g) Diarrhoen bei HIV-Infektion:
Diarrhoen treten bei AIDS-Kranken relativ häufig auf. Meist handelt es sich um Infektionen mit bakteriellen Erregern, Protozoen oder Viren (z.B. Herpes simplex), die relativ leicht nachweisbar sind. Ein Beispiel ist das Mycobacterium avium intercellulare (MAI), das in Körperflüssigkeiten und im Stuhl angezüchtet werden kann, ohne daß zwingend Krankheitssymptome auftreten. Diese zeigen sich erst bei einer systemischen Ausbreitung, in Form von Fieber, Anämie, wäßrig-schleimigen Diarrhoen, abdominellen Schmerzen und Gewichtsabnahme.

In selteneren Fällen sind die Infektionen auf Mikrosporidien zurückzuführen, deren Nachweis auch nur mit speziellen Techniken durchzuführen ist.

Bei Patienten mit weit fortgeschrittener Krankheit beobachtet man häufig das Auftreten von Zytomegalievirus bedingten Enterokolitiden.

2. Akute Diarrhoen mit Blutbeimengung im Stuhl
a) Akutes Dysenterie-Syndrom:
Diese Durchfallerkrankung, die mit Fieber und schleimigen, blutigen Diarrhoen einhergeht, kann durch die verschiedensten mikrobiellen Erreger ausgelöst werden und vor allem für ältere oder sehr junge Patienten äußerst gefährlich verlaufen.

Am bekanntesten sind wohl die Salmonellen, stäbchenförmige Enterobakterien (Bakterien, die vor allem im menschlichen und tierischen Darmtrakt vorkommen). Träger können neben dem Menschen fast alle Haustiere sein.

Manche Salmonellenarten sind imstande beim Menschen auch allgemeine Infektionen hervorzurufen, der Großteil jedoch befällt den Dünndarm.

Da für das Zustandekommen von Gastroenteritiden große Bakterienmengen notwendig sind, wird die Krankheit fast ausschließlich durch die Nahrung übertragen.

Anlaß zu Salmonelloseausbrüchen geben vor allem Speisen, die in ungekochtem oder nicht frisch erhitztem Zustand genossen werden, wobei es sich meist um Fleisch- oder Milchprodukte handelt. Dabei können die Speisen entweder primär infiziert sein, weil das Tier selbst eine Salmonellose durchgemacht hatte, oder - und das ist bei weitem öfter der Fall - die Nahrungsmittel wurden sekundär, zum Beispiel durch tierische oder menschliche Exkremente, kontaminiert.

Die Enterokolitis tritt etwa 8 - 48 Stunden nach Aufnahme ein. Neben häufigen wäßrigen Stühlen, Erbrechen und hohem Fieber, findet sich eine ausgeprägte Spannung der Bauchdecke. Sind zusätzlich Teile des Dickdarms befallen, zeigen sich Blut und Eiter im Stuhl. Weitere Krankheitszeichen sind eine deutliche Leukozytose und, wegen des massiven Flüssigkeitsverlustes, ein Anstieg von Harnstoff Stickstoff und Kreatinin im Serum.

Meist sistiert die Erkrankung nach drei bis fünf Tagen. Ähnlich der Salmonellenvergiftung gestaltet sich das Krankheitsbild der Yersiniose. Die Erreger Yersinia enterocolitica werden ebenfalls mit kontaminierter Nahrung aufgenommen, wobei Kinder und Jugendliche zu den Hauptbetroffenen zählen. Sie erkranken mit Fieber und akuten blutigen Diarrhoen, die sich über mehrere Wochen hinziehen können. Oft zeigen sich auch extraintestinale Begleiterscheinungen wie Erythema nodosum, Arthritis und Ulzerationen, gelegentlich kann es sogar zu Darmperforationen, Peritonitis und Sepsis kommen.

Eine Infektion mit Campylobacter fetus kann ebenfalls zu einer akuten Dysenterie führen. Dieser Erreger ist im Tierreich weit verbreitet und dort, vor allem bei Schafen und Rindern, eine der Hauptursachen für Aborte.

Nach einer Inkubationszeit von etwa zwei bis sechs Tagen treten Übelkeit, Kopfschmerzen, Fieber, krampfartige Bauchschmerzen und heftige Diarrhoen auf; was häufig zu der Fehldiagnose eines akuten Abdomens verleitet.

Die Krankheit dauert in der Regel zwei bis zehn Tage und heilt dann meist spontan ab. Es können allerdings Komplikationen wie intestinale Blutungen, reaktive Arthritis, Gehirnhautentzündungen und Harnwegsinfekte hinzukommen.

Andere Erreger verursachen die sogenannte Shigellenruhr. Die Shigellen, auch Ruhr- oder Dysenteriebakterien genannt, besitzen keine Geißeln, sind für den Menschen pathogen und finden sich ausschließlich im Darmtrakt.
(Abbildung 6)


Abb. 6: Shigellose. Segmentkernige und mononukleäre Leukozyten im Stuhl eines Patienten.


Der genaue Entstehungsmechanismus einer Shigellose ist noch nicht eindeutig geklärt, sicher ist aber, daß die Infektion peroral erfolgt. Die Shigellen bilden Enterotoxine, die die Darmschleimhaut schädigen und dort geschwürige Veränderungen hervorrufen. Im Gegensatz zu den Salmonellen genügen bei Shigellosen bereits kleine Infektionsdosen zur Auslösung der Erkrankung, die sich vorwiegend im Dickdarm abspielt und somit zu einer akuten Kolitis führt.

Die Krankheit beginnt akut nach circa zwei bis drei Tagen mit Übelkeit, Bauchschmerzen und heftigen Koliken. Die Patienten entwickeln hohes Fieber und klagen über Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen. Pro Tag werden bis zu 50 Stühle abgesetzt; in den ersten beiden Tagen überwiegen die wäßrig-schleimigen Reiswasserstühle, die im weiteren Verlauf blutige Anteile und eine hohe Anzahl von Leukozyten aufweisen. Ein ähnliches Krankheitsbild zeigt sich übrigens bei einer Infektion mit E. coli.