Blätter für klassische Homöopathie

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Klassische Homöopathie

Autoimmunthyreoiditis, chronisch lymphozytäre oder Hashimoto Thyreoiditis

von Werner Dingler

Klinik, Schulmedizin und Homöopathie – gemeinsam in der Verantwortung und zum Wohle des Patienten
(Gewidmet meinem Lehrer Günter-Joachim Neumann zum 90. Geburtstag)

Fortsetzung aus NHP 08/2003

Fallanalyse:

Es handelt sich hier um einen chronischen Fall psorischen Ursprungs, welcher nicht nur keine Heilungstendenz, sondern eine deutliche Progredienz aufweist und selbst auf die bisherigen Therapieversuche kein zufriedenstellendes Therapieergebnis zeigt. Imponierend ist der Anstieg der TPO-AK von 995 auf 2929 IE/ml innerhalb eines Monats auf die – meiner Meinung nach – deutlich überdosierte Gabe von Jod. C 200 Ende Januar 1997. Hier zeigt sich erneut wieder die Richtigkeit der Warnung Hahnemanns vor zu großen Arzneigaben.

Wie in andern Fällen von Autoimmunerkrankungen finden sich auch bei dieser Patientin in der Vorgeschichte eine Neigung zu Allergien sowie starke psychische Belastungen, und es haben zahlreiche Infekte, die mit Antibiotika therapiert wurden, stattgefunden. Diese Trias finden wir bei genauer Recherche immer dann, wenn Patienten mit Autoimmunerkrankungen Hilfe bei uns suchen. Es scheint so, dass das Immunsystem, nach Unterdrückung der Entzündungen und der Anhäufung von Toxinen irritiert, die körpereigenen Gewebe und Organe angreift und zerstört.

Die Prognose im vorliegenden Fall ist auf Grund der Art der Erkrankung zunächst nicht sehr günstig. Wir tun gut daran, der Patientin keine übertriebenen Versprechungen in Bezug auf eine rasche und vollständige Heilung zu machen. Wir können ihr jedoch die Chance auf eine Linderung ihrer Beschwerden in Aussicht stellen und sollten ihr selbstverständlich nicht vor Beginn der Therapie alle Hoffnung nehmen. Die zunächst schlechte Prognose relativiert sich auch dadurch, dass die Patientin individualpathologische Symptome aufweist, womit sie uns in die Lage versetzt, ein geeignetes homöopathisches Arzneimittel für die Therapie ihrer Krankheit auszuwählen.

Günstig wirkt sich auch die Bereitschaft der Patientin, an der Therapie aktiv mitzuarbeiten, aus, d.h. den Verzicht auf Genussmittel wie Kaffee, das Einstellen der schwefelhaltigen Thermalbäder sowie für mehr körperliche Bewegung an frischer Luft und ausreichend Schlaf zu sorgen.

Dass die Therapie vermutlich nicht mit einem einzigen Medikament durchgeführt werden kann, sondern noch geeignete Folgemedikamente erfordert, verwundert den erfahrenen Therapeuten nicht, schreibt doch schon kein geringerer als der Begründer unserer Heilkunst im § 171 der 6. Aufl. des Organons:

„In den unvenerischen, folglich am gewöhnlichsten, aus Psora entstandenen, chronischen Krankheiten, bedarf man zur Heilung oft mehrerer, nach einander anzuwendender, antipsorischer Heilmittel, doch so, daß jedes folgende dem Befunde der, nach vollendeter Wirkung des vorgängigen Mittels übrig gebliebenen Symptomen-Gruppe gemäß, homöopathisch gewählt werde.“

Die in Frage kommenden Folgemedikamente zeigen sich bei entsprechender Fallanalyse und Repertorisation auch in diesem Fall, wie sie nachfolgend sehen.

(Repertorisation siehe Naturheilpraxis 09/2003)

Von den Hauptbeschwerden der Pat. ausgehend, die Causae berücksichtigend und über die sonderlichen sowie Gemütssymptome differenzierend, kommen zunächst Nat.-m, Sep. und Calc. als Heilmittel in die engere Wahl. Von diesen dreien entschied ich mich auf Grund der schon lange andauernden Kummersituation, von der die Patientin trotz Trennung vom Ehemann nicht loskommen konnte und die sie auch mit niemanden besprechen wollte sowie auf Grund der Homöopathizität und meiner Erfahrung, mit Nat-m. die Therapie zu beginnen und die andern beiden Medikamente Sep. und Calc. bei und nach Bedarf folgen zu lassen.

Verordnung am 10.4.1997:
Nat.-m. Q3 aufsteigend von einem bis 5 Tropfen, ebenfalls aufsteigend von 1/2 bis 1 Messlöffel jeden 2. Tag. Nach der 10. Dosis Wechsel auf Q4 in gleicher Dosis.

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Literaturangaben:
– Hahnemann, S.: Organon, 6. Aufl.
– Memorix spezial: Notfallmedizin (Edition Medizin)
– MSD Sharp & Dohme GmbH (Hrsg.): MSD-Manual der Diagnostik und Therapie, 5. Aufl.
– Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch, 258. Aufl.
– Schettler, G./Greten, H.: Innere Medizin, 9. Aufl.
– Thomas, L.: Labor und Diagnose, 5. Aufl.
– Internet-Recherchen
– Die Repertorisation erfolgte mit ComRep ML: Kent- und Complete-Repertorium (Dipl.-Ing. F. Simbürger, Eching).

Anschrift des Verfassers:
Werner Dingler
Schottenstr. 75
78462 Konstanz



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Naturheilpraxis 9/2003