TINNITUS

"Mal genau hinsehen, wie sich Hören begreifen lässt"

Überlegungen zur hypnotherapeutischen Behandlung des Tinnitus

von Hellmuth Schuckall


Nach neueren Untersuchungen leiden in der Bundesrepublik Deutschland etwa 15 Mio Menschen an Tinnitus, also an mehr oder minder ausgeprägt störenden Ohrgeräuschen. Die Zahl entspricht ungefähr dem Krankheitsstand von Diabetes mellitus. Es ist somit mit Fug und Recht von einer Volkskrankheit zu sprechen. Vorsichtige Zahlen gehen davon aus, dass jedes Jahr etwa 300.000 Neuerkrankungen hinzukommen.

Eine gewisse positive Einschränkung erfahren diese erschreckenden Zahlen durch den Umstand, dass etwa 50-60 % der Menschen, die von Tinnitus betroffen sind, sich durch ihr Ohrgeräusch nicht beeinträchtigt fühlen. Ein gewisser Anteil der Betroffenen leidet allerdings mehr oder minder schwer. Wie die Deutsche Tinnitus-Liga publiziert, sind etwa 600.000 bis 1 Mio von einer so schweren Form betroffen, dass dieses Symptom ihr Leben in geradezu imperativer Weise und außerordentlich weitgreifend bestimmt. Unter diesen Betroffenen sind nicht wenige Kinder und Jugendliche. Zum Verständnis dessen, was Tinnitus bedeutet, ist es notwendig, sich einmal die Pathophysiologie des Geschehens näher anzusehen.

Verantwortlich für die Entstehung des Tinnitus sind Schädigungen der Haarzellen in der Cochlea im Innenohr. Damit Ohrgeräusche überhaupt wahrgenommen werden, muss bereits eine Vielzahl von Haarzellen, bzw. eine vergleichsweise sehr große Anzahl der mit ihnen verbundenen Neuronen geschädigt sein. Eine solche Schädigung der Haarzellen bedingt, dass die Umwandlung der Schallwellen in elektrische Nervenimpulse nicht mehr regelrecht funktioniert. Es kommt dabei, quasi als "Residualzustand" zu spontanen fehlerhaften Impuls-Reaktionen, die der Hörnerv in ähnlicher Weise verarbeitet, wie wenn der Impuls durch tatsächliche Schallwellen initiiert worden wäre. Es ist also eine Entladungsstörung in Folge dieser Haarzellenschädigung eingetreten, die im Gehirn den Eindruck eines Schallereignisses macht, und durch diese Fehlübertragung die subjektive Wahrnehmung eines Klangerlebens suggeriert. Unter dieser "Fiktion" leiden die betroffenen Menschen. Anhand dieses Defektphänomens wird deutlich, dass Hören nicht nur ein einfacher Reiz-Reaktionsmechanismus ist, sondern diesem wesentlich komplexere Verarbeitungsstrukturen zugrunde liegen.

Töne, die vom Ohr aufgenommen werden, erfahren eine durchaus sehr selektive Wahrnehmung. Hören ist also nicht einfach das Aufnehmen eines Schallereignisses, sondern wird von einer Reihe seelischer Gestimmtheiten, von Erfahrungen, erlernten wie projizierten Empfindungen begleitet, die den wahrgenommenen Ton in außerordentlich unterschiedlicher Weise modulativ verarbeiten.

Man denke beispielsweise an das sanfte Atmen eines kleinen Kindes, das die Mutter im Nebenzimmer noch hört, selbst wenn das Geräusch durch den Straßenlärm so vordergründig ist, dass andere Familienmitglieder dies nicht wahrnehmen. Oder es wird beispielsweise eine Musik aus der Nachbarwohnung dann als angenehm oder beruhigend empfunden, wenn der Produzent einem sympathisch ist; umgekehrt, erlebt man die Musik als Krach oder regelrechte Belästigung, wenn die Person, von der die Klänge ausgehen, als weniger einnehmend empfunden wird. Das Gehirn moduliert verstärkt und modifiziert das, was wir hören, entsprechend der Bedeutung, die wir dem Gehörten gewohnt sind zuzuschreiben oder auch zuschreiben wollen. Dieser affektive Charakter des Hörens erklärt, warum ein Teil der Betroffenen seine Geräusche kaum wahrnimmt und ihnen damit auch wenig Bedeutung beimisst, während ein anderer Teil sich in zunehmendem Maße von diesen Geräuschen qualvoll beeinträchtigt empfindet. Die Lautstärke der Wahrnehmung ist ein Aspekt der wohl ausschließlich mit dieser affektiven Modulation zu tun, d.h. der Rückkopplung aus Wahrnehmung und Bedeutungszuschreibung zutun hat. Oder anders ausgedrückt, ob der Tinnitus oder sonst ein Geräusch als laut und damit unverträglich oder angenehm empfunden wird, hat entscheidend mit dessen emotionaler Zuschreibung und Verarbeitung zu tun. Es wäre sonst kaum erklärbar, dass junge Leute z.B. bei Heavy-Metal-Konzerten sich lustvoll und lange Lautstärken aussetzen, sich von diesen als stimuliert empfinden, die nahe an das Geräusch eines startenden Jets kommen. Das Schema (Abb. nächste Seite) verdeutlicht, wie komplex vernetzt dieser Vorgang des Hörens und seiner Verarbeitung stattfindet.

Wenn wir also davon ausgehen müssen, dass das Ohrgeräusch lediglich eine Art "Erlebnisplateau" darstellt, auf dem das eine Individuum kaum affektive Verbindungen herstellt, während das andere eine Vielzahl u.U. dramatischer Erlebnisse und Erfahrungen damit verbindet, kann man sich denken, dass die Symptome bei Tinnitus eben von "kaum merken" bis "so beeinflusst sein" reichen, dass die Grenze zur Suizidalität erreicht wird. Das Erleben ist durchaus vergleichbar mit dem Auftreten von Schmerzen. Zum Vergleich soll eine Brandwunde an einem Finger herangezogen werden. Ein Teil der Individuen bemerkt dies Brennen zwar, ist aber in der Lage, sich durch Alltagsgeschehen und anderweitige Aufmerksamkeit so weit in eine andere Richtung zu fokussieren, dass es das Geschehen zwar registriert, aber kaum als Schmerz wahrnimmt. Ein anderes Individuum fühlt sich von diesem Brennen in erheblichstem Maße beeindruckt und beeinflusst, und u.U. können diffuse Ängste, die aus einem anderen Bereich stammen, in der Lage sein, aus dem Ereignis einen wirklichen traumatischen Vorgang zu machen, bei objektiv gleicher Ausgangslage. Dies ist zwar in Bezug auf den Tinnitus zweifelsohne sehr vereinfacht, kann aber dennoch als Vorstellungsbild zum Verständnis des pathogenen Erlebens herangezogen werden. Das Beispiel hinkt allerdings dahingehend, als dass bei der Brandverletzung üblicherweise davon ausgegangen werden kann, dass sie nach spätestens ein, zwei Stunden nicht mehr wahrgenommen wird, weil sich die irritierten Hautnerven beruhigt haben. Beim Tinnitus ist dies anders, - Tinnitus, der wahrgenommen und als beeinträchtigend erfahren wird, löst einen komplexen Lernvorgang aus, der sich durch angstvolle Beobachtung und verstärkende Rückkoppelung aufschaukelt und zu einem immer eindrucksvolleren und seelisch beeinflussenden Erlebnis wird, weil der Ton, im Gegensatz zur Brandwunde, eben dann nicht mehr aufhört, sondern permanent bestehen bleibt. Man muss sich einmal vorstellen, dass ein solch bedauernswürdiger Patient, der an einer solch schweren Wahrnehmungsstörung seines Ohrgeräusches leidet, u.U. den Lärm eines startenden Flugzeugs ununterbrochen erlebt - Tag und Nacht, 24 Stunden, und das oft über Jahre. Aus so einem Erleben heraus ist es gut vorstellbar, dass diese Menschen sich in allerhöchstem Maße Gefühlen der Hoffnungslosigkeit und Depressivität ausgesetzt sehen und z.T. ihre gesamten Lebensumstände in Folge dieses Ohrgeräusches in Mitleidenschaft gezogen werden. Ganz zu schweigen von den negativen Begleitaspekten, die mit den Reaktionsweisen der Umwelt auf die chronischen Leiden verbunden sind, z.B. in der Partnerschaft und am Arbeitsplatz. Nicht selten führt ein so schwerer Tinnitus zu vorzeitiger Berentung und sozialem Abstieg oder auch Auflösung von Partnerbeziehungen.

Es besteht zum einen ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Erleben eines sich chronisch Ausgesetztsein-Empfindens und den Wechselwirkungen mit dem sozialen Umfeld, welche sich als vitiose Kreisprozesse symptomverstärkend installieren können und denen sich individuell eine Reihe psychosomatischer Reaktionsweisen hinzugesellen.

Wie beim chronischen Schmerz auch, kommt es durch ängstliche Beobachtung und der damit verbundenen muskulären Verspannung und Ruhigstellung zu einer weiteren Verschlechterung der Innenohr-Funktionen in Folge der Minderdurchblutung und Zunahme der Stoffwechselstörung, verbunden mit dem Hinzutreten weiterer somatischer wie seelischer Symptome, deren Gewahrwerden den Teufelskreis weiter aktiviert. Dabei darf auch nicht vergessen werden, dass die Erkrankung, - und hier ist die Ähnlichkeit zum Patienten mit chronischem Schmerz sehr evident, - u.U. zunehmend zu einem Kriterium wird, soziale Konflikte und Spannungen über das traumatische Geschehen mit dem Tinnitus abzufedern oder gänzlich auszublenden. So kann das Tinnitusgeschehen in zunehmendem Maße die Bedeutung einer sozialen Regelfunktion erhalten, z.B. in der Partnerschaft, wo Beziehungskonflikte durch die gemeinsame Fokussierung auf das quälende Geräusch "ausgeblendet" werden, was allerdings damit auch das Geräusch als "Regulator" aufrecht erhalten muss.

Aus dem Hinweis nun über die so individuelle Bedeutung der Wahrnehmung und den daraus folgenden Bearbeitungsmustern und Strategien eröffnet sich ein Verständnis, dass psychotherapeutische Maßnahmen, - und dabei ist insbesondere auch die Hypnotherapie ein geeignetes Mittel, - einen günstigen Ansatz für die Unterbrechung solch vitiöser Selbsterlebensstrukturen und Regelkreissysteme bilden. Zuvor jedoch sind die pathophysiologischen Prozesse genauestens abzuklären, und dies gilt in besonderem Maße für ein akutes Auftreten des Tinnitus. Beim Tinnitus ist ein mulitdisziplinärer Ansatz gefordert, wobei der Ausgangspunkt sicherlich die Konsultation eines HNO- Arztes ist.

Ursachen:

Im Nachfolgenden möchte ich kurz die Ursachenquellen und Erkrankungsbereiche streifen, die für die Entstehung von Tinnitus bedeutsam sind:

Chronische oder akute, sehr laute Lärmbelastung vermag allmählich bzw. auch akut den Haarzellapparat in der Chochlea zu schädigen. Da stehen für entsprechend exponierte Personen an erster Stelle die beruflichen Lärmquellen, z.B. bei Straßenarbeitern der ungeschützte Umgang mit dem Presslufthammer, Tätigkeiten im Schmieden etc.

Nicht zu unterschätzen ist die chronische und u.U. maligne Lärmexposition, denen sich junge Leute aussetzen, wenn sie über Stunden via Walkman im Ohr laute Musik konsumieren. Einen akute und ernstzunehmende Gefahrenquelle für einen akuten Tinnitus stellen Popkonzerte dar. Die Dauerbeschallung erreicht dabei anhaltende Spitzenwerte wie sie dem eines startenden Düsenflugzeugs entsprechen. Gottlob bildet sich ein nach einem solchen Konzert auftretendes Ohrgeräusch in den meisten Fällen innerhalb von Tagen wieder zurück. Es kann aber auch zu einem irreversiblen Tinnitus kommen. Den jüngeren Lesern dürfte das Symptom bereits bekannt sein, - nämlich das eigentümlich dumpfe, wattige Gefühl auf den Ohren, das verbunden mit dem singenden Ohrgeräusch und der leichten Hörminderung, ganz schön beunruhigend sein kann und den Betroffenen schon mal am Einschlafen hindern kann.

Die Silvesterfeuerwerke rekrutieren alljährig eine stattliche Anzahl neuer Patienten. Ein einziger Feuerwerkskörper, der nahe am Ohr explodiert, kann einen irreversiblen Tinnitus auslösen. Auch das sogenannte Hochzeitsschießen, wie es in Bayern gute alte Tradition ist, kann die akute Quelle für derartige Schädigung bedeuten.

Den zweiten Bereich, den man für die Entstehung einer Tinnitus-Symptomatik heranziehen muss, sind Krankheitszustände, die mit einer Minder-Perfussion des Innenohrs einhergehen können, wozu sowohl die Hypertonie als auch die ausgeprägte Hypotonie gehören können. Nicht selten ist bei der Abklärung eines Tinnitus die Diagnose Diabetes mellitus zu stellen. Es ist ja bekannt, dass die Diabetes-Erkrankung Gefäßlangzeitschäden bewirken und eben auch dann den Innenohr-Apparat betreffen.

Es kann durchaus sinnvoll sein, den Orthopäden zu Rate zu ziehen, denn eine Minder-Perfussion kann durch eine chronische Fehlstellung im HWS-Bereich einen sog. cervikogenen Tinnitus bedingen. Dort können entsprechende Interventionen, z.B. mit manueller Therapie, Chirotherapie, deutliche Verbesserungen mit sich bringen. Eng damit verknüpft sind auch orthopädische Probleme im Bereich des Kau-Apparates, wo der Zahnarzt oder Kieferorthopäde gefragt ist, weil nämlich Gebiss-Anomalien Spannungszustände erzeugen können, die sich deutlich auf die Durchblutung auswirken.

Eine klassische Quelle für das Entstehen von Tinnitus bildet die Otosklerose. Darunter versteht man eine Erkrankung der knöchernen Labyrinthkapsel, deren Genese bis heute noch ungeklärt ist. Dabei ist der Tinnitus mit einer zunehmenden Schwerhörigkeit verbunden. Die Symptomatik beginnt mit eben einer klassischen Schallleitungsstörung, was etwa 80 % der Betroffenen ausmacht, und nur zu einem geringen Teil gibt es sog. gemischte Schallleitungs-Schallempfindungsstörungen. Nur ein ganz geringer Anteil, etwa 5 %, machen reine Schallempfindungsstörungen aus. Wie schon erwähnt, kommt es eben zu vorschreitender Schwerhörigkeit, zu Beginn oft einseitig, später dann aber in der Regel auf beiden Ohren. Das Ohrgeräusch tritt als konstantes Phänomen auf. Die Erkrankung betrifft in der Regel ältere Menschen, es können aber auch schon jüngere Individuen davon betroffen sein. Bei der Otosklerose handelt es sich um eine Mineralisations- und Knochen-Stoffwechselstörung, wobei es zu einer forcierten enzymatischen Aktivität in den mesenchymalen Zellen der Labyrinthkapsel kommt, die zu entsprechenden morphologischen Veränderungen führt. Erwähnenswert dabei ist, dass die operativen Versuche, dieser Krankheit entgegenzutreten, oft dazu beitragen, den Tinnitus erst wirklich zu entfachen.

Das Symptom einer einseitig fortschreitenden Schwerhörigkeit oder eines rezidivierenden einseitigen Hörsturzes, dabei vergesellschaftet auch mit Tinnitus, muss den Diagnostiker an ein Akkustikus-Neuronom denken lassen. Symptomatisch ist neben den Ohrengeräuschen und der Hörabnahme, bzw. dem Hörsturz, auch das Auftreten von Gleichgewichtsstörung und Schwindel sowie Begleitsymptomen im Sinne von neurologischen Ausfällen der entsprechenden Hauptäste des Nervus vestibuli zu diagnostizieren. Beim Akkustikus-Neuronom handelt es sich um eine gutartige Geschwulst, die von den Schwannschen Zellen des Neurilems ausgeht.

Die Begleitsymptome hängen sehr von der Lokalisierung ab. Nicht vergessen werden darf ein Hinweis auch auf die Möglichkeit toxischer Innenohrschäden, die durch eine Reihe von Medikamenten verursacht werden und die ebenfalls mit Tinnitus als Symptom auftreten können, z.B. hohe Dosen von Acetylsalicylsäure.

In der Aufzählung der klassischen Verursachungserkrankung für einen Tinnitus darf selbstverständlich der Morbus Ménière nicht fehlen. Hier tritt das Ohrensausen vergesellschaftet mit Schwerhörigkeit und dem Leitsymptom Schwindel anfallsweise auf. Schließlich ist noch auf ein, wie man heute vermutet, psychosomatisches Reaktionsmuster zu verweisen, nämlich den Tinnitus in Zusammenhang mit dem Hörsturz. Darunter ist zu verstehen, dass aus scheinbar völliger Gesundheit heraus plötzlich ein einseitiger Hörverlust auftaucht, der von geringer Höreinschränkung bis zur schlagartigen völligen Ertaubung reichen kann. Tinnitus ist dabei etwa in zwei Drittel der Fälle obligat. Viele der betroffenen Patienten wachen morgens auf und nehmen die Symptome des Hörsturzes wahr.

Eigenartigerweise tritt er häufig linksseitig auf. Die Ursache ist wahrscheinlich eine Mikro-Zirkulationsstörung, die zu einem Vestibularis-Ausfall führt. Verschärft wird die ohnedies bedrohliche Situation eines plötzlichen Ausfalls des Gehörs durch den in seiner Begleitung meist heftig auftretenden Tinnitus, was den Patienten nicht selten in einen heftigen Angst- und Unruhezustand versetzen kann, wie man sich gut vorstellen kann.

Die eingangs erwähnten Reaktionsmuster und Verarbeitungsmodi sollen nunmehr unter dem Blickwinkel der innerseelischen Verarbeitungsdynamik präzisiert werden.

Die Wahrnehmung des Ohrgeräusches, die in wesentlichen Maßen durch emotionale Faktoren moduliert auftritt, fokussiert Angst und Bedrohung auf dieses Erleben, hält den Patienten somit mit seiner gesamten Aufmerksamkeit an das Symptom fixiert. Ziemlich rasch tritt die Befürchtung auf, dass sich Tinnitus verschlimmern könne, und dass er nicht mehr zum Verschwinden gebracht werden könne. Alle Gedanken und Vorstellungen kreisen zunehmend um dieses Geräusch, das sich offenbar immer mehr und mehr verstärkt. Es entsteht eine Art Katastrophenstimmung, die sich auch auf andere Aspekte des Selbsterlebens auswirkt. Hinzu kommen eine ganze Reihe von psychosomatischen Symptomen, wie Appetitverlust, Essstörungen, Libidoverlust. In Folge der Schlaflosigkeit entwickeln sich chronische Müdigkeit und muskuläre Verspannung, was gleichfalls dazu beiträgt, die Empfindungen von Hoffnungslosigkeit und Angst weiter zu fördern. Es ist gut vorstellbar, dass Personen, zu deren seelischer Ausstattung eine leichte Auslösbarkeit von depressiven, angstbestimmten oder auch psychosomatischen Reaktionen gehören, von dieser Dysfunktion in wesentlich intensiverem Maße beeinflusst und bestimmt werden, als dies mit vergleichsweise seelisch stabilen und gesunden Individuen geschieht. Menschen, die sich in ihrem Selbstwertempfinden und ihrem seelischen Erleben als stabil, gut abgegrenzt und in adäquater Weise aggressionsfähig erleben, d.h. die auf sie eindringende alltägliche Grenzüberschreitung, Bedrohungen, Kränkungen, Entwertungen etc. in adäquater Weise abwehren und sich davon distanzieren können, sind von dem Ohrgeräusch weit weniger subjektiv beeinflussend betroffen, als dies bei Menschen der Fall ist, die auf diesen Ebenen Probleme haben. Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass die therapeutische Zielebene, das Akutgeschehen selbstverständlich ausgenommen, weniger das Ohr ist, als vielmehr die Betrachtung und positive Beeinflussung der seelischen Dimensionen und es um Lösungen von Konflikten und Problemkreisen zu gehen hat, damit der Teufelskreis durchbrochen wird. Nachdem konfliktspezifische Therapieansätze, seien sie tiefenpsychologisch orientiert, verhaltenstherapeutisch oder nach ähnlichen Konzepten ausgerichtet, einen doch erheblichen Zeitrahmen in Anspruch nehmen, bis sich Erleben und Verhalten soweit haben verändern und stabilisieren lassen, dass sich eine Verbesserung eingestellt hat, erscheint es notwendig, dem Patienten effektive Akutmaßnahmen zuteil werden zu lassen. Hierbei ist die Zielsetzung insbesondere im Versuch zu sehen, dem Patienten in diesem Zustand bedrohlicher Passivität wieder ein Stück Autonomie und damit Selbst-Kontrolle zu ermöglichen. Eine Autonomie, die mitunter eine aufdeckende bzw. verhaltensmodifizierende Psychotherapie erst ermöglicht.

Für diesen notwendigen, initialen Schritt bieten sich hypnotherapeutische Verfahren an; wobei der Fokus eben auf der Wiederherstellung der Selbstintegrität liegt, d.h. die Förderung der Autonomie und aktiven Distanzierungsfähigkeit von der bedrohlichen Geräuscheinwirkung hat im Vordergrund zu stehen. Aus diesen Überlegungen heraus müssen hypnotherapeutische Ansätze im Prozess letztlich das Ziel haben, die notwendige Ebene von passiver Suggestion nur zum formalen Einsteig zu nutzen, um dann dem Patienten zu Autosuggestions-Techniken und Erfahrungen zu verhelfen, die es ihm ermöglicht und ihn in die Lage versetzt, Kontrolle über das bedrohliche Geschehen in seinem Kopf zu erlangen.

Um dem Leser und möglicherweise auch dem betroffenen Patienten einen Eindruck zu geben, wie der Erlebnisraum, in dem Geräusche auftreten, in doch sehr unterschiedlicher Weise verarbeitet und integriert werden kann, sei an dieser Stelle ein Erlebnis Milton Ericksons zitiert, das aus dem Buch "Erickson/ Rossi- Hypnotherapie", Kapitel 5 entnommen wurde.

Diese kurze Geschichte macht doch sehr deutlich, wie sehr eine spezielle Gestimmtheit, eine entsprechende positive Intention, ein spezifisches Interesse, das in einen anderen Bereich fokussiert ist, ein so martialisches Geräusch gänzlich ausblenden kann. Der letzte Satz des Zitates "Sie hören ein Klingen in Ihren Ohren, aber sie haben nicht daran gedacht, sie so einzustellen, dass sie das Klingen nicht hören," - kann geradezu als programmatische Headline über all dem stehen, was sich hypnotherapeutische Verfahren zum Ziel setzen. Wesentliche Voraussetzung für die Erwartung des Therapeuten, wie auch vor allen Dingen die des Patienten, ist die grundsätzliche Aussage, dass es nicht darum gehen kann, den Tinnitus zu eliminieren, das ist nicht möglich. Es ist wichtig, dem Patienten klar zu machen, dass der Tinnitus bleiben wird, aber dass es sehr wohl möglich sein wird, die Erscheinungen und Beeinträchtigungen so zu verbessern, dass die Ohrgeräusche ihren Schrecken verlieren, sich damit die Lautstärke verringert, und sich die individuelle Wahrnehmung verändert. Es ist nicht nur für den Patienten, sondern auch für den Therapeuten wesentlich, sich diesen Umstand klar zu machen, um nicht ein Erwartungssystem zu installieren, das in aller Regel nicht eingelöst werden kann.

Zitat:
"...Ich werden Ihnen jetzt eine Geschichte erzählen, damit Sie besser verstehen. Wir lernen Dinge auf sehr ungewöhnliche Weise, eine Weise, von der wir nichts wissen. In meinem ersten Jahr in der Universität kam ich im Sommer an einer Kesselfabrik vorbei. Die Belegschaft arbeitete in 3 Schichten gleichzeitig an 12 Dampfkesseln. Die Luft war vom Getöse der Presslufthämmer erfüllt, die Nieten in die Kessel schlugen. Ich hörte diesen Lärm und wollte herausfinden, was das war. Als ich erfuhr, dass es eine Kesselfabrik war, ging ich hinein, aber ich konnte niemanden reden hören. Ich sah, dass die Arbeiter miteinander redeten. Ich sah, dass sich die Lippen des Vorarbeiters bewegten, aber ich hörte nicht, was er zu mir sagte. Er hörte, was ich sagte. Ich ersuchte ihn, mit mir nach draußen zu kommen, damit ich mit ihm reden konnte.

Und ich bat ihn um Erlaubnis, eine Nacht in meine Decke gewickelt, auf dem Boden der Werkhalle schlafen zu dürfen. Er meinte, ich hätte nicht alle Tassen im Schrank. Ich erklärte ihm, dass ich Medizin studieren wollte und mich für Lernprozesse interessierte. Und er erlaubte mir, mich in meine Decke zu wickeln und auf dem Fußboden zu schlafen. Er erklärte das allen Männern und hinterließ eine Erklärung für die Leute von der nächsten Schicht. Am nächsten Morgen wachte ich auf. Ich hörte, wie die Leute über den bescheuerten Jungen redeten. Wozu schlief er da auf dem Fußboden? Was glaubt er, da lernen zu können? Ich hatte in dieser Nacht im Schlafe den ganzen schrecklichen Krach der 12 oder noch mehr Presslufthämmer ausgeblendet und konnte jetzt Stimmen hören. Ich wusste, dass es möglich ist, nur bestimmte Geräusche hören zu lernen, wenn man seine Ohren entsprechend darauf einstellt. Sie hören ein Klingen in Ihren Ohren, aber sie haben nicht daran gedacht, sie so einzustellen, dass sie das Klingen nicht hören."
Zitat Ende.

Es ist sinnvoll, den Patienten vor Beginn jeder Therapiemaßnahme mit den beschriebenen Störungs- und Krankheitstheorien bekannt zu machen. Die beiliegende Auflistung kann dem Therapeuten dabei durchaus hilfreich sein.

Gröner-Herweg hat diese Hauptziele einer Tinnitus-Therapie hierfür zusammengefasst:

Hypnotherapeutische Interventionen haben den Sinn, für den Patienten Ressourcen zu aktivieren, Bewältigungsstrategien in Gang zu bringen und dem Betroffenen erlebbar zu machen, dass er selbst in der Lage ist, seine bisherigen angstmachenden Wirklichkeitskonstruktionen durch adäquatere zu ersetzen. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass die Hypnotherapie zwar durchaus erfolgreich im Umgang mit der primären Bewältigung des Tinnitus sein kann, eine weiterführende konfliktzentrierte und/oder aufdeckende Therapie deswegen keineswegs ersetzt.

Im Nachfolgenden soll anhand einer konkret durchgeführten hypnotherapeutischen Instruktion zur Selbsthypnose ein Einblick in die Möglichkeiten der Etablierung solch eines Korrektursystems vermittelt werden. Bei der praktischen Durchführung einer hypnotherapeutischen Intervention/Anleitung zur Selbsthypnose ist es wesentlich, sich und dem Patienten klar zu machen, dass der Tinnitus eine Störung der Aufmerksamkeit darstellt. D.h. die Aufmerksamkeit ist maximal auf einen Sinneskanal fokussiert, während andere Sinneskanäle weit weniger berücksichtigt oder sogar gänzlich vernachlässigt werden. Um eine erfolgreiche Veränderung in Gang zu bringen, muss der therapeutische Blick darauf liegen, die übrigen Sinneskanäle intensiv zu aktivieren, die in Folge der Symptomatik vom Patienten bisher logischerweise ja unterrepräsentiert erlebt wurden. Wenn also, wie beim Tinnitus, das auditive System bisher maximal und einseitig benutzt wurde, ist es naheliegend, den therapeutischen Ansatz auf die anderen Sinne zu fokussieren und diese als intensives Erleben etablieren zu helfen. D.h. nicht unbedingt, dass nicht ebenfalls der auditive Bereich genutzt werden kann, es erfordert aber viel Geschick, die vorherrschende Fixierung auf das Ohrgeräusch durch ein anderes, gleichermaßen affektiv intensives Hörerleben zu ersetzen.

Im nachfolgenden Beispiel soll demonstriert werden, wie ohne Ausblendung des akustischen Kanals andere Sinneskanäle verstärkt in den Vordergrund gebracht werden können.

Vorgehen:

Der Patient wird aufgefordert, die Lautstärke seines Tinnitus in Prozenten auf einer Skala von 0 bis 100 zu quantifizieren. Dabei ist es wichtig, dass der Patient und der Therapeut sich ausreichend Zeit dafür nehmen, diesen Ist-Wert zu überprüfen und u.U. zu diskutieren, um ihn dann als sicher für die Ausgangssituation bezeichnen zu können.

Nach einer formalen Trance-Induktion, entweder vom Therapeuten aktiv induziert, oder nach Aufforderung vom Patienten (die bisherigen Erfahrungen mit aktiver Entspannung, Autogenem Training etc. hierbei nutzend), könnte die Übung beginnen.

Der Gebrauch von ideomotorischen Signalen. z.B. Fingerzeig etc., ist ein hervorragendes Mittel, nicht nur um die Veränderung zu verankern, sondern um jeweils eine stimmige Rückmeldung zu erhalten, die der wechselseitigen Feinababstimmung dient und damit das Ergebnis in hohem Maße zu verbessern hilft. Falls der Patient noch keine Erfahrungen mit Hypnotherapie hat, sollte der unmittelbaren Vorbesprechung eine Einführung in Trance-Erleben und Abklärung evtl. Befürchtungen bezüglich Hypnose sowie eine Erklärung der ideomotorischen Signale vorausgehen.

Nachdem sich der Therapeut mittels ideomotorischem Signal davon überzeugt hat, dass eine entsprechende Trance in Gang gekommen ist, könnte z.B. nun der folgende Text ablaufen, der selbstverständlich nur als eine Anregung zu verstehen ist und in jeder Weise modifiziert und der individuellen Lebenssituation und den Bedürfnissen des Patienten angepasst werden kann.

Text:
"Ich möchte Sie nunmehr bitten, sich genau diese Skala vorzustellen, ... die Skala, die Werte von 0 bis 100 zeigt. Lassen Sie sich Zeit, Ihre Skala zu finden. Jeder Mensch hat da so seine eigene Skala, auf der die Dinge eingestellt und verändert werden können... Vielleicht gönnen Sie sich erst noch mal ein paar tiefe, ruhige Atemzüge und sehen, was ganz von alleine passiert, ohne dass Sie was dazu tun müssen,... während Sie tief atmen und sich Wohlbefinden einstellt, - auch wenn Sie das zuerst noch gar nicht wahrnehmen brauchen, der Körper weiß bereits das angenehme Gefühl zu genießen.

Und wenn diese Skala vor Ihrem inneren Auge plastisch entstanden ist und sich Ihnen zeigt, dann geben Sie mir ein Zeichen, dass ich weiß, dass Sie soweit sind, es vor Ihrem inneren Auge zu sehen".

Nun lässt sich der Therapeut in der Trance diese Skala aufs genaueste beschreiben, die Art der Skalierung, die Farben, das Material etc. Es ist ganz wichtig, dass diese Skala in allen Details und in ganz plastischer Weise auftaucht. Wenn der Patient seine Skala genau vor sich hat, wird er gebeten, den Regler zu sehen, der an dieser Skala angebracht ist; der Regler, der sich bewegen lässt und mit dem auf dieser Skala die Lautstärke des Ohrgeräusches einzustellen ist. Es ist wiederum ganz wichtig, sich viel Zeit dafür zu lassen, diesen Regler, sein Aussehen, seinen Wirkungsmechanismus beschreiben zu lassen, seine Größe, den Ort, wo er angebracht ist, wie schwer oder leicht er zu bewegen ist, und wie sich die Werte mit Hilfe dieses Reglers auf der Skala verändern lassen etc. Im nächsten Schritt wird nun der Patient aufgefordert, den Regler probeweise mal zu betätigen und dann wieder mit Fingerzeig zu bestätigen, dass der Regler funktioniert.

Text:
"Nun bitte ich Sie, mit dem Regler ein bißchen zu spielen, ihn zu erproben. Drehen Sie doch mal an der Schraube. Ich weiß nicht, wie Ihr Regler funktioniert, aber vielleicht ist es so, wenn Sie ihn ein wenig nach links drehen, dann geht der Anzeiger auf der Skala nach unten in Richtung auf die 0, wo es leiser wird,.. und wenn Sie ihn nach rechts drehen, dann geht der Zeiger nach oben, in Richtung auf die 100. Probieren Sie das mal ein klein bißchen aus (Rückmeldung). Und nun bitte ich Sie,- wenn Sie das probiert haben (Fingerzeig abwarten), den Regler auf einen für Sie wirklich guten Wert einzustellen, einen Wert, mit dem Sie gut mit Ihrem Ohrgeräusch leben könnten. Lassen Sie sich auf jeden Fall ganz viel Zeit hierfür,.. regeln Sie es in dem Maß, wie es Ihnen entspricht, nach Ihrer Geschwindigkeit.. Überprüfen Sie erst mal, wie leicht oder schwer der Knopf geht. Versuchen Sie mal, wie das geht, daß sie den Knopf nach unten drehen, zu dem Wert hin, der für Sie gut ist, Ihren Wert den Sie nach unten stellen, einstellen, angenehm regulieren".

Wieder ist es wichtig, sich mit Fingerzeig den Vorgang bestätigen zu lassen.

Text:
"Wenn Sie soweit sind, dass Sie den Regler auf den Wert gestellt haben, der für Sie gut auszuhalten, für Sie komfortabel ist, dann sagen Sie mir bitte, wo die Marke/Zeiger etc. jetzt steht".

Wieder ist wichtig, den Patienten zu ermutigen, diesen Versuch zu unternehmen, sich dabei wirklich viel Zeit zu lassen und auftretende Schwierigkeiten sorgsam zu begleiten und fürsorglich abzuwarten, bis der Patient sich in der Lage sieht, seinen "guten" Wert einzupegeln. Danach wird der Patient aufgefordert, den Prozentwert auf seiner Skala genau zu bezeichnen und dabei genau hinzusehen, wo auf der Skalierung dieser Wert nun eingestellt ist, wieviel Prozent auf der Skala der Wert ausmacht.

Text:
"Nachdem Sie Ihr Ohr jetzt auf die ....Prozent eingestellt haben, prüfen Sie noch mal ganz genau, ob das auch der richtige Wert ist. Wenn Sie mit diesem Wert, Ihrer Pegelmarke so einverstanden sind, lade ich Sie ein, ein kleines Experiment mit mir zu machen, wo Sie sehen können, wie gut sich das Geräusch einstellen lässt. Ich möchte Sie bitten, das Reglerrad nun ganz langsam und vorsichtig in die andere Richtung zu drehen, den Regler ganz langsam nach oben zu drehen, bis Sie so in einen Bereich kommen, wo es anfängt, wieder unangenehm zu werden. Schauen Sie mal, ob das geht".

Wieder sich mit ideomotorischem Signal die beginnende Veränderung anzeigen zu lassen.

Es ist wiederum wichtig, sich genau diesen Einstellungswert beschreiben zu lassen, und sich, falls der Patient Widerstand dagegen hat, ihn zu ermutigen, es in ganz ganz kleinen Schritten nochmals zu versuchen, mit dem Hinweis, dass der Regler selbstverständlich wieder nach unten gedreht werden kann, um vielleicht nach einer kleinen Pause es nochmals zu versuchen.

Text:
"Wenn Sie nun soweit sind, dass Sie den Regler langsam aufdrehen nach oben hin, wenn Sie dabei sind, den Ton lauter werden zu lassen, ihn höher einzustellen, sagen Sie mir, wo Sie da gerade jetzt sind. (Wichtig ist, sich viel Zeit zu lassen.) Wenn Sie diesen Ton erreicht haben, wenn es anfängt, unangenehm zu werden, dann sagen Sie mir, wo das ist und beschreiben Sie mir die Position auf der Skala, diesen Wert".

Nun ist es besonders wichtig, sich ganz ausführlich und aufs genaueste diesen guten Wert beschreiben und mit ideomotorischem Fingerzeig bestätigen zu lassen. Es kann der "gute Wert" auch mit Fingerschluss als posthypnotische Verankerung fixiert werden.

Text:
"Nachdem Sie nun diesen unangenehmen Wert gefunden, bestimmt haben, bitte ich Sie, nun ganz langsam und bedächtig und in der Weise, wie es für Sie stimmt und Ihrem inneren Tempo entspricht, wieder in Richtung auf den Wert zu drehen, ihn dort einzustellen, wo es für Sie gut und wirklich angenehm ist, den Wert, mit dem Sie gut leben können. Wenn Sie an der Stelle angekommen sind, dann kann der Finger mir wieder ein Zeichen geben".
Damit kann die Übung abgeschlossen werden.

Es ist wichtig, eine solche oder ähnliche Übung mit dem Patienten zusammen so gut einzuüben, dass sie in Zukunft als Selbsthypnose-Anleitung sicher und gut praktikabel durchgeführt und genutzt werden kann. Der Patient erfährt in dieser Weise, dass er in der Lage ist, die Lautheit seines Geräusches und damit die Wahrnehmungsqualität aktiv zu verändern. Infolge der Möglichkeit, dass der Ton schwankt, durch Initiative und eigene Kraft modulierbar wird, löst sich die angstvolle Vorstellung, es könnte immer schlimmer werden und dabei schließlich vollständiger Kontrollverlust eintreten.

Eine Vielzahl von Patienten erlernen mit einer derartigen Technik ihr Ohrgeräusch fast vollständig auszublenden, leiden nicht mehr darunter. Andere sprechen auf solche Angebote und Unterweisungen nur unzureichend oder gar nicht an. Die Gründe hierfür sind vielgestaltig,- mangelndes technisches Geschick des Therapeuten, unzureichende wechselseitige Abstimmung etc. kommen hierfür genauso in Frage wie der spontan weniger gut korrigierbare Aspekt einer komplexen neurotischen Störung, wie auch die schon oben genannte, systemische Regulierungsfunktion des Symptoms bei der Ausblendung grundsätzlicher Konflikten in Partnerschaft, Familie und Beruf. Es ist also stets zu prüfen, ob nicht eine konsequente Langzeitpsychotherapie notwendig wird, um eine langfristige und nachhaltige Stabilisierung erzielen zu können.

Post scriptum: Mit engagiertem Nachdruck verweise ich auf die gemeinnützige Tinnitus-Selbsthilfe-Organisation DEUTSCHE TINNITUS-LIGA e.V. (DTL), die Betroffenen und Therapeuten mit kompetentem Rat und qualifizierter Information behilflich sein kann. Hauptsitz ist in 42353 Wuppertal, Postfach 210351, Tel. 0202- 246520, Internet: www.Tinnitus-liga.de

Literatur:

Anschrift des Verfassers:
Dr. Hellmuth Schuckall
FA für psychotherapeutische Medizin
Psychotherapie - Psychoanalyse - Naturheilverfahren
Nördl. Auffahrtsallee 62
80638 München



Zurück zum Inhaltsverzeichnis / Zum nächsten Artikel

 

 

Naturheilpraxis 11/99