Blätter für klassische Homöopathie

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Klassische Homöopathie

Autoimmunthyreoiditis, chronisch lymphozytäre oder Hashimoto Thyreoiditis

von Werner Dingler

Klinik, Schulmedizin und Homöopathie – gemeinsam in der Verantwortung und zum Wohle des Patienten
(Gewidmet meinem Lehrer Günter-Joachim Neumann zum 90. Geburtstag)

Teil 1: Krankheitsbild

Die Hashimoto Thyreoiditis wurde von Hakaru Hashimoto (1881-1934), der als Pathologe und Chirurg in Japan arbeitete, entdeckt. Diese Krankheit gehört zu den organspezifischen Autoimmunerkrankungen wie z.B. der Diabetes Typ I, die perniziöse Anämie, der Morbus Addison usw., bei der die Antikörper ausschließlich und irrtümlicherweise gegen die Gewebe eines Organes oder Organsystems vorgehen, also die Immunreaktion pathologisch abläuft. Im Fall der Hashimoto Thyreoiditis richtet sie sich gegen das Schilddrüsengewebe. Im Verlaufe der Erkrankung kommt es zur totalen Zerstörung der Schilddrüse mit bindegewebsartigem Umbau und in Folge dessen zu einer Hypothyreose. Allen Autoimmunerkrankungen gemeinsam ist die Zerstörung körpereigenen Gewebes mit entsprechenden Folgeerkrankungen.

Diese Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, welche sich als chronisch lymphozytäre Thyreoiditis mit Hypothyreose und Autoantikörpern gegen schilddrüsenspezifische Antigene (TPO-AK, Tg-AK) manifestiert, verläuft häufig über längere Zeit asymptomatisch. Bei meist schleichendem Verlauf zeigen sich in der Regel erst die uncharakteristischen Symptome einer Hypothyreose. Diese Erkrankung ist wahrscheinlich die häufigste Ursache der primären Hypothyreose.

Die Schilddrüse ist palpatorisch derb, manchmal von fein-nodulärer Konsistenz. Histopathologisch findet sich eine Infiltration des Organs mit Lymphozyten (v.a. T-, aber auch SD-spezifische Antikörper sezernierende B-Lymphozyten) und Plasmazellen sowie kleine, kolloidarme Follikel mit hypertrophierten Thyreozyten. Die Erkrankung tritt auch gemeinsam mit anderen Autoimmunerkrankungen auf (z.B. atrophische Gastritis mit perniziöser Anämie, thrombozytopenische Purpura, Addison-Krankheit, Diabetes Typ I etc.).

Es besteht eine familiäre Prädisposition. Frauen erkranken achtmal häufiger an dieser Autoimmunerkrankung als Männer. Das zeigt sich auch so in meiner Praxis, d.h. der Anteil der Frauen ist deutlich höher. Die Erkrankungshäufigkeit steigt mit zunehmendem Alter. Aufgefallen ist mir auch, dass die Erkrankung seit dem Reaktorunfall in Chernobyl deutlich zugenommen hat, wobei ich diese Aussage für alle SD-Erkrankungen (Hyperthyreose, SD-Ca. usw.) machen kann.

Durch die schulmedizinische Therapie der Hashimoto Thyreoiditis werden in erster Linie die Symptome bekämpft. Eine Therapie, die auf die Ursachen abzielt, steht zur Zeit nicht zur Verfügung.

Wenn die Erkrankung, wie meistens, in fortgeschrittenem Stadium diagnostiziert wird, ist die wichtigste Therapiemaßnahme die Beseitigung der Schilddrüsenunterfunktion durch den individuell angepassten Schilddrüsenhormonersatz, d.h. durch die Substitution der SD-Hormone, wobei die jeweilige Dosis der Restfunktion des noch funktionierenden SD-Gewebes angepasst werden muss und in der Regel zwischen 100-200 mg L-Thyroxin/die beträgt.

Wird die Erkrankung frühzeitig erkannt, d.h. noch in der Anfangsphase, in der die Thyreoiditis und seltener auch eine Hyperthyreose vorherrscht, werden bei ausgeprägten Beschwerden Thyreostatika und immunsuppressive Medikamente wie z.B. Corticoide verabreicht. In den meisten Fällen wird jedoch die Erkrankung im Stadium der Hypothyreose entdeckt und therapiert.

Die Symptome der Hashimoto Thyreoiditis sind vielfältig. Neben symptomarmen Erkrankungsformen gibt es Verläufe mit zahlreichen unterschiedlichen und oft verwirrenden Symptomen.

Häufig beginnt die Erkrankung schleichend, so dass die Betroffenen die Symptome zunächst kaum wahrnehmen. Anfänglich stehen gelegentlich die Symptome der Hyperthyreose im Vordergrund. Diese sogenannte „Hashitoxikose“ ist eine Anfangsphase, in der meist eine milde Überfunktion auftritt, die dann allmählich in die chronische Unterfunktion übergeht.

Die Überfunktionssymptome zu Beginn einer Hashimoto Thyreoiditis sind oft nur schwach ausgeprägt. Die meisten Symptome sind sogenannte Allgemeinsymptome wie Nervosität, Schlaflosigkeit und Neigung zum Schwitzen. Viele Symptome schleichen sich langsam ein, ohne dass zunächst an eine Krankheit gedacht wird. Erst wenn zur Schlaflosigkeit Heißhunger mit Gewichtsverlust, Durchfall, übermäßiges Schwitzen, Zittern und Herzklopfen hinzutreten und sich nicht spontan bessern, wird der Arzt konsultiert.

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Teil 2: Fallvorstellung, Fallanalyse, Repertorisation und Arzneimittelwahl

Literaturangaben:
– Hahnemann, S.: Organon, 6. Aufl.
– Memorix spezial: Notfallmedizin (Edition Medizin)
– MSD Sharp & Dohme GmbH (Hrsg.): MSD-Manual der Diagnostik und Therapie, 5. Aufl.
– Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch, 258. Aufl.
– Schettler, G./Greten, H.: Innere Medizin, 9. Aufl.
– Thomas, L.: Labor und Diagnose, 5. Aufl.
– Internet-Recherchen
– Die Repertorisation erfolgte mit ComRep ML: Kent- und Complete-Repertorium (Dipl.-Ing. F. Simbürger, Eching).

Anschrift des Verfassers:
Werner Dingler
Schottenstr. 75
78462 Konstanz



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