RUBRIKEN

Die chinesische Organuhr

von Peter Emmrich

Die ,Organuhr' ist nicht wissenschaftlich im strengen Sinne. Sie mag als eine Studie gelten, die zu Vergleich und Beobachtung anregen kann", schreibt Prof. Dr. med. Erich W. Stiefvater im Vorwort der 1. Auflage seines Werkes "Die Organuhr". Wollen wir diese seit Jahrtausenden in der chinesischen Medizin bekannte Organuhr nun näher kennenlernen, so bedarf es zuerst einiger Begriffserklärungen.

Den Uranfang nannten im alten China die Naturphilosophen wu-ki, welcher symbolhaft als leerer Kreis verbildlicht wurde. Daraus entstehen zwei polare Kräfte: das Lichte (Yang) und das Dunkle (Yin) genannt, dargestellt als chinesische Monade im Inneren der Uhr (Abb.1).


Das eine, Teil des anderen, fließt gemäß der klassischen chinesischen Philosophie in einem wechselhaften Zu- und Abnehmen ineinander, ohne aber das andere zu verdrängen oder es gar zu verschlingen. Diese Yin-Yang-Kraft zirkuliert während einer Tag-Nacht-Einheit. Des Terminus Chi (Qi) wird bei uns im Westen mit dem Ausdruck "Energie" gleichgesetzt. Chi ist vielmehr eine Sammelbezeichnung für Atem, Lebenskraft (= vis vitalis), Gefühl, Odem, Wesen, Geist (= spiritus), also im Gleichklang mit komplexen Begriffen, welche auch in der abendländischen Medizin eine große Rolle spielen und sowohl seelische als auch physikalische Phänomene umfassen; kurz gesagt: Chi ist der Ursprung des Lebens. Man könnte aber auch sagen, daß Yin und Yang die beiden Chi seien und durch ihre gegenseitige Bewegung alle Dinge erzeugen und somit das Leben erhalten. Unter Yang verstehen wir das Männliche, das Aufstrebende, den Tag, die Wärme (Sonne), den Himmel, die Bewegung (Wachen), die Körperrückseite, rechts, die ungerade Zahl, außen. Unter Yin verstehen wir das Weibliche, das Absteigende, die Nacht, die Kälte (Mond), die Erde, die Ruhe (Schlafen), die Körpervorderseite, links, die gerade Zahl, innen.

Die Lehre der Akupunktur, der in der Han-Dynastie (206 v. Chr. - 220 n. Chr.) niedergeschriebenen, ca. 5000 Jahre alten vorwissenschaftlichen traditionellen chinesischen Therapiemethode, beruht auf der Annahme einer lebendigen Energie (Chi), welche durch die 12 Organe und auf Energiebahnen (Meridiane) des Menschen und der Tiere kreist. Für zwei Stunden pro Tag ist sie in jedem Organ maximal anwesend (Organmaximalzeit) und kann durch Einstechen goldener (Yang) und silberner (Yin) Nadeln in bestimmte Hautpunkte, welche auf den Meridianen liegen, beeinflußt werden. Gemäß der Yin-Yang-Lehre ordnen sich die 12 Organe des Menschen in zwei Gruppen: Tag- oder Yangorgane (weiß gekennzeichnet) = Dünndarm, Blase, 3-facher Erwärmer (= Hormondrüsensystem), Gallenblase, Dickdarm und Magen sowie Nacht- oder Yinorgane (schwarz gekennzeichnet) = Herz, Niere, Kreislauf, Leber, Lunge, Milz-Pankreas.


Beobachtet man nun, zu welchen Tageszeiten (stets ist die Winterzeit gültig!) körperliche Beschwerden auftreten, und schaut dann auf die Organuhr, so läßt sich die entsprechende Funktionsstörung ablesen. Menschen, welche z.B. zwischen 1 und 3 Uhr nachts aufwachen und während dieser Zeit auch nicht mehr einschlafen können, haben eine energetische Leberfunktionsstörung. Der Asthmatiker hingegen sitzt bevorzugt nachts zwischen 3 und 5 Uhr auf der Bettkante und ringt nach Luft; dies entspricht der Maximalzeit der Lunge. Zur Versorgung entzündeter Zellen wie auch zur Beseitigung anfallender Gift- und Schlackenstoffe sendet ein reaktionsfähiger Organismus vermehrt Energie zu den Orten des Herdgeschehens. Ist ein rascher Energieaustausch nicht mehr möglich (geschwächter Organismus), so kommt es zu einer Stauung im betreffenden Meridian. Die Energie fließt normalerweise im Uhrzeigersinn (I-XII-I): Mutter-Sohn-Kreis. Kann der erkrankte "Sohn" die Zweistunden-Energie von der "Mutter" nicht annehmen, so kann auch ein gesunder Meridian sich stauen. Folge davon ist eine Zweit-Erkrankung oder Folge-Erkrankung (Energieabfluß über einen Ko-Kreis von Yang zu Yin möglich - in Abb.1 nicht dargestellt). Auch in unserer westlichen Medizin kennen wir solche Zweit- oder gar Dritt-Erkrankungen, nur muß man der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) zugute halten, daß sie zum Verständnis der Krankheitsursache-Folgewirkung ein präzises Schema entwickelt hat: die Organuhr. Ob nun mit den Akupunkturnadeln die "Störung" behoben wird, oder wir uns einer anderen Methode bedienen, um einen harmonischen Energiefluß wieder herzustellen, ist uns freigestellt.

Mit Kenntnis der Organmaximalzeiten und der 12 Schüßlerschen Mineralsalze können wir ebenso erfolgreich das Chi wieder fließen lassen.

In Abb. 2 habe ich den Meridianen mit ihren Organmaximalzeiten das entsprechende Schüßlersalz gegenübergestellt. Therapeuten, welche die Kinesiologie (ein auf den amerikanischen Chiropraktiker Georg Goodheart zurückgehendes diagnostisches und "therapeutisches Verfahren) anwenden, wird empfohlen, das in Frage kommende Schüßlersalz zuvor im Muskeltest zu prüfen.

Peter Emmrich: "Antlitzdiagnostik" - Eine Einführung in die biochemische Heilweise nach Dr. Schüßler, 2. Auflage 1999 Jungjohann Verlag, Neckarsulm 80 Seiten, ISBN 3-932 347-11-0, DM 16,80

Anschrift des Verfassers:
Peter Emmrich
Dipl.-Biologe und Chemiker
Redtenbachstr. 62
75177 Pforzheim

Zurück zum Inhaltsverzeichnis / Zum nächsten Artikel

 

 

Naturheilpraxis 07/99