Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.

40. TCM Kongress Rothenburg vom 20. bis 24. Mai 2009

Forts. aus NHP 08/09

Silja Thiemann über Jeffrey C. Yuen Kultivierung unserer Berufung als Heiler

Auf dem 40. TCM Kongress in Rothenburg im Mai 2009 hielt Jeffrey C. Yuen, New York, einen Vortrag über den Umgang mit unserer Berufung als Heilkundige sowie die Bedeutung von Gesundheit und Krankheit.
Immer wieder schlossen sich in den Rothenburger Vorträgen die Kreise, sobald der Begriff der geistigen Welten, Shen, thematisiert wurde. Die Kernaussagen hallten mehrfach in mehreren Vorträgen von verschiedenen Dozenten wider, sei es bei Josef Weber-Bluhms (D) Weg zum Herzen über die Lebensachse; sei es Liu Lihongs (CN) Auseinandersetzung mit der Schlüsselrolle der Emotionen mit (Spontan-)Heilung; sei es Elisa Rossi (IT) über psychische Erkrankungen im Kontext der geistigen Welten, Shen; oder Heiner Frühaufs (USA) Symbolanalyse zu den Tiefenaspekten der Aku-Punkt-Funktionen. Nicht zuletzt finden sich immer wieder Parallelen und Ergänzungen zum zweiten Vortrag von Jeffrey C. Yuen mit dem Thema „Manifestationen des Shen“.

Auch wenn der daoistische Priester und weltweit bekannte Dozent für Chinesische Medizin sein Thema vor dem daoistischem Hintergrund der chinesischen Medizin darstellte, sind seine Aussagen und Aufforderungen für alle Therapeuten unabhängig der Fachrichtung von großer Relevanz. Dieser Artikel will die Aufforderung an uns alle, die wir therapeutisch tätig sind, zur Erinnerung festhalten. Es ist die Aufforderung von Jeffrey C. Yuen, uns immer wieder mit uns und unserer Rolle als Behandler auseinander zu setzen im Kontext von Gesundheit und Krankheit, in der Beziehung zwischen Patient zu Therapeut.
„Der Therapeut sollte die Pfade des Himmels und der Erde gut kennen, die Bewegungen des menschlichen Geistes verstehen und die Tiefe der Natur erkannt haben. Dann wird er das Dao begreifen.“
(SuWen, Kap. 75)

Einführung in den Begriff der „Kultivierung unserer Berufung als Heiler“

Der Begriff der Kultivierung unseres Selbst fordert an sich nicht nur Therapeuten, sondern Jeden auf, an sich zu arbeiten, sich weiter zu entwickeln. Unterschiedlich ist jedoch das Niveau, auf dem die Entwicklung gefordert wird. Grundbedingung ist Disziplin, verbunden mit Zeit und Muse zur Achtsamkeit unseres Selbstverständnisses. Die Anleitung zur Kultivierung kann nicht einfach so vermittelt werden, sondern die Unterweisung ist eher eine Aufforderung zur Bewertung und Plausibilitätsprüfung, bzw. Beobachtungen zur „Selbst-Hilfe“.
Die Grundlage aller Aspekte menschlichen Bemühens ist eine strotzende Gesundheit. Aus der Gesundheit heraus eröffnen sich uns alle Möglichkeiten und Aktivitäten des Lebens.
Die Berufung als Heiler ist eine Gnade für sich und andere. Es ist die Chance durch Krankheit zu lernen, und die Bedeutung zu erfahren, die hinter der Krankheit verborgen ist.

Paradigmen der Heilung
I.Was begründet Heilung und bedeutet Heilmethodik?
II:Konstruktion des Mythos Krankheit
III:Die Rolle des Heilers
Die Bedeutung von Krankheit
I.Krankheit ist Teil des Lebens.
II:Symptome und Muster
III:Das Konzept der Veränderung
IV:Die Wichtigkeit der Zeit
V.Einfluss von Gesellschaft und Kultur
Spiritualität und Heilung
I.Auffinden des inneren Altars für das Göttliche
II.Das Leben ehren

Kultivierungstechniken für Heiler
I.Aufmerksame Diagnostik
II.Bereitschaft des Zuhörens
III.Sich mit dem Sterben vertraut machen
IV.Wunder anerkennen
V.Demut pflegen
Ode an das Herz

Wir sollten uns nach Innen kehren, auf unser Herz hören. Das Selbst ist ein Gefäß für die geistigen Welten Shen, für die Unendlichkeit an Möglichkeiten. In 9 Schritten (Punkte der Herz-Leitbahn) der inneren Alchimie können wir so unser Herz erlösen. Alchemie ist das Bemühen, die Lebensumstände zu verändern, die eigene Natur wieder zu entdecken, wenn in entscheidenden Herausforderungen die Grenze meiner eigenen Belastbarkeit erreicht ist. Die Themen des Herzens, auch als Paläste (Gong) des Herzens bezeichnet, symbolisieren gleichzeitig auch die neun Schmerzen des Herzens, wenn sie noch nicht überwunden sind. Daher hat auch der Beschützer des Herzens genau neun Punkte als Lebensthemen, an denen wir wachsen können. Dies formulierte Jeffrey C. Yuen zum Ende sehr bewegend als Ode an das Herz:

1 Pathologie beinhaltet im Allgemeinen den Kampf/Widerstand zwischen Gastgeber (Zhu) und Gast (Ke), im Sinne des Immunsystems, das mit einem pathogenen Faktor ringt. Hierbei besteht ein dauerhaftes Bedürfnis nach Balance (d.h. Homöostase), incl. der Kontrolle von potentiellen Pathogenen (Gästen), die eindringen und den Gastgeber stören.
Ätiologie muss dabei nicht materielle Substanz sein, denn Qi ist gleichzeitig Form und Funktion (analog Licht mit seiner Welle-Teilchen-Dualität). J. Yuen betont, dass wir nicht die physische Welt als die alleinige Quelle unserer Realität annehmen sollen.

2 Behandlung erfolgt meist durch Hilfsmittel, weniger durch das Selbst. Jeffrey C. Yuen betont an dieser Stelle allerdings, dass unabhängig von der Art des Heilmittels, dieses immer individualisiert an den Patienten gegeben werden sollte!



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Naturheilpraxis 09/2009