Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.

Doppelmoral

In der Süddeutschen Zeitung las ich im Wissensteil über die so genannte Elektrokonvulsionstherapie (EKT), die bei schweren Depressionen angewandt wird, folgende Zeilen von EKT-Experte Ebmeier aus Edinburgh: „Wie soll man den Gegnern den Erfolg der EKT erklären…? Das kann man bislang nur in Ansätzen: Aber es liefe jeder medizinischen Praxis zuwider, eine Therapie zu kritisieren, nur weil man die genauen Wirkmechanismen nicht kennt.“ (SZ Nr. 44, 22.2.06, Seite 18)
Diesen Satz muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen.

Tatsache ist: „Wenn man Patienten zu Wort kommen lässt…ein Drittel der Behandelten klagt über schwere Gedächtnisverluste nach der Therapie, nur ein Drittel sieht Verbesserungen und ein weiteres Drittel ist unentschlossen“ (gleicher Artikel).

Ich will mich hier in keinster Weise zur EKT äußern, aber zu der Tatsache, dass es der medizinischen Praxis zuwider läuft, eine Therapie zu kritisieren deren Wirkmechanismus man nicht kennt.

Es ist faszinierend zu sehen mit welcher Doppelmoral hier gearbeitet wird.

Seit 20 Jahren wird der TCM vorgeworfen sie könne nicht als wissenschaftlich erwiesen angesehen werden, weil der Wirkmechanismus nicht geklärt ist. Und das, obwohl die TCM seit 5000 Jahren angewendet wird. Und das, obwohl wir z.B. durch die Gerac Studie wissen, dass Akupunktur eine doppelt so hohe Wirksamkeitsweise hat wie z.B. die konventionelle Behandlung.
Daraus ergeben sich in meinen Augen drei Konsequenzen:
Die so genannte Wissenschaftliche Medizin erfüllt ihre eigenen Voraussetzungen nicht immer selbst. Sie misst daher die TCM mit einer Doppelmoral.

Wenn Sie in Zukunft jemand fragt, ob die TCM denn erwiesen wäre und nicht eigentlich nur auf Placebo basiert, können Sie mit gutem Gewissen antworten: „Es läuft jeder medizinischen Praxis zuwider, eine Therapie zu kritisieren, nur weil man die genauen Wirkmechanismen nicht kennt.“

Hören wir auf uns darum zu kümmern was die so genannte Wissenschaftliche Medizin für überhöhte Ansprüche an uns stellt und beschäftigen uns mit den wirklich wichtigen Fragen, wie z.B.: Wie funktioniert die Akupunktur wirklich, warum funktionieren bestimmte Punkte besser als andere, wie können wir Wissen vermitteln, was muss ein TCM-Therapeut eigentlich wissen, damit er gefahrlos für den Patienten behandeln kann?

Ich denke es ist Zeit für uns aus dem Verteidigungswinkel heraus zu kommen und uns selbstbewusst in die Mitte des Ringes zu stellen und zu fragen: „Was habt Ihr eigentlich Äquivalentes anzubieten, das sich mit der Akupunktur, die mit ziemlich wenig Nebenwirkungen auskommt und wie die TCM die Möglichkeit hat, ein ganzheitliches Bild des Menschen zu erfassen und zu behandeln, messen kann?“

Nils von Below
1. Vorsitzender der AGTCM



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Naturheilpraxis 04/2006