POLITIK

AMK zur 10. AMG-Novelle

Die Arzneimittelkommission der deutschen Heilpraktiker (AMK) noch einmal eine Stellungnahme zum Entwurf eines 10. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes in der Fassung des Kabinettsentwurfes vom 07.10.1999 abgegeben, der der Beratung im Bundesrat am 26. November 1999 zugeführt wurde. Darin heißt es:

"Grundsätzlich sehen wir die Notwendigkeit, daß den Bedenken der Europäischen Kornmission, die sie zuletzt in der Stellungnahme vom 21. Oktober 1998 in bezug auf mangelnde Übereinstimmung einiger Vorschriften des Arzneimittelgesetzes mit dem Gemeinschaftsrecht dargelegt hat, Rechnung getragen werden muß.

Weder eine Notwendigkeit noch eine Effektivität sehen wir jedoch in den Regelungen, die über diese Beanstandungen hinaus angeblich zur Straffung und zur Beschleunigung des Nachzulassungsverfahrens erfolgen sollen. Bereits seit der 5. AMG - Novelle wurden wiederholt Änderungen und neue Regelungen in das Arzneimittelgesetz zu diesem Zwecke eingefügt, ohne daß das Verfahren der Nachzulassung dadurch wesentlich beschleunigt wurde. So zielt auch dieser Entwurf wieder nur auf eine Verkürzung der Fristen für die pharmazeutischen Unternehmen, auf die Streichung von Änderungsmöglichkeiten im Nachzulasssungsverfahren sowie auf eine zeitlich äußerst knappe Umsetzung einer diskriminierenden Kennzeichnungvorschrift der nachzuzulassenden Arzneimittel. Getroffen werden dabei vor allem die kleineren und mittelständischen Unternehmen, die eine breite Palette von Arzneimittel der besonderen Therapierichtung anbieten. Mittelbar, aber vielleicht noch härter getroffen werden insbesondere wir Heilpraktiker und unsere Patienten, fiir die es nach Umsetzung dieser 10. AMG - Novelle in Zukunft deutlich weniger der seit Jahrzehnten am Markt befindlichen wirksamen, effektiven, und nebenwirkungsarmen biologischen Arzneimittel geben wird.

Folgende beabsichtigte Neuregelungen der 10. AMG - Novelle bedürfen dringend einer Verbesserung bzw. einer Revidierung der vorgeschlagenen Neuregelungen:

1. Abschaffung der diskriminierende Kennzeichnungspflicht (§ 109 Abs. 1 AMG)

Diese geänderte Vorschrift fordert, daß alle fiktiv zugelassenen Arzneimittel in der Packungsbeilage entsprechend § 11 AMG folgenden Hinweis aufnehmen müssen: "Bei diesern Arzneimittel handelt es sich um ein Altarzneimittel, für das die behördliche Prüfung nach den arzneimittelrechtlichen Übergangsvorschriften noch nicht abgeschlossen ist " Außerdem soll die Umstellung dieser Kennzeichnung innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieser Gesetzesnovelle erfolgen.

Begründung: Als der Sache in keinem Fall dienlich sehen wir diesen oben zitierten Hinweis an. Lt. § 105 Abs. 1 Satz 1 AMG gelten die Arzneimittel in der Nachzulassung "als zugelassen" und sind damit den Zugelassenen gleichgestellt (sog. Altarzneimittel sind rechtlich nicht definiert!). Daß die Zulassung noch immer nicht erteilt oder das Zulassungsverfahren nicht abgeschlossen ist, ist nicht diesen Arzneimittel anzulasten, sondern nahezu ausschließlich der Zulassungsbehörde. Nach den letzten uns offiziell vorliegenden Zahlen (Stand: 31.12.1998) des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind von der Gesamtzahl aller jemals gestellter Nachzulassungsanträge in den 9 Jahren seit April 1990 (zu diesem Zeitpunkt hätte nach Meinung der Europäischen Kommission die Nachzulassung bereits beendet sein sollen) bisher nur rund 5 % mit einer Verlängerung der Zulassung nach § 105 AMG abgeschlossen worden. Etwa die Hälfte aller Zulassungsanträge (46%) sind noch zu bearbeiten, und von diesen sind noch 81% ohne Mängelbescheid, daß heißt, daß der Hersteller auch 9 Jahre nach Einreichung der Unterlagen noch immer keinerlei Hinweise darauf hat, mit welchen Beanstandungen er zu rechnen hat. Eine Beschleunigung der Nachzulassung muß und kann nur durch eine adäquate Bearbeitungsbeschleunigung des BfArM mir entsprechenden Fristen für die Behörde erreicht werden.

Es ist für uns darüber hinaus in keiner Weise erkennbar, inwieweit, wie es in der Begründung heißt, dadurch die Transparenz für den Verbraucher erhöht werden könnte. Nach unserer Erfahrung mit Patienten kommt es eher zu Verunsicherungen, wenn bewährte Arzneimittel, die seit Jahrzehnten auf dem Markt sind und erfolgreich eingesetzt wurden, plötzlich mit diesem Hinweis versehen werden, der dem Verbraucher an sich keine zusätzlichen Informationen liefert, sondern nur als diskriminierend angesehen werden muß und im Grunde eine nicht effziente Arbeitsweise einer Behörde dokumentiert. Die vorgesehene Übergangsfrist zur Umsetzung dieser Vorschrift von einem Jahr zeigt außerdem, daß auch die Behörde wohl mit keinem nennenswerten Abbau der gestellten Anträge durch Bearbeitung in näherer Zukunft rechnet.

2.Beibehaltung der bisherigen Mängelbeseitigungsfristen (§ 25 Abs. 4 AMG und § 105 Abs. 5 AMG) Neuzulassung

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Wir sehen keinen Zusammenhang zwischen der Verkürzung der Mangelbeseitigungsfrist in der Neuzulassung und der Beanstandung durch die EU - Kommission, und lehnen daher die Reduzierung der Mängelbeseitigungsfrist auf 6 Monate grundsätzlich ab. Das Argument einer Angleichung der Fristen für Neu- und Nachzulassung aus Gründen der Vereinheitlichung ist nicht zutreffend, da es sich bei der Nachzulassung um eine Verlängerung einer bestehenden Zulassung handelt.

Solange bei Neuzulassungsanträgen von der Behörde die gesetzlich vorgeschrieben Frist lt. § 27 Abs. 1 AMG nicht grundsätzlich eingehalten werden, ist eine Beschleunigung des Verfahrens durch eine einseitige Verkürzung der Fristen bei der Mängelbeseitigung für uns nicht nachvollziehbar.

Natürlich entwickelt sich der wissenschaftliche Erkenntnisstand weiter und es werden die Neuzulassungen durch laufende sich ändernde Regelungen beeinflußt, aber gerade dieser Umstand macht eine längerer Frist als 6 Monate zur Behebung von Detailfragen notwendig. Wenn andererseits die Behebung größerer Mängel durch die Stellung eines neuen Zulassungsantrages erfolgen soll, wie es in der Begründung heißt, wird die Zulassungsbehörde doch keinesfalls entlastet, sondern die Statistik weist nur andere Zuordnungen aus. Nachzulassung: Zur Verkürzung der Mängelbeseitigungsfrist auf 6 Monate verweisen wir auf die in obigem Abschnitt bereits gemachten grundsätzlichen Ausführungen.

Weitere Probleme bestehen bei der Nachzulassung darin, daß die eingereichten Dokumentationen bereits aufgrund der bisherigen Bearbeitungsweise zwischen 4 und 8 Jahre alt sind und sich in diesem Zeitraum die Voraussetzungen z.T. erheblich verändert haben (5. - 9. AMG - Novellen).

So sind auch Entscheidungen der Kommissionen beim BfArM nach § 25 Abs. 7 AMG nicht mehr veröffentlicht worden, sondern werden nur noch im Rahmen eines Mängelbescheides mitgeteilt; eine Vorbereitung auf diese Argumente bzw. eine frühzeitige Berücksichtigung in den Unterlagen ist somit nicht möglich.

Da Stabilitätsprüfungen z.B. mindestens einen Zeitraum von 6 Monaten umfassen müssen, bedeutet eine Bemängelung der Stabilitätsprüfungen im Antrag, daß durch die vorgesehen Fristsetzung automatisch das Präparat nicht mehr die Anforderungen erfüllen könnte. Insbesondere bei Arzneimitteln aus pflanzlichen Ausgangsstoffen sind zur Beantwortung eines Mängelbescheides eventuell Untersuchungen an neuem Pflanzenmaterial erforderlich, das aber in Abhängigkeit der Jahreszeit nicht innerhalb von 6 Monaten beschafft werden kann.

Hinzu kommt, daß auch vom pharmazeutischen Unternehmer bearbeitete Mängelbescheide über einen längeren Zeitraum nicht zu einer abschließenden Nachzulassung durch die Behörde geführt haben, so daß eine Verkürzung dieser Fristen nicht das Verfahren an sich beschleunigt. Die in der Begründung angeführte bereits bestehende Möglichkeit, Verlängerungsentscheide unter Auflagen zu erteilen, wird von der Zulassungsbehörde bisher nur sehr zurückhaltend genutzt. Aus diesen Gründen ist die Verkürzung der Mängelbeseitigungsfrist abzulehnen.

3. Fortbestand der Änderungsmöglichkeiten (§ 105 Abs. 3a Nr. 1- 5 AMG)

Die vorgeschlagene Neuregelung schließt Änderungsmöglichkeiten nach § 105 Abs. 3a Nr. 1-5 AMG, die mit einer früheren Novelle eingefügt worden waren, aus und begrenzt diese nur noch auf homöopathische Arzneimittel.

Die Begründung geht sowohl an den rechtlichen Gegebenheiten als auch an der Realität vorbei; bereits mit der 5. AMG - Novelle wurden derartige Änderungsmöglichkeiten auf solche Fälle beschränkt, in denen eine solche Änderung durch einen entsprechenden Mängelbescheid vorgesehen war. Da dieser Vorschlag von nicht mehr existierenden Voraussetzungen ausgeht, kann er auch keinerlei Beschleunigung der Nachzulassung bewirken.

Auch die Begründung, daß die Zulassungsbehörde aufgrund von Änderungen die gesamten geprüften Unterlagen neuerlich prüfen müßten trifft so nicht zu, da gerade durch Mängelbescheide aus dar Abteilung Medizin diese Änderungen angeregt werden; häufig erfolgt dabei seitens der Behörde nur ein Kurz - Mängelbescheid, der keine Stellungnahme zur pharmazeutischen Qualität enthält, die dann eben später in jedem Falle geprüft werden muß. Im Gegenteil, es trifft nicht selten zu, daß durch diese Arbeitsweise ein rechtlich nicht vorgesehener 2. Mängelbescheid erstellt wird, in dem dann jedoch z.T. Punkte bemängelt werden, die im 1. Mängelbescheid nicht Gegenstand der Beanstandung waren. Durch diese Vorgehensweise muß die Behörde den Nachzulassungsantrag dann sogar dreimal bearbeiten.

Ein wesentliches Argument, diese Änderungsmöglichkeiten für alle biologischen Arzneimittel zu erhalten liegt auch in der Art der Bearbeitung der Nachzulassungsanträge durch die Behörde: Bisher wurden im wesentlichen Monopräparate und teilweise Kombinationspräparate mit bis zu höchstens 4 arzneilich wirksamen Bestandteilen bearbeitet. Der allergrößte Teil der Bearbeitung von Kombinationspräparaten, und hiervon sind am meisten die Arzneimittel der besonderen Therapierichtung betroffen, steht noch aus, und hier sind zum Erhalt der Präparate sicherlich des öfteren die Eliminierung von Wirkstoffen oder die Anhebung der Menge der verbleibenden Wirkstoffe notwendig, Da erwarteten Monographien oder Muster nicht mehr erstellt werden konnten, die Aufbereitungs-Kommissionen mit der 8. AMG - Novelle abgeschafft wurden und jetzt zu erwartende Mängel bis zur 5. AMG - Novelle nicht erkennbar waren, müssen diese Änderungsmöglichkeiten erhalten bleiben. Anderenfalls würden die biologischen Arzneimittel - bedingt durch die dargestellte Vorgehensweise bei der Bearbeitung der Nachzulassungsanträge - in erheblichem Umfange und ungerechtfertigt benachteiligt und möglicherweise ihre Zulassungsfähigkeit verlieren.

4. Pragmatische Regelung für die Einreichung der "ex-ante-Unterlagen" (§ 105 Abs. 4a, 4b, 4c AMG)

Wie bereits ausgeführt, sehen wir grundsätzlich die Erfüllung der sog. ex-ante-Verpflichtung aufgrund der EU - Beanstandung als notwendig an.

Für die erforderliche Ersteilung der Dokumentation für Klinik und Pharmakologie/Toxikologie sowie der beiden Sachverständigengutachten ebenfalls für Klinik und Pharmakologie/Toxikologie erscheint jedoch die vorgeschlagene Frist von 6 Monaten unzumutbar. Insbesondere kleinere Unternehmen, die ein breites Sortiment an biologischen und Komplex-Arzneimitteln am Markt haben und für diese Nachzulassungsanträge gestellt haben, wären von derartigen Fristen überfordert. Damit würde im Grunde wiederum eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Marktbereinigung, insbesondere bei biologischen Arzneimittel, durchgeführt, und zwar für eine neue formale Anforderung, die die Unternehmen entgegen den Ausführungen in der Begründung nicht wissen konnten und nicht zu vertreten haben.

Vorschlag: Diese ex-ante-Unterlagen könnten beispielsweise zeitgleich mit der Bearbeitung des konkreten Arzneimittels durch die Behörde durch gestaffelte Taktaufrufe, wie dies ja auch bei der Einreichung der Nachzulassungsunterlagen erfolgte, angefordert werden. Für diese pragmatische Vorgehensweise spricht auch die Tatsache, daß das BfArM anscheinend nicht in der Lage sein wird, diese ex-ante-Unterlagen zum vorgeschlagenen Termin in Empfang zu nehmen, sondern mit dem Eingang, der Prüfung, der Dokumentation und Aufbewahrung ein externes Fremdunternehmen beauftragen will.

Zusammenfassung Im vorliegenden Entwurf der 10. AMG - Novelle sind nicht nur Regelungen enthalten, um der Beanstandung durch die EU - Kommission nachzukommen, sondern unter dem Argument einer angeblichen Beschleunigung der Nachzulassung werden viele Änderungen vorgeschlagen, die vor allem zu Lasten der biologischen Arzneimittel gehen würden. Diese von Novelle zu Novelle restriktiveren Regulierung werden von uns abgelehnt, da nicht diese, sondern nur eine geänderte und beschleunigte Arbeitsweise der Zulassungsbehörde die Nachzulassung in absehbarer Zeit zu einem positiven Abschluß bringen kann.

Diese Stellungnahme erfolgt sowohl im Namen der Arzneinnittel-Kommission der Deutschen Heilpraktiker als auch für "Die Deutschen Heilpraktikerverbände"

Dieter Fendt, Sprecher der AMK"

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Naturheilpraxis 12/99