RUBRIKEN

Elektrosmog: Die Reise nach Amerika

von Eberhard W. Eckert

Die Diskussion über die Auswirkung von elektrischen und magnetischen Feldern, elektromagnetischen Feldern, Wellen und Impulsen auf die belebte Natur, insbesondere den Menschen, wird in der einen oder anderen Form seit Jahrhunderten unter dem Kriegsruf "Elektrosmog" seit rund zwei Jahrzehnten besonders intensiv geführt.

Es ist bemerkenswert, dass der noch gar nicht richtig erkannten Elektrizität bzw. dem Magnetismus immer wieder Heilkräfte zugeordnet wurden, etwa bei der Anwendung elektrischer Fische vor rund 2000 Jahren, bei der Anwendung von Magneten in frühen Hochkulturen (China, Ägypten).Erwähnenswert auch die Tatsache, dass in einer Reihe vergangener Kulturen der Blitz nebst seinem Donner göttlichen Kräften und Göttern direkt zugeordnet wurden, nach dem Wissen des Verfassers diese Naturenergie aber nie für Opferungs- oder Bestrafungszwecke verwendet wurde (Im Gegensatz etwa zur Sonne oder auch Hydroenergie, der in Gestalt der Niagarafälle irokesische Mädchen als Opfergaben übergeben wurden oder dem über-die-Klippe-stürzen in Europa).

Einen deutlichen Hinweis verdienen auch die vielen Naturwissenschaftler und die beachtliche Anzahl naturwissenschaftlich orientierter Ärzte, die sich in den letzten drei Jahrhunderten intensiv sowohl mit der Elektrizität als auch mit dem Komplex Elektrizität-Biologie/Mensch befasst haben. In der "Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte" lebt ein Stück dieser großen - insbesondere auch deutschen Tradition weiter.

Daß Elektrizität wie jede andere Energieform in größerer Menge auch (lebens-)gefährlich sein kann, hat man schon früh ausprobiert: Der französische Abt Nollet tötete in der Zeit um 1746 kleine Tiere mit Elektrizität zu Versuchszwecken; in England berichtete beispielsweise um 1766 Priestley über die elektrische Tötung von Ratten, Mäusen, Vögeln, Katze und in den USA führte man 1888 den "Elektrischen Stuhl" für die Todesstrafe ein, mit dem durchaus auch experimentiert wurde (z.B. Querdurchströmung). Unfälle mit menschenerzeugter Elektrizität und tödlichem Ausgang gab es seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts; insbesondere in Deutschland wurden systematisch aufeinander abgestimmte Sicherheitsvorschriften erlassen, das Werk der VDE-Vorschriften hat vielen Ländern als Vorbild gedient und zum "Made in Germany" -Nimbus beigetragen.

Auch die Wirkung von Hochfrequenz auf den Menschen wurde schon um die Wende 19./20. Jahrhundert erkannt (von Zeyneck; Nagelschmidt) und ersten Nutzungen zugeführt. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden wissenschaftliche Grundlagen verbreitert, das Anwendungsspektrum ausgeweitet, Empirie auf der Grundlage mehr oder weniger einheitlicher medizinischer Geräte und Anwendungsarten führte und führt über hinreichend viele Anwendungen, Fälle und deren sachgerechte (!) statistische Aufbereitung zu statistisch aussagekräftigen Feststellungen und Prognosen.

Dies wiederum sagt noch nichts über das individuelle Verhalten und die individuelle Reaktion auf zugeleitete, zugestrahlte oder durch individuelles Verhalten erzeugte Elektrizität aus. Bei der Größenordnung von 1014 Zellen eines menschlichen Körpers und angesichts der Tatsache, dass diese alle durch Energieversorgung und Informationssystem auf weitgehend "elektrischer" Grundlage verknüpft sind (denn jeder Stoffwechselprozess ist eine chemische Umsetzung, bei der grundsätzlich elektrische Ladungen beteiligt sind, und dies gilt vom Prinzip her auch für die Informationsübertragung) sowie der Vielzahl der elektrischen Prozesse in jeder Zelle und in ihrem Verbund tritt das Problem auf, wie die für unsere Begriffe und Sinne unendliche ( ) Vielzahl von Vorgängen erfassbar ist. Die Natur hat dafür die Lösung durch den Instinkt gefunden. In hochtechnisierten Gesellschaften ist der aus vielerlei Gründen vernachlässigt und verkümmert oder durch Außeneinflüsse abgestumpft. Auch deshalb ist die Diskussion um den "Elektrosmog" so konträr und zu einer wahrscheinlich niemals endenden Geschichte geworden.

Wie kommt Elektrizität in den Körper? Sieht man von der höchst unnatürlichen Zufuhr durch künstliche leitende Anschlüsse und dem recht seltenen Sonderfall Blitzschlag ab, so bleiben die folgenden Möglichkeiten

- sie entsteht darin (Zellpotentiale; Stoffwechselvorgänge als biochemisches/bioelektrisches Geschehen; Potentialaufbau an teildurchlässigen Membranen;

- man kann sie einatmen in Form kleiner elektrischer Ladungen, etwa als Ionen. Beispiele: Wasserfallelektrizität, Brandung

- Influenz, auch in Verbindung mit Bewegungs- und Stoffparameter-Änderungsvorgängen verursacht Potentialdifferenzen und Ausgleichströme. Beispiel: Bewegung, etwa Gehen im luftelektrischen Feld

- Induktion, auch in Verbindung mit Bewegungsvorgängen

- Zustrahlung elektromagnetischer Felder, Wellen und Impulse mit allen Möglichkeiten der Absorption, Reflexon, Brechung, Beugung, Interferenz, Resonanz u.a.m.

- Beliebige Kombinationen aus sowohl diesen Möglichkeiten als auch den dabei auftretenden Parametern wie Zeiten, Amplituden, Richtungen der Vektorgrößen, Frequenzen, Spektren, u.v.a.: Eine mehrfach unendliche (•) Vielfalt.

Literatur:
Dieser Reisebericht ist nicht nur als eine belustigende Art der Wahrnehmung der Umwelt (Besser: Menschenverursachter Umwelteinflüsse) anzusehen. Was wäre, wenn wirklich unerfreuliche Zusammenhänge zwischen schweren Krankheiten und Magnetfeldeinflüssen nachgewiesen würden? Oder kann sich jemand das wirtschaftliche, soziale und militärische Szenario vorstellen, wenn menschenverursachte Luftverschmutzung/Abgase und elektromagnetische Felder und Wellen als gefährliche Kombination erwiesen wären?

Aus dem möglichen riesigen Fundus sollen hier im wesentlichen aktuellste Referenzen aus einer zur Reisezeit stattgefundenen Tagung angeführt werden, nämlich der U.S.: "Bioelectromagnetic Society (BEMS)", 21. Jahrestagung im Juni 1999 in Long Beach , Kalifornien, USA. Dazu gibt es ein Buch mit Kurzfassungen ("Abstract Book").

l. J. Brix + H. Wettemann + O. Scheel + R. Matthes: "Analysis of individual exposure data af a representative group of 2000 people to low frequency magnetic fields over 24 h". Institut für Strahlenhygiene, Bundesamt für Strahlenschutz, Oberschleißheim (8-4)
2. J. Schütz + J.P. Grigat + K. Brinkmann + J. Michaelis: "16 Hz- and 50 Hz-background magnetic fields in residences in Germany" Deutsches Krebsregister, Universität Mainz, u.a. (P-113)
3. Y.S. Kim + Y.S. Cho: "Environmental exposure to magnetic fields in public transit systems" (8-2)
4. T. Dovan + R.J. Owen: "Spatial and temporal characteristics of transmission line magnetic flux densities for historical exposure assessment considerations" (8-3)
5. B. Langholz: "Factors that explain the power line configuration wiring code - childhood leukemia association: What would they look like?" (12-1)
6. P. Grainger + R. Wigfield + M. Wright + P. Fleming + A.W. Preece: "The influence of 50 Hz electric and magnetic fields on sudden infant death syndrome" (12-2)
7. H. Wachtel + R. Pearson + K. Ebi: "Traffc density and wire codes may be risk cofactors for childhood cancers" (12-3)
8. M.L. McBride + R.P. Gallagher + G. Theriault + B.G. Armstrong + S. Tamaro + J.J. Spinelli + J.E. Deadman + S. Fincham + D. Robson + W. Choi: "Power frequency electric and magnetic fields and risk of childhood leukemia in Canada" (12-7)
9. V.N. Binhi: "Magnetic noise and biological effects" (P-97)
10. W.T. Kaune + T.D. Bracken + R.S. Senior + R.F. Rankin + J.C. Niple + R. Kavet: "Occurrence of 2-200 kHz transient magnetic-field events in U.S. residences" (P-109)
11. H.K. Florig + M. Henrion: "A decision model for magnetic field exposure standards in california schools" (P-65)
12. G. Villoresi et al.: "Magnetic fields on Russian DC trains: Spectral characteristics" (P-115)
13. P.B. English + C. Wolff + R.R. Neutra + R. Scalf + D. von Winterfeldt: "Socio-demographic and land use characteristics of property near power transmission lines in California" (P-131)
14. M. Burkhardt + H.U.Gerber + T. Samaras + N. Kuster: "EM exposure of the auditory system dependent on phone position" (P-165)

Anschrift des Verfassers:
Eberhard W. Eckert
Dipl.-Ing. DABEI
Merler Allee
53125 Bonn

Diesen Beitrag in vollem Umfang finden Sie in 'Naturheilpraxis' 12/99.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis / Zum nächsten Artikel

 

 

Naturheilpraxis 12/99