POLITIK

Heilpraktiker in der Öffentlichkeit

Das es mit der Öffentlichkkeitsarbeit einzelner Verbände traurig aussieht, hatten wir ja in der letzten Ausgabe an einigen Negativbeispielen deutlich demonstriert. Jetzt erreichte uns ein Bericht über eine "private" Initiative, die zeigt, wie man es machen könnte und dabei sogar noch offizielle Vertreter einer Stadt und auch andere Gesundheitsvertreter, wie z.B. den Apotheker interessieren kann:

Tag der Gesundheit - Tag der Naturheilkunde

Unter diesem Motto wurde in Blieskastel (Saarland) unter Federführung des Kollegen Michael Martin und der dort niedergelassenen Kollegin Lieselotte Kurz in Zusammenarbeit mit dem örtlichen Verkehrsamt eine Informationsveranstaltung für die Bevölkerung durchgeführt. Ziel der Veranstaltung war es, den Beruf des Heilpraktikers für die Bevölkerung transparenter zu machen und die Bedeutung der Naturheilkunde im Gesundheitswesen darzustellen.

Die Klagen in unseren Reihen sind seit Jahren zu hören: die Patienten-Anmeldungen in den Naturheilpraxen sind in erheblichem Maße zurückgegangen, die Wartezimmer vieler Praxen sind (zu) leer. Die globalen Probleme, mit denen die Bundesrepublik in den letzten Jahren konfrontiert wird - sei es in der Wirtschaft oder sei es im Gesundheitswesen - sind sicherlich ein Grund für den überall beklagten Umsatzrückgang auch bei gut eingeführter Praxen. Ein weiterer Grund soll die zunehmende Hinwendung von Kassenärzten zur Naturheilkunde sein, die uns Heilpraktikern dann potentielle Patienten abziehen. Ob und ich welchem Umfang das wirklich eine Rolle spielt, sei dahin gestellt. Die Qualität, mit der ein Kassenarzt Naturheilkunde üblicherweise betreibt, unterscheidet sich kaum von der normalen Kassenmedizin. Das liegt generell an einem kranken Medizinsystem und daran wird sich so schnell nichts ändern. Was aber viel wichtiger ist als die Frage nach den Auswirkungen der ärztlichen Konkurrenz, ist unsere eigene, durch Passivität und Lustlosigkeit gekennzeichnete Haltung. So langsam wird es Zeit, dass die HeilpraktikerInnen aufwachen und sich einmal sehr kritisch an die eigene Nase fassen. Was wird denn eigentlich von unserer Seite schon getan, um diesen Zustand zu ändern? In diesem Zusammenhang sei auch die Frage an die Verbände gestattet: was hat man den in dieser Richtung für den Berufsstand getan, warum werden die Mitgliedsbeiträge nicht einmal in eine HP-Promotion investiert?

Die Zeiten, als wir noch einen Köhnlechner in unseren Reihen hatten, sind längst vorbei. Diejenigen unter uns, die zu seinen Zeiten bereits in der Praxis standen, werden sich sicherlich gerne an diesen - nicht unumstrittenen - Kollegen erinnern, der keine Chance verstreichen ließ, sich selbst, die Heilpraktiker und die Naturheilkunde in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Und alle haben davon profitiert!

Fazit: den HeilpraktikerInnen fehlt die Darstellung unseres Berufes und unserer Methoden in der Öffentlichkeit. Gerade in der heutigen Zeit, wo die Kassenmedizin durch eine Reform nach der anderen geschüttelt wird und sich in einem qualitativen Sturzflug befindet, gerade in dieser Zeit könnten die Heilpraktiker die Chance beim Schopfe packen und sich profilieren. Der Unmut innerhalb der Bevölkerung wird immer größer und gerade die modernen Leiden der Zeit, die chronischen Immunstörungen, die Befindlichkeitsstörungen oder die unspezifischen Magen-Darmstörungen, sind eine Domäne der Naturheilmedizin. In diesem Zusammenhang kommt den HeilpraktikerInnen die aktuelle Laborreform nun noch besonders stark zu gute. Die Kassenmedizin ist bezüglich fast aller modernen und interessanten Parameter zur Abklärung der genannten Störungen beraubt worden. Hier heißt es für uns alle zugreifen und Flagge zeigen. Und genau das ist das Stichwort - wer zeigt denn nun wo und wie Flagge? Die Verbände berichten in ihren Rundschreiben seit Jahren sehr detailliert über die Umsatzrückgänge..............

Packens wir´s (selbst) an

Mit der Idee, Marketinggelder, mit denen üblicherweise Werbung, Weiterbildung oder Geschenke finanziert werden, einmal ganz anderes zu investieren, konnte das Institut für Mikrobiologie und Biochemie in Herborn, die Symbiopharm GmbH, das Laboratorium Dr. Bayer in Stuttgart sowie die Firma Köhler in Alsbach für ein ungewöhnliches Projekt gewonnen werden. Mit den zu Verfügung gestellten Mitteln wurde der Blieskasteler Gesundheitstag finanziert. So diente die Veranstaltung dem gesamten Berufsstand, da diese Form der Öffentlichkeitsarbeit der Forderung nach mehr Transparenz im Heilpraktikerwesen gerecht wurde. Die Kollegin L. Kurz hatte darüber hinaus eine hervorragende Publicity.

Um dem Forum einen öffentlichen Charakter zu geben, wurde als Veranstaltungsort die Räume der Bliesgau-Festhalle angemietet. Durch Kontaktaufnahme zum Fremdenverkehrsamt der Stadt kam es zu einer unerwarteten Hilfestellung. Die Stadt war bereit, die Veranstaltung offiziell in das "Blieskasteler Gesundheitsforum" einzureihen und dementsprechend intensiv zu bewerben. So wurden nicht nur Veranstaltungsplakate gedruckt und in vielen Blieskasteler Geschäften ausgehängt, sondern insgesamt viermal in teils ganzseitigen Anzeigen im Mitteilungsblatt der Stadt, den Blieskasteler Nachrichten, auf den Tag der Naturheilkunde verwiesen. Frau Kurz informierte darüber hinaus die örtliche Presse, die rechtzeitig vor der Veranstaltung mittels eines redaktionellen Beitrages auf die Veranstaltung aufmerksam machte.

Um eine professionelle Außendarstellung der Praxis von Kollegin Kurz zu erreichen, wurden Praxisbroschüren entworfen, in denen ausführliche Informationen über die Arbeit der HeilpraktikerInnen dargestellt sind. Unter Überschriften wie z.B. "Warum Stuhldiagnostik" oder "Warum Säure-Basendiagnostik" können sich die Patienten so über einzelne labordiagnostische Verfahren, derer sich die Kollegin bedient, informieren.

Darüber hinaus gewann die Veranstaltung durch eine kleine Ausstellung im Foyer an Attraktivität. So präsentierte sich der ortsansässige Apotheker und bot u.a. kostenlose Blutdruck-, Cholesterin- und Blutzuckermessungen an. Ein Sanitätshaus legte ein großes Sortiment an Sitz- und Nackenkissen und anderen, der Gesundheit dienlichen Produkten aus. Eine Vollkornbäckerei bot den Gästen verschiedenes Backwerk an und informierte über Vollwertkost. Die Firma Symbiopharm informierte an ihrem Stand über moderne Ballaststoffe und Probiotika, die Firma Köhler über Nahrungsergänzung, Vitamin E und Zink.

Die Vortragsreihe wurde von dem Leiter des Blieskasteler Fremdenverkehrsamtes, Herrn Wagner, gegen 16:00 eröffnet, der sich ausdrücklich für unser Engagement bedankte und in der Veranstaltung klar eine Bereicherung für die Kurstadt sah. Die Fachreferate waren in vier verschiedene Beiträge untergliedert:

Diagnose und Therapie unklarer Magen-Darmbeschwerden (Referent Hp. Michael Martin)

Probiotika - Heilen mit Bakterien? (Referent Dr. biol. hom. Sabine Poschwatta-Rupp)

Welchen Stellenwert haben Vitamine, Mineralien und Spurenelemente? (Referent Hp. Michael Martin)

Ein heikles Thema: Verstopfung (Dipl. Biol. Holger Brunsmann) Die Veranstaltung war insgesamt ein voller Erfolg. Knapp über 100 Teilnehmer besuchten die kleine Ausstellung, ca. 80 Zuhörer verfolgten die Vorträge. Rege Diskussionen und persönliche Gespräche mit den Referenten zeigten das große Interesse der Bliesgauer Bevölkerung am Thema Heilpraktiker und Naturheilkunde. Bemerkenswert war die großartige Unterstützung der Kurstadt Blieskastel und das Interesse der örtlichen Presse. Für die Kollegin vor Ort eine tolle Promotion. Somit steht der Entschluß fest: im Jahr 2000 wird die Veranstaltung unter dem Schwerpunktthema "Allergien" und deutlich größerer Ausstellung wiederholt.

So kann das Fazit nur lauten: Nachahmer ausdrücklich erwünscht. Wie sagte es Dante: "Der eine wartet bis die Zeit sich wandelt; der andere packt sie kräftig an und handelt"

(Hören wir auf, der eine zu sein! - Red.)

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Naturheilpraxis 12/99