INFEKTIONSKRANKHEITEN

Tuberkulose

von Peter Schneiderat

Seit Tausenden von Jahren wird die Menschheit von der heimtückischen Krankheit Tuberkulose heimgesucht, die akute, chronische und latente Krankheitsbilder verursacht, die jedes Organ des Körpers betreffen können. Aufgrund der überwiegend durch Aerosole vermittelten Übertragung sind jedoch hauptsächlich die Lungen und die Atemwege betroffen.

Obwohl die Tuberkulose in Wohlstandsländern wie Deutschland fast in Vergessenheit geriet, ist sie heute weltweit immer noch eine der häufigsten Infektionskrankheiten und in Entwicklungsländern sterben jährlich mehr als 3 Millionen Menschen an Tuberkulose.

Die Inzidenz der Tuberkulose nimmt weltweit zu, nicht zuletzt auch wegen der in Teilen Afrikas endemischen Infektion mit HIV. Dies veranlaßte die WHO 1993 einen globalen Tuberkulosenotstand auszurufen. Tuberkulose - was ist dies für eine Krankheit und wie kann man ihr begegnen? Im folgenden soll versucht werden, diesen zwei Fragen etwas näher zu kommen.

Definition. Die Tuberkulose ist eine durch obligat aerobe Stäbchenbakterien der Spezies Mycobacterium tuberculosis hervorgerufene generalisierte oder organbezogene bakterielle Infektionskrankheit, die durch Knötchenbildung und Gewebezerstörung gekennzeichnet ist. Von untergeordneter Bedeutung sind die Erreger M. bovis (Erreger der Darmtuberkulose; seit der Pasteurisierung der Milch bei uns praktisch ohne Bedeutung) und M. africanum (Vorkommen fast ausschließlich in Westafrika).

Meldepflicht. Aktive Erkrankung und Tod an Tuberkulose sind meldepflichtig, nicht jedoch der Verdacht.

Geschichte. Die Tuberkulose ist eine seit mehr als 6000 Jahren bekannte Krankheit. Hippokrates (ca. 460 - 375 v.Chr.) prägte den Begriff "Phthisis" (Schwindsucht) für eine Krankheit, die mit allgemeinem Verfall einhergeht. Galen vermutete, daß diese "Phthisis" ansteckend sei, und daß es gefährlich sei, mit infizierten Personen zusammenzuleben. Der englische Arzt Thomas G. Morton verwendete 1689 den Begriff "Tuberkel" für die charakteristischen Läsionen der Lungenschwindsucht, daraus leitete Johann Lucas Schönlein (1793 -1864) im Jahre 1832 den Begriff Tuberkulose ab.

Mehr als ein Viertel aller Todesfälle bei Erwachsenen in Europa ging im 16./17. Jahrhundert auf die Tuberkulose zurück. Im 19. Jahrhundert war die auch "Weiße Pest" genannte Tuberkulose die häufigste Todesursache in Europa. Damals lag die Mortalität bei etwa 1000 pro 100.000 Menschen pro Jahr und 65 % aller Patienten mit offener Lungentuberkulose starben innerhalb von vier Jahren nach Diagnosestellung. Die Entdeckung des Erregers der Tuberkulose (1882) geht auf Robert Koch (1843 -1910) zurück; die Identifizierung von Mycobacterium tuberculosis als Erreger der Tuberkulose wurde als eine der größten Entdeckungen der Medizin gefeiert. Koch entwickelte auch das Tuberkulin, welches (obwohl als Impfstoff ungeeignet und als Therapeutikum gefährlich) auch heute noch als wichtiges diagnostisches Mittel z. B. beim Mendel-Mantoux-Test eingesetzt wird.

Die Mortalität der Tuberkulose hat in den Wohlstandsländern in den vergangenen 100 Jahren sehr stark abgenommen, was auf die Entdeckung wirksamer Medikamente wie Streptomycin (Selman Abraham Waksman, 1946) und Isoniazid (Gerhard Domagk, 1952) sowie auf verbesserte alimentäre und hygienische Verhältnisse zurückzuführen ist. Epidemiologie. Weltweit ist etwa ein Drittel der Menschheit mit Tuberkuloseerregern infiziert. Die Inzidenz beträgt ca.10 Millionen Neuerkrankungen pro Jahr. Etwa 3 Millionen Menschen sterben jedes Jahr an Tuberkulose. In Deutschland ging die Zahl der Tuberkulosefälle in den letzten Jahren kontinuierlich zurück, die Inzidenz betrug 1993 ca. 15 - 20 Fälle pro 100.000 Einwohner jährlich, 1996 betrug sie 14,5 pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Zwei Drittel aller Erkrankten sind Männer. Mehr als 80 % aller Erkrankten leiden an Lungentuberkulose, der häufigste extrapulmonale Befall ist die Lymphknotentuberkulose, gefolgt von urogenitaler Tuberkulose und Knochentuberkulose.

Erreger. Mycobacterium tuberculosis (M. tbc.) ist ein obligat aerobes, säurefestes, nicht sporenbildendes Stäbchenbakterium. Es ist 2 - 4 mm lang, 0,5 mm breit und unbeweglich. M. tbc. kann in mononukleären Phagozyten intrazellulär persistieren und dadurch den humoralen Abwehrmechanismen des Organismus entgehen. Glycolipide und Wachse bedingen die Säurefestigkeit, die langsame Vermehrung und die Widerstandsfähigkeit gegen Noxen. Ein wichtiger Virulenzfaktor ist der Cordfactor (Trehalose-6,6-Dimycolat), der auch die Granulombildung mit verursacht. Das Färbeverhalten von M. tbc. ist schwach grampositiv, die Standardfärbung ist jedoch die Färbung nach Ziehl-Neelsen, welche die Säurefestigkeit von M. tbc. ausnutzt.

Ätiologie und Pathogenese.

Infektiosität.

Diagnostik.

Therapie.

Prognose.

Prävention und Prophylaxe.

Probleme. 1999, 6 Jahre nach Ausrufung des globalen Tuberkulosenotstandes durch die WHO, muß festgestellt werden, daß wir heute von dem Ziel, die Tuberkulose weltweit zu kontrollieren, und dem Wunsch, sie auszurotten, noch weit entfernt sind. Vor allem die beginnende Entwicklung von multiresistenten Erregerstämmen und das Fehlen eines einfachen, billigen und sicheren Screeningtests erschweren den Kampf gegen die Tuberkulose. Ein sicher wirkungsvoller Impfstoff konnte bis heute nicht entwickelt werden und auch die so hoffnungsvolle Immuntherapie mit Mycobacterium vaccae scheint endgültig gescheitert (Lancet, Vol 354, Jul 10, 1999). Auch neue, nebenwirkungsärmere (und auch für die Entwicklungsländer bezahlbare) Antituberkulotika scheinen nicht in Sicht. Der globale Tuberkulosenotstand wird wohl noch über einige Jahre fortbestehen und es werden noch große Anstrengungen nötig sein, um dem Ziel, die Tuberkulose endgültig zu besiegen, näherzukommen.

Bildnachweis und Literatur:
(1) Wolff, Weihrauch; Internistische Therapie 98/99; 12. Aufl.; Urban & Schwarzenberg, München; 1998
(2) Hahn et al.; Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie; 3. Aufl.; Springer Verlag, Berlin; 1999
(3) Hoeprich et al.; Infectious Diseases; Fifth Edition; J. B. Lippincott Company, Philadelphia; 1994
(4) Classen et al.; Innere Medizin; 4. Aufl.; Urban & Schwarzenberg, München; 1998
(5) Herold; Innere Medizin; Gerd Herold, Köln; 1999

Anschrift des Verfassers:
Peter Schneiderat
Christoph-Probst-Str. 16/ 0515
80805 München

Diesen Beitrag in vollem Umfang finden Sie in 'Naturheilpraxis' Nr.12/99.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis / Zum nächsten Artikel

 

 

Naturheilpraxis 12/99