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Neue Erkenntnisse zum Metabolismus von Vitamin E

Natürliches oder synthestisches Vitamin E?

von Jens Bielenberg

Trotz intensiver Forschungsarbeit zum Thema Vitamin E besonders in den letzten Jahren seit der Entdeckung im Jahre 1926 durch Bishop und Evans (Universität Berkeley-USA) weiß man relativ wenig über den Metabolismus der Tocopherole. Auf der jüngsten Arbeitstagung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. im Oktober 1998 wurde ein neuer Vitamin E-Metabolit vorgestellt, der im Urin ausgeschieden wird, wenn ein bestimmter Plasmaspiegel oder eine bestimmte Aufnahme von Alpha Tocopherol überschritten wird. Dieser Metabolit liefert Informationen über den Versorgungsstatus mit Vitamin E. Ferner wurden neue Erkenntnisse über die Bioverfügbarkeit natürlicher und synthetischer Tocopherole veröffentlicht.

Allgemeine Grundlagen:

Nomenklatur: Tocopherole bestehen aus einem Chroman-Ring und einer Seitenkette, die aus 3 Isopren-Molekülen aufgebaut ist. Die einzelnen Tocopherole unterscheiden sich durch die Anzahl und Stellung der Methylgruppen am Chromanring, was zu einer unterschiedlichen Vitamin E-Aktivität führt. Im Allgemeinen versteht man unter Vitamin E das natürlich vorkommende D-alpha- bzw. DL-alpha-Tocopherol und seine Ester. Der wirksame Bestandteil wird folgendermaßen bezeichnet (2R, 4R, 8R) = RRR alpha-Tocopherol (D-Alpha-Tocopherol), (2'RS, 4'RS, 8'RS) = all-rac-alpha-Tocopherol.

Für die Supplementierung wird Vitamin E einmal in der natürlichen Form angeboten (RRR-Alpha-Tocopherol) und zum anderen als synthetisches Präparat (all rac-alpha-Tocopherol). Das natürliche alpha-Tocopherol besteht aus nur einem Stereoisomeren, während das synthetische alle acht möglichen Stereoisomere des alpha-Tocopherol enthält. Das natürlich vorkommende alpha-Tocopherol gehört der D-Reihe an und hat die höchste Vitamin-E-Wirksamkeit.

Für eine optimale Resorption ist das Vorhandensein von Gallensaft und Pankreassaft erforderlich. Mittelkettige gesättigte Fettsäuren verbessern die Resorption, mehrfach ungesättigte setzen sie herab.

In der Leber existiert ein Protein, das alpha-Tocopherol-Transferprotein, (a-TTP), das spezifisch die RRR--Form des Tocopherols selektioniert und für den Einbau in die VLDL bereitstellt. Ferner besitzen die natürlichen Tocopherole besondere Vorteile hinsichtlich der Stereochemie des natürlichen Phytolrestes gegenüber seinen synthetischen Varianten, die eine bessere Resorption ermöglichen. Schon 1982 konnten Hung und Mitarbeiter nachweisen, daß nach oraler Verabreichung des natürlich vorkommenden D--Tocopherol der Tocopherolgehalt in Leber, Nieren und Milz während der ersten vier Stunden 2-3mal so hoch war wie nach Verabreichung der gleichen Dosis synthetischen DL--Tocopherols. Zahlreiche weitere Arbeitsgruppen bestätigten diese Beobachtung. Neue Analysentechniken konnten belegen, daß die natürlichen ihren synthestischen Varianten hoch überlegen waren.

Kürzlich wurde ein neuer Vitamin E-Metabolit gefunden (a-Carboxyethylhydroxychroman, a-CEHC), der im Urin ausgeschieden wird, wenn ein bestimmter Plasma-Spiegel überschritten wird, so daß sich hiermit ein interessanter Indikator für die Bestimmung des Vitamin E-Status abzeichnet. Ein Wissenschaftlerteam um Regina Brigelius-Flohe, Potsdam, verabreichte 6 Probanden radioaktiv markiertes RRR-alpha-Tocopherol und all-rac Tocopherol in einer Dosis von 150 mg. Dabei konnte festgestellt werden, daß es zu einer bevorzugten Anreicherung des Plasmas mit RRR-alpha-Tocopherol kommt. Im Urin wurden jedoch höhere Konzentrationen von alpha-CEHC gefunden, das aus dem all rac-alpha-Tocopeherol entstanden war. (Faktor 3-4).

Diese Studie konnte belegen, daß die Diskriminierung zwischen den Stereoisomeren von alpha-Tocopherol nicht nur im Plasma zu beobachten ist, sondern auch im Metabolismus zu alpha-CEHC. Beide Tocopherolformen werden gleich gut im Darm absorbiert und in Chylomikronen verpackt zur Leber transportiert. Die dort sich anschließende Selektionierung der RRR-alpha-Tocopherolform durch Alpha-TTP resultiert in der Anreicherung des Plasmas mit RRR-alpha-Tocopherol. Überschüssiges alpha-Tocopherol wird zu alpha-CEHC abgebaut, und da TTP die nicht natürlichen Stereoisomeren nicht erkennt, wird bevorzugt synthetisches alpha-Tocopherol als alpha-CEHC im Urin ausgeschieden.

Anschrift des Verfassers:
Jens Bielenberg
Apotheker
Bahnhofstr. 53
25364 Westerhorn

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Naturheilpraxis 10/99