SPEKTRUM DER NATURHEILKUNDE

Akupunktur - Der Stich gegen den Schmerz

von Susanne Dürrfeld-Flügel

Historisches

Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen der Akupunktur und der Moxibustion gehen bis 2000 Jahre vor Christi Geburt zurück. Sima Qian berichtete erstmals in den "Aufzeichnungen der Historiker" von Steinnadeln, die therapeutisch eingesetzt wurden. Inzwischen weisen neuere Grabfunde auf eine noch ältere Anwendung der ursprünglichen Akupunktur hin: Möglicherweise wurden bereits vor 4000 bis 6000 Jahren Nadeln angewendet. Neben Steinnadeln wurden in früheren Zeiten auch Bambussplitter verwendet.

Das älteste medizinische "Standardwerk", der "Innere Klassiker des Gelben Fürsten" (Huangdi Neijing), das zwischen dem 2. Jahrhundert vor Christus und dem 2. Jahrhundert nach Christus zusammengestellt wurde, bettet die Akupunktur erstmals in die gesamte chinesische Medizin ein. Dort werden die wichtigsten Leitbahnen, verschiedene Nadeln (auch Metallnadeln), Stichtechniken und Indikationen für die Anwendung bestimmter Akupunkturpunkte beschrieben. Auch sind dort 160 klassische Punkte aufgezeichnet. Die früheste Erwähnung von Beifuß (Artemisia vulgaris) zur Wärmebehandlung der Akupunkturpunkte (Moxibustion) findet sich im 4. Jahrhundert v. Chr. bei dem Philosophen Mengzi. Das erste Werk, das eine klare Terminologie, eine sorgfältige topologische Beschreibung der einzelnen Akupunkturpunkte und systematische Hinweise auf ihre Wirkung enthält, ist der "Systematische Aku-Moxi-Klassiker" (Zhenjiu jiayi jing) von Huang Fumi (215 - 282 n. Chr.). Die Anzahl der klassischen Akupunkturpunkte war hier auf bereits 349 angewachsen. Im Laufe der Jahrhunderte wuchs das Wissen um weitere wichtige Zusammenstellungen und Neubewertungen des gesamten Gebietes der Akupunktur und Moxibustion. Da der Buchdruck in China schon im 10. Jahrhundert verbreitet war (Gutenberg erfand den Buchdruck erst im 15. Jahrhundert), führte dies schon früh zu einer raschen Entfaltung und Verbreitung der Wissenschaften. Zwei lebensgroße Bronzefiguren aus dem Jahr 1027, auf denen alle Leitbahnen inklusive daraufliegender Akupunkturpunkte verzeichnet waren, belegen eindrucksvoll, wie Medizinschülern diese Kunst gelehrt wurde.

Ein Werk, das bis in die Neuzeit nicht mehr an Übersichtlichkeit, Geschlossenheit und Schlüssigkeit übertroffen werden konnte, ist das bereits 1601 (!) erschienene "Summe der Aku-Moxi-Therapie" von Yang Jizhou.

Während in China schon seit Jahrtausenden die Akupunktur ihre Anwendung fand, wurde in Europa das Stechen mit Nadeln zu therapeutischen Zwecken erstmals 1657 durch den Holländer De Bondt erwähnt. Erst ein Viertel Jahrhundert danach, nämlich 1683, verfasste Willem Ten Rhyne, der als Arzt bei der Ostindischen Handelskompanie tätig war, einen eingehenden Bericht. Er beschrieb als erster Europäer von den klinischen Wirkungen der Nadelstiche. Er war es auch, der den Begriff der Akupunktur einführte.

Zur ersten deutschsprachigen Veröffentlichung kam es dann 1824. Zu den wenigen Praktikern in Deutschland gehörte der Berliner Arzt und spätere Hofmedicus Heinrich Sabatier von Michaelis. Er beschrieb die positive Wirkung der Akupunktur bei rheumatischen Erkrankungen. Doch für die westliche wissenschaftsorientierte Medizin fehlte das Bezugssystem. Hier eine traditionelle, über Jahrtausende durch Erfahrung gewachsene Therapieform - dort eine kausal-analytische Wissenschaft: dies ließ sich schon damals nicht vereinen.

Die westliche und die chinesische Medizin

Energetische Grundbegriffe

Akupunktur und Schmerz

Forschung

Studien

Akupunktur lindert Bewegungsschmerz

Weitere Studien

Zusammenfassung

Man hat in mehreren Studien festgestellt, dass anscheinend nur die Verwendung der klassischen Akupunkturpunkte und ihre regelgerechte Anwendung zu positiven Ergebnissen führt. Die "falsche Akupunktur", also die Verwendung von nicht klassischen Hautarealen, zeigte lediglich Wirkungen im Placebo-Bereich. Die Studien zeigen aber auch die deutlich positiven Ergebnisse einer nicht-medikamentösen Behandlungsweise auf, wohl gerade auch in höheren Chronifizierungsstadien.

Um das Thema östliche und westliche Medizin nochmals aufzugreifen: Die im Westen häufig praktizierte Akupunktur hat sich oft weit von der ursprünglichen entfernt. "Unsere" Form der Akupunkturtherapie fußt auf der westlichen Sicht der Welt: die Reduktion komplexer Phänomene auf messbare Daten. Nur Wirkungen, die messtechnisch erklärt werden können oder einem neuro-physiologischen Modell gehorchen, erscheinen akzeptabel. Andere Beobachtungen werden oft und gerne in den Bereich der Fabel verwiesen. Aber die jahrtausendlange Erfahrung der chinesischen Ärzte und die positiven Ergebnisse des medizinischen Alltags verleihen diesem System Glaubwürdigkeit.

Anmerkungen:

1Der lange Weg zur Anerkennung durch die Schulmedizin. In: Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 30 (26.7.1996), S. A-1951
2 Pothmann, Raymund (Hrsg.): Systematik der Schmerzakupunktur. Stuttgart, 1996.
3 ebd.
4 ebd. S. 16 ff
5 Akupunktur bei Schleudertrauma verkürzt die Therapie um ein Drittel. Aus: Ärzte Zeitung vom 13.01.1999
6 Akupunktur lindert Bewegungsschmerz. Aus: Ärzte Zeitung vom 7.5.1999
7 H.P. Ogal, M. Elies, H.F. Hergert: Schmerzen des Bewegungsapparates. In: Systematik der Schmerzakupunktur, S. 64 ff
Der lange Weg zur Anerkennung durch die Schulmedizin. In: Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 30 (26.7.1996), S. A-1951

Anschrift der Verfasserin:


Susanne Dürrfeld-Flügel M.A.
Nördliche Auffahrtsallee 62
80638 München

Diesen Beitrag in vollem Umfang finden Sie in 'Naturheilpraxis' Nr.10/99.

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