über Begrifflichkeiten (s.u.).

In diesem Jahr beschäftigten sich zur „Rezeption der chinesischen Heilkunde“ Andreas Noll mit der Vorstellung über das Echte und Wichtige in Ost und West, Martina Darga und Livia Kohn mit der Alchemie im chinesischen Mittelalter und der Alchemie für Frauen.

Besondere Treffen fanden zu den Fachbereichen Kräuterheilkunde, Diätetik, Geburtshilfe und Tuina statt, neben vielen weiteren Foren zu Erfahrungsaustausch, Diskussion und Information.

„Unser Kongress ist damit zweifellos eine der wichtigsten Plattformen weltweit für die TCM-Weiterbildung sowie für den fachlichen Austausch von Forschungsergebnissen und Praxiserfahrungen,“ so Gerd Ohmstede.

Der nächste TCM Kongress Rothenburg findet vom 11.–16.5.2010 statt.

Doris Schultze-Naumburg


Bericht zum 40. TCM Kongress (chin. Delegation)

In diesem Jahr konnten mehrere hochrangige Vertreter aus China, dem Mutterland der von uns praktizierten Medizin, in Rothenburg begrüßt werden. Allen voran hießen wir die Vertreter unserer Partner-Universität aus Chengdu willkommen, als da waren Prof. Huang Qingxian, Prof. Duan Junguo, Herr Wu Yaohong und Prof. Wu Zuolian.

Mit der TCM-Universität Chengdu verbindet uns eine lange Tradition gegenseitiger Freundschaft, und da die AGTCM dort besonders gute Konditionen für unsere Studenten bekommt, ist es uns ein Anliegen, diese Verbindung weiter zu stärken und zu pflegen. Dieses Anliegen kam auch von Seiten der TCM-Universität Chengdu zum Ausdruck, allein durch die Tatsache, dass drei Vertreter aus der Abteilung Auslandskontakte angereist waren. Die gegenseitige Wertschätzung zeigt sich auch in der Tatsache, dass man sich das Know-how der AGTCM für Kongress-Organisation zunutze machen möchte. Die Universität von Chengdu plant für das Jahr 2010 einen internationalen Kongress und hat Gerd Ohmstede gebeten, ihnen mit seinem Wissen zur Seite zu stehen.

Prof. Wu Zuolian als Vertreter der therapeutischen Seite der Universität Chengdu hielt zwei Workshops über Tuina. Auf dem Gebiet der fachspezifischen Seminare besteht trotz der Bemühungen unsererseits noch Kommunikationsbedarf mit den dortigen Spezialisten, da von deren Seiten gewissermaßen die Kompetenz und der Kenntnisstand der westlichen Therapeuten unterschätzt werden.

Wie in allen zurück liegenden Kongress-Jahren fand auch in diesem Jahr wieder ein Interessenten-Treffen für China-Reisen statt. Außer den an einem Studienaufenthalt Interessierten waren auch Vertreter der Universitäten Chengdu und Hangzhou zugegen, so dass Informationen sozusagen aus erster Hand gegeben werden konnten. Die Studienreisen stoßen nach wie vor auf Interesse und dies wird in Zukunft auch noch weiter steigen, wenn von Seiten der Universitäten noch mehr auf die Bedürfnisse der westlichen Studenten eingegangen wird. Diese Tendenz ist zunehmend erkennbar.

Wie schon im vorigen Jahr konnten wir auch einen Vertreter der Zhejiang Chinese Medical University Hangzhou begrüßen, nämlich Herrn Huang Zaiwei, der für die dortige Universität die Auslandskontakte pflegt. Er eröffnete einige sehr interessante Studien-Möglichkeiten für ausländische Studenten. So werden zur Zeit die Voraussetzungen dafür diskutiert und geschaffen, ein Bachelor-Studium in englischer Sprache und nicht mit dauernder Anwesenheitspflicht zu absolvieren. Dies würde ebenso für das anschließende Master-Studium gelten. Hier besteht allerdings noch Diskussionsbedarf, insbesondere mit den Kooperationsschulen der AGTCM.

Ein weiterer Vertreter der therapeutischen Seite war Dr. Feng Ninghan, der die Neun-Palast-Methode in der Akupunktur vorstellte
(siehe dazu auch der Bericht seiner langjährigen Schülerin Ulla Althans in Naturheilpraxis 4/2009 - Daoistische Akupunktur nach Dr. Feng Ninghan).

Heiner Frühauf brachte Prof. Liu Lihong aus China mit, der über Emotionen und Ethik, beides wichtige Themen in der Chinesischen Medizin, sprach.

Speziell für unsere chinesischen Gäste veranstalteten wir am Mittwoch, den 20. Mai 2009 am Nachmittag einen kleinen Empfang, anlässlich dessen wir noch einmal die Besonderheiten des Kongresses der AGTCM, der in diesem Jahr zum 40. Mal stattfand, erläuterten.

Bei allem Anspruch in Ausbildung und Praxis, bei aller Tiefe der Kenntnis, bei aller Differenziertheit des Verständnisses der Chinesischen Medizin ist die Gesprächsbereitschaft und gegenseitige Wertschätzung der unterschiedlichen Schulen, Standpunkte und Ansätze untereinander lebendig. Es ist das Forum, in dem TCM Therapeuten mit Geschichts-, Sprach- und Naturwissenschaftler/innen und in dem Erfahrene und Dozierende mit Anfängern und Anfängerinnen sprechen, voneinander lernen und voneinander inspiriert werden. Eine Stärke der Chinesischen Medizin ist ihre Vielfalt, und diese finden wir in den Rothenburg-Tagen wieder.

Dies unterscheidet uns sehr von anderen Kongressen, insbesondere auch in China und sicherlich ist es für Chinesen, die einen durch Kultur und Traditionen bedingten anderen Umgang miteinander pflegen, nicht so leicht, dieses zwanglose und doch sehr inspirierende Miteinander zu erleben.
Birgit Ziegler


Rezeption und Transmission – „Buddhismus und Heilkunde – der lange Weg von Theravada/Hinayana bis Zen“
Andreas Noll

China Tag
Dagmar Hemm

Die Energiequelle und die Qualität des „Qi“ im Kochtopf
Helmut Magel

Teilnehmer zu verschiedenen Seminaren in Rothenburg:

Roland Döring über Josef Müller: Das gesamte Spektrum des Leitbahnsystems ausschöpfen
Sabine Goldmann über Li Jiacheng: Dantian Qigong
Roswitha Hauke über John Hicks: Emotion Testing and the Constitutional Imbalance
Prof. Wu Zuolian: Behandlungsformen beim Tuina für weit Fortgeschrittene
Cynthia Roosen über Dr. Feng Ning Han: Ren Du Liu Zu-Methode (Akupunktur von Renmai und Dumai)
Dr. Feng Ning Han: Das Neun Palast Modell in der Akupunktur
Gordon Faulkner: Nabeldiagnose und Tuinabehandlung
Gabriele Schennen über Elisa Rossi: Strategies of Diagnosis anf Therapy of Psycho-Emotional Disorders
Jürgen Schroll über Arya Nielsen: Gua Sha, a Traditional Technique for Modern Integrative Practice
Doris Schultze-Naumburg über Gaby Hock: „The doctor is the medicine“
Wu Wei – Is it essential in todays TCM practise

Fortsetzung



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Naturheilpraxis 08/2009