Blätter für klassische Homöopathie

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Klassische Homöopathie

Homöopathie und Tapen mit elastischen Zügeln

von Marion Repschläger-Albert

Zusammenfassung

In einer chronischen homöopathischen Therapie können bei akuten Beschwerden am Bewegungsapparat das Tapen mit elastischen Zügeln sowie physiotherapeutische Maßnahmen begleitend und sehr effektiv eingesetzt werden. Dadurch kann die chronische Therapie fortgeführt werden, ohne dass sie durch die Gabe eines homöopathischen Akutmittels unterbrochen werden muss.


Schlüsselwörter
Chronische homöopathische Therapie; akute Beschwerden in Gelenken, Muskeln und Sehnen; Tapen mit elastischen Zügeln; Physiotherapie

Summary
In a chronic homeopathic treatment elastic tapes and physiotherapy can be used very effective to reduce acute pain in joints, muscles and tendons. By adding these therapies the chronic treatment can be continued without any interruption by a homeopathic remedy for the acute pain.

Key words
Chronic homeopathic treatment; acute pain in joints, muscles and tendons; taping with elastic tapes; physiotherapy

Am 24.04.07 rief mich die mir unbekannte Frau S. an: Sie habe seit nunmehr drei Wochen eine Sinusitis nach ca. 2,5-stündiger Exposition in eisigkaltem Wind und sei seitdem „extrem kälteempfindlich“. Dieses Mal habe ihr die Homöopathie nicht geholfen. Die Nachfrage ergab, dass sie auf Verordnung ihrer Therapeutin seit drei Wochen im täglichen Wechsel je 5 Gl. Bryonia C30 und 5 Gl. Phosphorus C30 einnahm und drei Injektionen mit einem Komplexhomöopatikum erhalten hatte. Überhaupt sei sie diesen Winter sehr anfällig und habe schon zwei Infektionen gehabt. Außerdem bekomme sie seit 1,5 Jahren eine Konstitutionstherapie: Lachesis, Magnesium phosphoricum und Silicea seien bisher in aufsteigenden LM-Potenzen und in der C200 verabreicht worden. Diese Therapie sei „z.T. sehr hart“ gewesen, da sie sehr rezeptiv sei. Es sei zur Besserung der Mensesschmerzen und teilweise ihrer Ängste/Panik gekommen, doch nun wisse ihre Therapeutin nicht recht weiter und habe ihr zu einem Behandlerwechsel geraten; auch deshalb rufe sie an. Sie wolle aber weiterhin in Kontakt mit ihrer Therapeutin bleiben.

Ich wies die Patientin darauf hin, dass sie zurzeit vermutlich eine unbeabsichtigte Arzneimittelprüfung durchmache und daher ihre Erkältung nicht loswerde. Im Falle eines Wechsels sei es allerdings sinnvoll, die homöopathische Therapie ausschließlich in die Hände einer Therapeutin zu legen, damit eine klare Linie verfolgt werden könne. Nachdem sich die Patientin für den Wechsel zu mir entschieden hatte, verordnete ich ihr sofort eine vierwöchige Einnahmepause jeglicher Homöopathika und empfahl ihr stattdessen Salbei-, Thymian- und Spitzwegerichtee. Anschließend sollte sie häufig Kaffee trinken und ätherische Öle verwenden, um die zur Akutbehandlung eingesetzten Arzneimittel zu antidotieren.

1. Erstanamnese

Am 25.05.07 kam Frau S. zur Erstanamnese in meine Praxis. Die 36-jährige Patientin war 180 cm groß und wog 73,5 kg. Sie hatte meine Verordnungen befolgt, die Sinusitis sei innerhalb einer Woche abgeklungen. Die extreme Kälteempfindlichkeit sei nicht mehr vorhanden. Sie berichtete zunächst von einem Narkose-Allergie-Schock im Dezember 1994. Seitdem leide sie unter generalisierten Muskelschmerzen, in der Vergangenheit sogar unter lokalen und generalisierten Muskelkrämpfen, so dass einige Male der Notarzt gerufen werden musste. Außerdem sei es wiederholt zu Kollapsen, Bronchialkrämpfen und Atemnot gekommen. Diese Symptome hätten sich durch eine Kur und im Laufe der Jahre zwar wieder gelindert, seien aber immer noch vorhanden.

Hier folgen zunächst einige Angaben zu Frau S. Biografie:

Sie habe eine „sehr schöne Kindheit“ gehabt. Allerdings hätten die Eltern sich bemüht, unliebsame Erfahrungen von ihr fernzuhalten und sie daher auch mitunter „belogen“. Als sie dies mit dem Erwachsenwerden bemerkt habe, sei es zu heftigen Diskussionen gekommen und die Patientin mit 19 Jahren von zu Hause ausgezogen. Sie hätte fast 2 Jahre keinen Kontakt mehr zu ihren Eltern gehabt. Durch ihr Kind und die Eheproblematik fanden sie aber wieder zusammen. Die Ehe wurde vor wenigen Jahren geschieden, da ihr Ehemann zeitweise schizoide/paranoide Züge ohne Therapieeinsicht hatte. Es sei zu einem Mordversuch an ihr gekommen und es habe Lebensgefahr für den gemeinsamen Sohn bestanden. Mit Hilfe eines Arztes gelang die Flucht, und auf sehr intelligente Weise konnte Frau S. die Behörden über Jahre hinweg von der tatsächlichen Gefährlichkeit ihres Mannes überzeugen. Erst viele Wochen später ergänzte Frau S. ihre Biografie und berichtete von den letzten Monaten ihrer ersten Ehe (2000), in denen sie mit ihrem Sohn bei den „ebenfalls wahnsinnigen“ Schwiegereltern lebte. Diese hätten sich selbst völlig von der Außenwelt abgekapselt, da sie keine Krankheitseinsicht hätten. Frau S. sei zeitweise im Keller eingesperrt gewesen und habe bei Ungehorsam nichts zu essen bekommen. Sie habe außerdem Gespräche der Schwiegereltern belauscht, in denen diese Strategien entwickelten, wie sie sie in die Nervenklinik bringen oder sie umbringen könnten. Sie habe ca. 12 kg Gewicht verloren, Schwindelattacken, erhöhte Entzündungswerte und Hautausschläge gehabt, weshalb sie Cortison bekommen habe. Der Hausarzt habe sich diese Symptome nur auf der psychischen Ebene erklären können und Frau W. ins Krankenhaus eingewiesen, da er akute Lebensgefahr für sie sah.

Inzwischen ist Frau S. in zweiter Ehe glücklich verheiratet und hat mit ihrem zweiten Ehemann einen weiteren Sohn. Ihre Kinder sind nun acht und vier Jahre alt. Frau S. ist gelernte Fremdsprachensekretärin und hat vor einem Jahr ein Studium der Sozialpädagogik begonnen.

Persönlicher Eindruck:
Frau S. schaute mich klar und lebensfroh an. Sie wirkte freundlich und berichtete offen, ausführlich und auf eine gesund-distanzierte Weise über ihr Schicksal. Sie schien mir die organisatorisch schwierige Situation (zwei Kinder und Studium) recht gut zu meistern. Sie erfahre auch Unterstützung durch ihren Ehemann.

2. Gelenkter Bericht
3. Fallanalyse

Der Beitrag wird fortgesetzt mit 4. Fallverlauf

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Literatur zur Homöopathie:
Boger, Cyrus M.: Synoptic Key. Ruppichteroth: Similimum, 2002.
Hahnemann, Samuel: Die chronischen Krankheiten (CK). 1. Nachdruck der 2. Aufl. von 1835. Heidelberg: Haug, 1999.
Hahnemann, Samuel: Organon der Heilkunst. 6. Aufl. Heidelberg: Haug, 1999
Hering, Constantin: Kurzgefasste homöopathische Arzneimittellehre. 5. Nachdruck von 1889. Paderborn: Burgdorf, 1995.
Kent, James T.: Kents Arzneimittelbilder. 9. Aufl., 2. Nachdr., Heidelberg: Haug, 1996.
Kent, James T.: Kents Repertorium der homöopathischen Arzneimittel.14. überarbeitete Aufl. Heidelberg: Haug, 1998.
Mezger, Julius: Gesichtete homöopathische Arzneimittellehre, Bd. I und II., 11. Aufl. Heidelberg: Haug, 1999.
Miller, R. G. / Klunker, W.: Arzneibeziehungen. 12. Aufl. Heidelberg: Haug, 2003.
Nash, Eugene B.: Leitsymptome in der homöopathischen Therapie. Stuttgart: Haug, 2004.
Phatak, S. R.: Homöopathische Arzneimittellehre. 2. Aufl. München: Elsevier, 2004.
Simbürger, F.: ComRep Klassik 9.5 Repertorisationsprogramm.
Tyler, Margaret L.: Homöopathische Arzneimittelbilder. Göttingen: Burgdorf, 1993.
Vithoulkas, G.: Essenzen homöopathischer Arzneimittel. Höhr-Grenzhausen: Faust, 1998.

Anschrift der Verfasserin:
Marion Repschläger-Albert
Heilpraktikerin, Diplom-Sportlehrerin, Physiotherapeutin
Erwin-Renner-Str. 13
67482 Böbingen


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