Phytotherapie

Leonhard Fuchs

Humanist der ersten Stunde und „Vater der Botanik“

Bernd Hertling

Leonhard Fuchs (vermtl. Januar 1501 – 10.5.1566) wird gerne auch als einer der drei „Väter der Botanik“ – neben Otto Brunfels und Hieronymus Bock – bezeichnet und führt diesen Titel mit dem größten Recht. Anders als Bock, der sich graeco-latinisierend Tragus nannte, blieb Fuchs seinem ursprünglichen Namen treu und legte sich keinen Humanistennamen zu.


Der Geist des Humanismus zu Beginn der Renaissance

Mit der Wende vom fünfzehnten zum sechzehnten Jahrhundert beginnt eine Epoche des Umbruchs, die die Welt des Mittelalters erschütterte und das bis dahin gültige, im Schematismus erstarrte ptolemäische Weltbild zertrümmerte. Das spanische Jahr 1492 brachte für die spanische Krone neben der ungewollten Entdeckung der Neuen Welt und der Eroberung der letzten Festung, Granada, die Vernichtung der Maurenherrschaft des Kalifats von Cordoba mit sich. War es Zufall, dass im selben Jahr auf Innozenz VIII aus dem Hause Cibo zum ersten Mal in Rom ein Nichtitaliener, ein Spanier eben, der später mehr berüchtigte als berühmte Rodrigo Borgia als Alexander VI auf den Thron Petri gelangte? Erweiterten die Neuentdeckungen im wahrsten Wortsinne den Horizont des alten Europa, so führte die Reconquista zu einer nicht unerheblichen Verschiebung der politischen Gewichte, und Spanien löste Frankreich als dominante katholische Macht ab. Doch die Rückeroberung ebnete den Weg für eine enge Verquickung von Altar und Thron in Spanien, was dazu führte, dass nicht nur die Mauren, sondern bald darauf auch die ihnen in mancher Hinsicht geistig nahestehenden Juden das Land verlassen mussten. Und so kann man sagen, dass am Beginn der Neuen Zeit sich geistige Neuorientierung und religiös bedingte Enge die Hand reichten, eine Melange, die erheblichen Zündstoff in sich trug. Denn der Geist des Humanismus, der ausgehend von Italien das Reich überzog, war nicht mehr aufzuhalten. Man besann sich auf die Kultur und das Wissen des antiken Hellas zurück und war geneigt, die Natur als die Quelle von Gesundheit und Krankheit anzuerkennen, die also weder göttliche Strafe oder Auszeichnung sein konnten. Man ging so weit, die Anwesenheit einer Transzendenz hinter dem Gesehenen abzulehnen, nicht hinter den Phainomena (wrtl.: die Aufscheinenden) nach letzten Dingen und Ursachen zu suchen, sondern die Dinge, wie sie sich zeigen, buchstäblich zu nehmen. Aus diesem Grund wurde nun auch die Philologie, das Erlernen der alten Sprachen, nicht nur Latein und Griechisch, auch der anderen Sprachen des Altertums wie Aramäisch, Assyrisch oder Hebräisch zu einer grundlegenden Form des Erkenntnisgewinns. Man begann, sich (wieder) mit den Geschöpfen auseinanderzusetzen und suchte nicht mehr vorrangig nach dem Willen des Schöpfers, der sich in seiner Schöpfung und seinen Geschöpfen eventuell verbarg. Ebenfalls neu war der Gedanke von der Freiheit der Forschung und des Wissensdranges. Diese Freiheit meinte nicht nur religiöse Fesseln, sondern auch das – die ganze Epoche des Mittelalters dominierende – Zweckdenken. Das Fragen nach einem Warum wurde interessanter als das nach dem Wozu – leider auch heute nicht mehr so selbstverständlich wie etwa noch vor fünfzig Jahren! Und nicht zuletzt auch dank Leonhard Fuchs konnte sich damals die Botanik, Linné sollte sie später scientia amabilis – die liebliche Wissenschaft – nennen, aus dem Griff der zweckorientierten Medizin befreien. So wurden erste botanische Gärten eingerichtet, die sich nicht allein am Nutzen orientierten. Doch gemäß dem Sophokleswort, dass vieles Gewaltige lebt, doch nichts Gewaltigeres als der Mensch, wurde auch sofort der Weg der Anmaßung des Geistes beschritten: In seiner entfesselten Hybris wähnt sich der Mensch der ent-gotteten Natur überlegen und beginnt, eigenmächtig „kreativ“ zu werden, indem er neue Pflanzenarten züchtet. Der Mensch sieht sich als eigenständiges Wesen der Kultur, das nicht mehr Teil hat an der Natur, der gegenüber er sich als überlegen erweist, und die Welt nach seinem Gutdünken gestalten und verändern kann.

Das Genie Leonardo da Vincis sah voraus, dass sich der Mensch die Erde soweit untertan machen würde, dass er selbst vor der Abrodung der großen Wälder nicht zurückschrecken und sich dadurch sein eigenes Grab schaufeln würde. Er selbst war sich übrigens nicht zu schade, im Auftrag der Signoria von Florenz ein wahnwitziges Unternehmen in Angriff zu nehmen, das den Arno an Pisa vorbeileiten sollte, um der verhassten Hafenstadt die Handelswege ins Innere Italiens abzugraben.

Die Kirche, die sich von dieser neuen Freiheit zurecht bedroht fühlte, nahm die Herausforderung an und setzte zunehmend auf Machtpolitik.

Die Lehrjahre Leonhard Fuchs

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Peterspfennig und Reformation

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Leonhard Fuchs als Gelehrter

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Das New Kreuyterbuch

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Literatur:
Dressenhofer, Werner: Die Väter der Botanik, in: Blüten, Kräuter und Essenzen, Heilkunst alter Kräuterbücher, Darmstadt (wbg), 2003;
Dobat, Klaus: Leonhard Fuchs, Physician and Pioneer of Modern Botany, in: Leonhard Fuchs: The New Herbal of 1543, Faksimileausgabe, Taschen Verlag, Köln 2001.
Radziewsky, Elke von: Die Sache mit dem grünen Daumen, eine Zeitreise durch die Geschichte der Botanik, Reinbeck, 2003.
Historischer Hintergrund:
Gregorovius, Ferdinand: Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter, Bd.III/2, (=Buch XIV), München, (dtv.), 1989.
Schilling, Heinz, Martin Luther, München, 2013.

Anschrift des Verfassers:
Bernd Hertling
Heilpraktiker
Nettelkofener Straße 1
85567 Grafing

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Naturheilpraxis 2/2013