Blätter für klassische Homöopathie

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Klassische Homöopathie

Darf es auch ein Tröpfchen mehr sein? - Dosierung: Eine Entscheidung unter Unsicherheit

von Henning Marx

Zusammenfassung:

Die Bildung eines vereinfachenden Entscheidungsmodells hinsichtlich der Dosierung bei Q-Potenzen zeigt, dass die therapeutisch relevanten Entscheidungsfindungen durch eine Systematisierung verbessert werden und auf diese Weise Unsicherheit reduziert werden kann. Die Kasuistiken belegen, wie einfach der Umgang mit einer zu hohen Dosierung im Behandlungsverlauf bei rationaler Betrachtung sein kann. Abschließend werden die Entscheidungsschritte bis zur Festlegung der konkreten Arzneimittelmenge aufgrund ihrer inhärent logischen Relationen systematisch dargestellt.

Intention

Dieser Artikel möchte dazu beitragen insbesondere bei noch jungen Homöopathen das Bewusstsein dafür zu wecken, Probleme, die während einer homöopathischen Behandlung auftreten können und werden, strukturiert und sachlich zu betrachten. Ein strukturiertes Vorgehen zeigt dabei unmittelbar die Handlungsoptionen auf und vermittelt auf diese Weise ein Gefühl der Sicherheit, das dem Anfänger mangels Erfahrungen in der Regel zu Beginn seiner Zeit als homöopathischer Therapeut noch fehlt. Der Artikel bezieht sich dabei auf die Dosierung und kann beispielhaft zudem für andere Situationen betrachtet werden, die dem Behandler im Laufe einer Therapie Schwierigkeiten bereiten. Stets darf und sollte entsprechend Hahnemanns Vorgaben nur nach deutlich einzusehenden Gründen gehandelt werden.

In Kasuistik 2 soll eine durch Zufall entstandene Form der Dosierung in ihrer Wirkung zur Diskussion gestellt werden und wendet sich daher auch speziell an langjährig praktizierende Homöopathen.

Schlüsselwörter

Dosologie, Q-Potenzen, § 247 Organon, unverschüttelte Einnahme, Cephalgie, Tinnitus

Inhaltsstruktur

Teil A: Einführung
Teil B: Kasuistik 1
Teil C: Kasuistik 2
Teil D: Drei Entscheidungsschritte zur Dosierung
Teil A: Einführung

Einleitung

Kinder haben es bei konsistentem Verhalten der Eltern meistens leicht, sich in dieser Welt zu Recht zu finden. In der Regel ist klar, was als richtig und was als falsch zu betrachten ist. Finger auf die Herdplatte ist eindeutig falsch und hat somit zu unterbleiben. Anders sieht es aus, wenn die Heranwachsenden mehr Spielräume erhalten. Der Preis dieser Freiheit ist mit einer mehr oder weniger starken Unsicherheit verbunden.

Diese Unsicherheit bekommen auch diejenigen zu spüren, die sich der klassischen Homöopathie widmen, wenn es darum geht, in welcher Dosierung das ausgearbeitete Arzneimittel verordnet werden soll. Die Antworten auf Fragen, die an erfahrene Kollegen oder Ausbilder gerichtet werden, spiegeln eine enorme Bandbreite an Möglichkeiten und Erfahrungen wider. Auf der einen Seite gibt es Therapeuten, die, bis auf Ausnahmen, sehr zurückhaltend dosieren, wohingegen die andere Seite sehr großzügig einnehmen lässt. Beide Seiten haben erwiesenermaßen Erfolg mit ihrer Vorgehensweise, so dass eine ausführliche Antwort der Möglichkeiten höchstens zu der erneut gestellten Frage führt: „Gut. Und wie soll ich jetzt am besten dosieren?“ Das Vermittelte wird in den meisten Fällen als unbefriedigend aufgenommen, weil es offenbar mehr als eine „richtige“ Möglichkeit gibt.

Unbefriedigend deshalb, weil der Fragende den Fokus zu sehr auf sich und sein Bedürfnis nach Sicherheit legt. Es hat selbstverständlich sein Gutes, wenn ein junger Behandler auf jeden Fall alles richtig machen möchte und bemüht ist, unnötige Fehler zu vermeiden. Insbesondere, wenn bedacht wird, dass Hahnemann eine sanfte und unnachteilige Heilung gefordert hat, muss der Frage der Dosierung verantwortungsvoll begegnet werden, zumal auch eine überhöhte Gabe potenzierter Arzneien in der homöopathischen Therapie für den Patienten unerfreuliche, weil beschwerliche Auswirkungen zeigen kann. Wird der Gedanke der Homöopathie und des Individualisierens letztlich aber zu Ende gedacht, dann leuchtet unmittelbar ein, dass nicht jeder Patient die gleiche Dosierung erhalten kann. Ebenso wie es zwingend erforderlich ist, dasjenige zur Arzneimittelwahl im Befinden des Patienten heran zu ziehen, das diesen in seiner individuellen Art des Krankseins kennzeichnet, ist es für einen guten Heilungsverlauf unabdingbar, die Dosierung an die individuelle Rezeptivität des Patienten anzupassen. Das Bedürfnis nach Sicherheit in Form einer allgemein gültigen Dosierungsanleitung muss folglich hinter eine individualisierende Behandlung zurücktreten.

Ein fatalistisch eingestellter Mensch könnte nun auf den Gedanken verfallen, nach Belieben zu verfahren, da im Vorhinein ohnehin nicht mit Sicherheit geklärt werden kann, welcher Grad an Rezeptivität bei jedem einzelnen Patienten vorliegt. Letztlich gilt aber auch an dieser Stelle, was Hahnemann immer wieder in aller Konsequenz gefordert hat, dass Handlungen des Therapeuten nur nach deutlich einzusehenden Gründen erfolgen dürfen 1. Hierfür ist es hilfreich, die mit Unsicherheit behaftete Entscheidungssituation näher zu analysieren.

Entscheidungsmodell
Handlungsoptionen
Beurteilung
Rezeptivität des Patienten auf andere Reize
Gabe einer Testdosis
Vorgehen bei kräftiger Dosierung6
Ergebnis
Teil B: Kasuistik 1
Abschließende Betrachtung

Bezugspunkt der Organon-Paragraphen ist:
Hahnemann, S., Organon der Heilkunst, testkritische Ausgabe der 6. Auflage, Neuausgabe 1999, Hrsg. J. F. Schmidt. Heidelberg: Haug 1999.

Wird fortgesetzt mit: Teil C: Kasuistik 2

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Henning Marx
Am Kurpark 24
82467 Garmisch-Partenkirchen

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Naturheilpraxis 11/2009