Fachforum

Therapien des Tinnitus

von Klaus Jung

(Keywords: Tinnitus, Therapie des Tinnitus, Aderlaß, Neuraltherapie, Ohrakupunktur, Ozontherapie, Ohrkerzentherapie)

In den letzten Jahren scheint sich in der westlichen Welt eine neue Volkskrankheit zu entwickeln: Ohrgeräusche oder Tinnitus aurum. Neuere Untersuchungen ergeben, daß im angelsächsischen Raum etwa 20 - 40 % der Bevölkerung (!) angeben, Ohrgeräusche zu haben oder zumindest einmal gehabt zu haben.

Diese Ohrgeräusche werden von den Betroffenen häufig als unerträglich empfunden und führen zu einer enormen psychischen Belastung mit psychopathologischen Veränderungen.

Man rechnet heute etwa mit 6 Millionen Permanenterkrankungen, davon etwa 500.000 schwere chronische Zustände.

Wie eingangs erwähnt, zeichnet sich die Krankheit dadurch aus, daß ihre Inzidenz in der letzten Zeit deutlich zunimmt, und daß eine wirksame schulmedizinische Therapie in den meisten Fällen nicht möglich zu sein scheint. Häufig wird der Patient mit den Worten weggeschickt: "Daran kann man nichts machen, finden Sie sich damit ab." Während die klassische Medizin bei der Therapie hauptsächlich auf durchblutungsfördernde Mittel setzt, setzt sich jedoch mehr und mehr die Meinung durch, daß es sich gerade beim Tinnitus um eine multikausale Erkrankung handelt. Dabei sind die Ursachen weitestgehend unbekannt, von den meisten Autoren wird jedoch die Meinung vertreten, daß es sich um eine abnehmende Sauerstoff- und ATP-Versorgung der Zellen im Ohr handelt.

Eine interessante neue Theorie vertritt Alan Lockwood (New York State University) in der Zeitschrift "Neurology": er beobachtete Tinnitus Patienten mit einem Positronen-Emissions-Tomographen (PET) und findet eine ungewöhnliche Durchblutung und damit eine erhöhte Aktivität des Hippocampus, eines Teils des Gehirns, das an der Steuerung von Gefühlen beteiligt ist.

Klassische Ursachen des Tinnitus:

Diese Liste erhebt sicherlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, immer wieder wird in der Praxis von neuen zusätzlichen Möglichkeiten einer Ursache für Ohrgeräusche berichtet. Aufgrund fehlender wirkungsvoller Therapien der klassischen Medizin findet der Patient in seinem Leidensdruck immer öfter den Weg zu den alternativen Heilmethoden.

In der Tat kennen wir eine Reihe von Therapieformen, die je nach Ursache des Tinnitus und Konstitution des Patienten eine erstaunlich hohe Erfolgsquote zeigen.

Grundsätzlich sollte und kann ein solch komplexes Geschehen wie der Tinnitus nur durch den Einsatz mehrerer bewährter und neuer Therapien erfolgreich behandelt werden.

Wir setzten zur Therapie des Tinnitus folgende naturheilkundliche Verfahren ein:

Im Folgenden werden die einzelnen Therapien genauer beschrieben und ihre praktische Anwendung erläutert.

Aderlass

Der Aderlass wird in der Naturheilkunde als klassisches Mittel zur "Blutverdünnung" d.h. zur Verminderung des Hämatokrit eingesetzt. Die schulmedizinisch gesteckten Grenzwerte für den Hämatokrit liegen bei 52 %. Unserer Meinung nach ist dieser Wert jedoch völlig inakzeptabel, da bereits bei 54 % nach allgemeiner Lehrmeinung durch die hohe Blutviskosität eine cerebrale Ischämie eintritt. Insbesondere bei Tinnituspatienten mit plethorischem Konstitutionstyp und einem klinisch nachweisbaren hohen Hämatokrit (nebenbei eine sehr häufige Kombination: Tinnitus-Plethora-hoher Hämatokrit-Blutfülle im Kopf) bringt schon der Aderlaß als alleinige Therapie oftmals eine deutliche Besserung der Symptome.

Anfangs, d.h. in den ersten 4 Wochen, lassen wir einmal wöchentlich zur Ader. Um die Blutneubildung über den Erythropoitin-Mechanismus nicht anzukurbeln, werden jeweils nicht mehr als 150 - 200 ml Blut der Armvene entnommen. Danach führen wir weitere monatliche Aderlässe unter Kontrolle des Blutbildes und des Eisen- und Ferritin-Wertes durch. Ziel ist es, einen Hämatokrit von knapp unter 40 % zu erreichen. Bei diesen Werten hat das Blut ideale Fließeigenschaften. Der Patient bemerkt ein deutliches Nachlassen der Blutfülle im Kopf und in vielen Fällen alleine durch diese Maßnahme eine Verbesserung der subjektiven Beschwerden des Tinnitus.

Insbesondere bei hypertonen Zuständen hat sich auch der Mikroaderlaß in der Hypertonierinne nach NOGIER hinter dem Ohr bewährt. Dabei werden beide Ohren sorgfältig inspiziert. In fast allen Fällen prominiert auf der Ohrrückseite eine gut gefüllte Vene. Diese wird mit einer sterilen Blutlanzette perforiert. Dabei quillt plötzlich ein oder mehrere Blutstropfen heraus und in manchen Fällen berichten Patienten von einer schlagartigen Verbesserung ihres subjektiven Empfindens. (Dieser Mikroaderlaß eignet sich nebenbei hervorragend zur Therapie der Hypertonie).

Ohrakupunktur

Ein obligates Therapieverfahren ist auch die Ohrakupunktur nach NOGIER. Wir nadeln mit versilberten Nadeln (0,3x10 mm) die folgenden aktiven Punkte:
Shen Men (55)
Nierenzone (95)
Leberzone (97/98)
Ganglion stellatum
Steinburgsche Schwindellinie, hier der dolenteste Punkt
Behandlungsstrahl der WS mit dem gestörten Segment
Ohrpunkt (9)
Und dolente Punkte am Lobulus

Neuraltherapie

Neuraltherapeutisch wird bei jeder Sitzung eine Mischinjektion aus Procain 1 % (2 ml), Hevertigon (2 ml) und Traumeel (2 ml) an das Mastoid beider (!) Ohren gegeben. Injiziert werden von der o.g. Mischung ca. 1 ml an jedes Mastoid.

Weitere jeweils ca. 1 ml werden an beide Ohren an die Punkte injiziert, die den Akupunkturpunkten GB2 und Dü19 entsprechen.

Infusionstherapie

Wie oben erwähnt, besteht eine von der klassischen Medizin obligat durchgeführte Therapie in der Verabreichung von durchblutungsfördernden Medikamenten.

Bei einer deutlichen Stresskomponente des Tinnituspatienten hat sich von unserer Seite eine Infusion mit einem parasympatikomimetischen Medikament, dem Cholincitrat sehr bewährt.

Eingesetzt werden 3 - 5 Ampullen neurotropan in 100 ml 0,9 % NaCl-Lösung als Trägermittel. Die Infusionsgeschwindigkeit sollte so bemessen sein, daß die Menge in etwa 20 - 30 min infundiert ist. Bei überschießenden parasympatischen Reaktionen (Schwindel, Schweißbildung, vermehrte Speichelbildung) sollte die Infusionsgeschwindigkeit herabgesetzt werden. Wird das Mittel, wie von der Herstellerfirma angegeben, direkt gespritzt, muß dies sehr langsam geschehen.

H.O.T-/Ozontherapie

Stehen bei dem Patienten Durchblutungsstörungen deutlich im Vordergrund, ist immer unterstützend eine H.O.T.- bzw. Ozontherapie angezeigt.

Wir setzen fast ausschließlich die Ozontherapie ein. Hierbei werden 100 ml Citratblut mit 2000 mg Ozon versetzt und reinfundiert. Angezeigt sind hier ebenfalls ca. 12 - 15 Behandlungen. Bei schweren Durchblutungsstörungen ist nach der Ozontherapie die Infusion von 2 Ampullen Kollateral i in 100 ml 0,9 % NaCl-Lösung sehr hilfreich.

Hopi-Ohrkerzentherapie Außerordentlich bewährt hat sich in allen Fällen die regelmäßige Anwendung der Original Hopi-Ohrkerzentherapie. Das Abbrennen dieser Ohrkerzen mit Sicherheitsfilter scheint auf den Patienten mehrere Effekte zu haben:

Die brennende Flamme am oberen Ende erzeugt einen Kamineffekt in der Ohrkerze. Der dadurch entstehende Unterdruck scheint insbesondere auf die Ohrgeräusche einen positiven Einfluß zu haben. Einen synergistischen Effekt in die gleiche Richtung hat die Schwingung der Luftsäule in der Kerze und die Wärmeeinleitung im letzten Abschnitt der Anwendung.

Bei allen Patienten beobachten wir einen enorm relaxierenden Effekt durch das Ritual des Abbrennens der Ohrkerzen, insbesondere bei dem gleichzeitigen Einfluß passender Musik (z.B. Ohrkerzenmusik "Dream Your Inner Healing").

Nach einer initiativen Behandlung in der Praxis, lassen wir den Patienten die Therapie zu Hause weiterführen. Die Anwendung der Ohrkerzen durch den Patienten selbst, ist nach einer kurzen Einweisung des Patienten und unter Beachtung der entsprechenden Sicherheitsregeln unbedenklich. Behandelt werden immer beide Ohren im täglichen Abstand.

Zusammenfassung

Mit einer Auswahl von naturheilkundlichen Verfahren, die nach sorgfältiger Anamnese individuell für den jeweiligen Tinnituspatienten zusammengestellt werden, kann das Krankheitsbild des Tinnitus aurum in vielen Fällen deutlich gelindert und auch vollständig beseitigt werden. Dies gilt auch für schon länger bestehende Krankheitszustände.

Eingesetzt werden vor allem der Aderlaß, die Neuraltherapie, die Ohrakupunktur, die Infusionstherapie, die Ozontherapie und die Ohrkerzentherapie.

Von diesen Therapien sind zumindest die Hopi-Ohrkerzentherapie, die Ohrakupunktur und die Neuraltherapie obligat. Andere Therapien werden nach sorgfältiger Anamnese und körperlicher Untersuchung und auch nach weiteren vorliegenden klinischen Untersuchungen vom Therapeuten individuell ausgewählt.

Insbesondere sei auch nochmals auf den psychosomatischen Charakter der Erkrankung hingewiesen, der in vielen Fällen, neben den oben erwähnten Therapien, eine psychotherapeutische Unterstützung und Therapie des Patienten notwendig macht. Hier sei der Kontakt mit der DTL (Deutsche Tinnitus Liga, Pf. 349, 42353 Wuppertal) empfohlen.

Literatur:

Anschrift des Verfassers:
Dr. rer.nat. Klaus Jung
Heilpraktiker
Friedrich-Ebert-Str.31
61476 Kronberg
Tel.: 06173-950098

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Naturheilpraxis 08/99