Thema Ausbildung

Autodidaktische Vorbereitung, Fernschule, Sonderausbildungsformen von Anja Siegert

Immer wieder werden Fragen zur Ausbildung an die Redaktion der NATUEHEILPRAXIS herangetragen. Es steht außer Frage, daß das Thema "Ausbildung" nach wie vor auf ungebrochenes Interesse stößt. Auch wenn die Zahl der niedergelassenen Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker in den letzten Jahren noch einmal sprunghaft angestiegen und Patientenfrequenz in den einzelnen Praxen eher zurückgegangen ist, wird verstärkt und in unterschiedlichsten Formen ausgebildet. Die fehlenden staatlichen Vorgaben für die Ausbildung machen möglich, daß rechtlich gesehen jedermann in Deutschland Heilpraktiker ausbilden kann, was sicher nicht unproblematisch ist und evtl. eine falsche Reaktion auf steigende Niederlassungszahlen und rückläufige Patientenfrequenz. Es besteht keine Frage, daß in dieser Situation eine gründliche Ausbildung das Gebot der Stunde sein muß, wobei Gründlichkeit unbestreitbar auch eine gewisse Länge der Ausbildung erfordert. NATURHEILPRAXIS möchte unter der Kolummne "Thema: Ausbildung" einmal Fakten, Analysen und Hintergrundinformationen zusammentragen, um den gesamten Problemkreis Ausbildung zu erhellen, einmal für die, die in der Ausbildung stehen, aber auch für die die ausbilden und nicht zuletzt für die Berufsstands-Angehörigen, die die Probleme der zukünftigen und heranwachsenden Kollegenschaft ebenfalls interessieren dürfte.

Red.


Zur Motivation

Das Studium zum Heilpraktiker kann bei unterschiedlichen Menschen ganz verschiedene Ziele erfüllen. Neben dem häufigsten Wunsch eine eigene Praxis eröffnen zu wollen, führt auch allgemeines Interesse an Gesundheitsfürsorge und -pflege sowie der Wunsch nach umfassender Allgemeinbildung zum Studium der Naturheilkunde. Darüber hinaus kann eine Ausbildung zum Heilpraktiker auch zu einer weiteren Entfaltung der eigenen Persönlichkeit führen und zu einer bewußteren Lebensführung anregen.

Gerade in unserer heutigen Zeit besteht ein Trend zu ganzheitlichen, naturverbundenen Behandlungsverfahren, oft stehen Patienten heutigen wissenschaftlich-hochtechnisierten medizinischen Heilungskonzepten skeptisch gegenüber und suchen deshalb immer häufiger nach alternativen Vorgehensweisen in Diagnostik und Therapie.

Auch die Klage einiger Patienten über zu wenig Zeit, die der Arzt für sie in der Praxis habe, beschert den Heilpraktikern den einen oder anderen Zulauf. Natürlich hat auch die approbierte Ärzteschaft die Naturheilkunde schon seit einiger Zeit wieder entdeckt, aber was würde dagegen sprechen, wenn Heilpraktiker und Arzt im gegenseitigen Einvernehmen und im Sinne der Patienten zusammenarbeiten würden?

Im laienhaften Denken spielt der Heilpraktiker teilweise eine Rolle, die der des Arztes sehr ähnlich erscheint. Bei einzelnen Patienten kommt dem Heilpraktiker sogar die Position eines "Arztersatzes" zu, hier ist die Verantwortung gegenüber dem Patientenklientel besonders hoch anzusiedeln.

Natürlich färbt das relativ hohe soziale Prestige des Arztberufes auch etwas auf den Heilpraktiker ab, hinzu kommt das Image des Freiberuflers. Ein freiberuflich Praktizierender kann im hohen Maße seinen Arbeitsplatz selbst gestalten, in Zeiten einer ungünstigen Arbeitsmarktsituation ist dies eine überaus gern gesehene Eigenschaft. Das Patientenklientel besteht ausschließlich aus Selbstzahlern bzw. privat Krankenversicherten oder beihilfeberechtigten Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes. D. h. der Heilpraktiker kann im Großen und Ganzen seine Behandlungshonorare selbst aushandeln. Man könnte deshalb leicht vermuten, der Heilpraktiker befinde sich in einer ähnlichen Einkommenskategorie wie der approbierte Mediziner. Daß dies häufig nicht so eintritt, spüren Heilpraktiker dann, wenn die Praxis erst kurze Zeit eröffnet ist. Positiv wirkt sich hier der Umstand aus, daß ihm erlaubt ist die Heilkunde neben einem anderen Beruf auszuüben (Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.03.1967).

Einen nicht zu unterschätzenden Vorteil bietet eine Ausbildung bzw. spätere Praxistätigkeit als Heilpraktiker bereits ab dem Zeitpunkt der Berufswahl: Die relativ niedrige Einstiegsschwelle für diese Tätigkeit. So sind weder außergewöhnliche schulische Vorqualifikationen notwendig, noch wird eine festgelegte Ausbildung zum Heilpraktiker gefordert.

Dies könnte allerdings fälschlicherweise den Eindruck erwecken, die Ausbildungszeit wäre relativ kurz und folglich auch kostengünstig. Leider lassen diverse Inserate und Prospekte von Heilpraktikerschulen dies immer noch vermuten, was aber realistisch gesehen unmöglich ist. Man veranschlagt durchschnittlich eine Ausbildungszeit von drei bis fünf Jahren, je nach Vorbildung, Zeiteinsatz usw.. Der Heilpraktikerberuf gehört zu den typischen Umschulungs- bzw. Umsteigerberufen. Laut einer Aussage der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Heilpraktiker ist für rund 80 % der Schüler an Heilpraktikerschulen das Streben nach der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung nicht die erste Berufsausbildung. Diese Feststellung deckt sich mit den Erfahrungen aus den Beratungsdiensten der Arbeitsämter, welche ebenso bestätigen, daß eine Tätigkeit als Heilpraktiker häufig - nach einer beruflichen Neuorientierung - als eine zweite berufliche Tätigkeit ins Auge gefaßt wird.

Weiterhin kann man erkennen, daß die Vorbildung, mit der eine Heilpraktikerausbildung begonnen wird, vollkommen unterschiedlich ist. Ebenso verschieden sind die Erstberufe der Heilpraktikeranwärter, wobei man feststellen kann, daß der Anteil an Abiturienten und Hochschulabsolventen fast 50 % beträgt.

Das Mindestalter für die Erlaubniserteilung zum Heilpraktikerberuf beträgt offiziell 25 Jahre. Bei einer Erhebung bzw. Umfrage wurde hinsichtlich der Altersstruktur festgestellt, daß das Durchschnittsalter zu Studienbeginn ca. 39 bis 40 Jahre beträgt. Der zahlenmäßig größte Anteil der Heilpraktiker beginnt des Weiteren erst überwiegend in seiner zweiten Lebenshälfte mit einer selbständigen naturheilkundlichen Tätigkeit. In diesem Zusammenhang sei bemerkt, daß bei niedergelassenen Naturheilpraxen der Anteil der Frauen ca. 60 % beträgt.

Autodidaktisches Vorbereiten auf den Beruf

Bei der autodidaktischen Methode geht es um die Möglichkeit, sich durch Eigen- bzw. Selbstunterricht, ohne Besuch eines charakteristischen Ausbildungsinstitutes, die Menge an Können und Stoff anzueignen, welche letztendlich vonnöten ist, einerseits die Überprüfung beim Amtsarzt zu bestehen und andererseits Praxisreife zu gewinnen.

In unserer heutigen modernen Zeit sind die einzelnen Möglichkeiten Wissen zu erhalten und zu erlernen überaus vielfältig geworden. Die didaktischen Bedingungen und Erfordernisse, sich mit einem Selbststudium auf einen bestimmten Beruf vorzubereiten, sind durch neue technische Fortschritte hinsichtlich der Massenmedien und computergestützter Kommunikationssysteme gegenüber früheren Tagen wesentlich erweitert und verbessert worden. Die Voraussetzung dabei ist allerdings, daß man mit den o. g. Möglichkeiten auch umgehen kann.

Neue Methoden scheinen langsam aber sicher mit ursprünglichen Ausbildungsmodalitäten gleich ziehen zu können. Computergestütztes Lernen, Lernen am Fernsehapparat durch spezielle Videoprogramme usw. tritt immer stärker in Erscheinung. Selbst Universitäten gehen heute teilweise schon dazu über, Studenten über vernetzte PC´s mit Vorlesungen und Literaturmaterialien usw. zu versorgen. Da der Heilpraktikerberuf häufig einen Folge- bzw. Zweitberuf darstellt und somit viele Anwärter u. U. schon ein eigenständiges Erarbeiten von Unterrichtsstoffen erlernt haben, muß man den o. g. innovativen Lernverfahren bei der Vorbereitung und Ausbildung auf diesen Beruf einen gewissen Stellenwert einräumen.

Bei den überprüfenden Amtsärzten hat sich allerdings die Erkenntnis herauskristallisiert, daß gerade Autodidakten eine überproportional große Tendenz aufweisen, die Amtsarztüberprüfung nicht bestehen zu können.

Selbstverständlich liegen einige Vorteile eines autodidaktischen Studiums auf der Hand. So kann man seine Lernzeiten frei einteilen, hat keine weiteren Umstände mit Fahrten zur Schule bzw. dem Ausbildungsort, muß sich keiner Lerngruppe mit vorgegebenem Lerntempo anpassen oder sich einer bestimmten Unterrichtsmethode unterwerfen, auch entfällt das individuelle Einstellen auf Lehrer- und Dozentenpersönlichkeiten und deren Eigenheiten sowie Streß bezüglich schuleigener Klausuren, Zwischen- oder Abschlußprüfungen. Insgesamt leidet man nicht unter einem vorgegebenen "Lerndruck" und kann individuell seine Ausbildung planen. Für viele ist allerdings ein Hauptargument, das ganz auf Seiten eines autodidaktischen Studiums steht, der Kostenfaktor: D. h. es entfallen Tausende von Mark an Honoraren für Ausbildungsinstitute.

Alle o. g. "positiven Faktoren", welche für ein alleiniges Lernen stehen, kann man natürlich auch von einer anderen Seite aus betrachten. So fehlt z. B. die Erfahrung oder der Überblick hinsichtlich des zu bewältigenden Lernstoffes bzw. den Überprüfungsanforderungen. Es bestehen weiterhin keine Möglichkeiten bezüglich einer vergleichbaren, systematischen Lernzielkontrolle, auch kann u. U. der anfeuernde Druck einer Lerngruppe vollkommen fehlen, was einem vielleicht auf Dauer doch etwas Motivation rauben könnte.

Der autodidaktisch Lernende befindet sich doch in gewisser Weise in einer isolierten Lage, gerade auch was Informationen und Gedankenaustausch mit anderen Anwärtern anbelangt. Ebenso fehlt der praxisnahe Bezug und die Möglichkeit praktische Lerninhalte (z. B. Perkussion, Palpation, Auskultation etc.) einüben zu können. Wo die Möglichkeiten einer professionellen Demonstration und des Übens fehlen, sind auch fundamentale Sicherheiten und Beherrschung in der späteren Ausübung nicht vorhanden. Außerdem kann eine Dokumentation der geleisteten Lernarbeit nicht vorgewiesen werden. Sollte später einmal eine gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen Patienten und Heilpraktiker entstehen, wird seitens des Gerichtes ein Nachweis der durch den Heilpraktiker erlernten Diagnose- und Therapieverfahren verlangt.

Fehlt diese Dokumentation, würde die Gefahr bestehen, daß der Heilpraktiker eine solche gerichtliche Auseinandersetzung nicht ganz unbeschadet überstehen wird. So gesehen muß sich ein Heilpraktikeranwärter schon genau überlegen, ob ein reines autodidaktisches Studium - trotz vielleicht einiger Vorteile - letztendlich das Richtige für ihn, bezogen auf die amtsärztliche Überprüfung einerseits und andererseits die spätere Praxistätigkeit, darstellt.
Autodidaktisches Lernen erfordert ein hohes Maß an Eigeninitiative und Eigenverantwortlichkeit sowie Disziplin und Durchhaltevermögen.

Man sollte jedoch gerade heute die immer gängiger werdenden neuen, lernunterstützenden Medien mit in Betracht ziehen. Video- und Computerlernprogramme, speziell für den Heilpraktikeranwärter ausgearbeitet, bieten eine komfortable Unterstützung des Lernvorhabens. Auch werden viele manuell zu beherrschenden Wissensbereiche durch anschauliche Vorführungen plastisch dargestellt und können somit eine größere Abwechslung in den Lernprozeß bringen. Ersetzen allerdings können solche lernhelfenden Verfahren keinen anschaulichen und praktischen Unterricht an der Seite eines erfahrenen Dozenten im Bereich der Medizin.

Es wäre deshalb überaus sinnvoll, wenn ein rein autodidaktischer Lernstil individuell mit z. T. speziellen Kurs- und Seminarprogrammen angereichert werden würde.

Vorbereitung auf den Beruf durch ein Fernstudium

Neben den üblichen Möglichkeiten einer Ausbildung zum Heilpraktiker gibt es auch die Gelegenheit, sich durch ein Fernstudium das nötige Wissen zur Berufsausübung aneignen zu können. Hierbei wird der Theorieteil durch speziell ausgearbeitete Lehr-, Lern- und Arbeitsmaterialien zu Hause durchgearbeitet. Diese sogenannten "Lehrbriefe" referieren vom Inhalt her zentrale Unterrichtsvorlesungen mit den Inhalten einer üblichen Heilpraktikerausbildung.

Als ein rein visuelles Medium stößt der Lehrbrief natürlich auf gewisse Grenzen, gerade was individuelle praktische und technische Lernvorgehensweisen anbetrifft. Deshalb wird auch häufig auf andere, z. B. audiovisuelle Medien, wie Videofilme oder auch Tonkassetten zurückgegriffen. Der Studierende soll durch das angelieferte Lehrmaterial motiviert werden, Arbeitsaufgaben bzw. gestellte Arbeitsproblematiken anzugehen und zu lösen. Anschließend werden speziell zu bearbeitende Fragebögen wieder an das Institut zurückgeschickt. Nach kurzer Zeit werden diese wiederum korrigiert an die Schüler zurückgesandt und derselbe entsprechend über Lernerfolg und Lernergebnis informiert. Durch die Korrektur und Rücksendung der beantworteten und eingeschickten Arbeitsaufgaben wird ein gewisser Kontakt zu den Studierenden aufrecht erhalten. Gegebenenfalls wird der Einzelne aufgefordert, bestimmte Sequenzen des Lernstoffes noch einmal zu wiederholen oder zu vertiefen.

Durch das Absolvieren eines Fernstudiums kann der Aufwand hinsichtlich Zeit und Fahrtkosten gegenüber einem regulären Schulbesuch vermindert werden, was u. U. aus Sicht des Studierenden ein großer Vorteil ist. Das Lernen bzw. die Auseinandersetzung mit dem Lehrstoff erfolgt meistens in häuslicher Umgebung. Der Stoff wird überwiegend strukturiert aufgebaut, die Themenabfolge kann normalerweise einem Lehr- bzw. Stoffverteilungsplan entnommen werden, welcher die Gliederung für den kompletten Fernkurs dokumentiert.

In bestimmten Zeitabständen gibt es zusätzlich sogenannte Seminarwochen bzw. Wochenenden, an denen praktische Tätigkeiten eingeübt werden können. Solche Zusatzseminare bieten einen Nahunterricht - meist am Wochenende - an, in denen der Praxisbezug hergestellt werden soll bzw. Möglichkeiten der Vertiefung und Einübung des Unterrichtsstoffes angeboten werden.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu wissen, daß seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutze der Teilnehmer am Fernunterricht (Fernunterrichtsschutzgesetz - FernUSG, vom 1. Januar 1977) alle Fernlehrgänge der Zulassungspflicht unterliegen.

Das Ermessen über die mögliche Zulassung trifft im Allgemeinen die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU), welche aufgrund eines von den Ländern geschlossenen Staatsvertrages betrieben wird. Von dieser Zulassungsstelle werden Fernlehrgänge vor allem daraufhin überprüft, ob das angegebene Lehrgangsziel mit dem angebotenen Fernlehrgang überhaupt erreichbar ist. Begutachtet werden dabei sowohl die fachliche als auch die didaktische Seite. Außerdem müssen Kriterien des Fernunterrichtsschutzgesetzes bezüglich Information und Werbung, sowie die Vertragsgestaltung den gesetzten Anforderungen genügen.

Nur sogenannte "Hobbylehrgänge", z. B. im Bereich Unterhaltung und Freizeit, und Fernlehrgänge, deren Lehrgangsziel ausschließlich in der unselbständigen Ergänzung anderer, in sich abgeschlossener selbständiger Bildungsangebote besteht und die sich nur in Verbindung mit anderen Bildungsangeboten eignen, benötigen keine Zulassung, allerdings ist der Vertrieb dieser Lehrgänge der Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht zu melden. Jedoch müssen auch bei diesen Lehrgängen Kriterien der Vertragsgestaltung, Werbung und Information sowie evtl. der Vertretereinsatz den Anforderungen des Fernunterrichtsschutzgesetzes entsprechen.

Sowohl bei den sog. Hobby-Lehrgängen als auch bei den ergänzenden Fernlehrgängen entfällt eine Prüfung der Kursinhalte.

Alle zugelassenen Fernlehrgänge erhalten ein anerkanntes Zulassungssiegel mit einer registrierten Zulassungsnummer. Der Veranstalter ist verpflichtet diese Zulassungsnummer im Informationsmaterial als nachprüfbaren Hinweis auf die erteilte staatliche Zulassung zu nennen. Im Prinzip dürfen auch Fernlehrgänge angeboten werden, die zuerst nur vorläufig zugelassen sind. Hier ist der Veranstalter dazu verpflichtet, die vorläufige Zulassung im Informationsmaterial deutlich zu kennzeichnen.

Die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht überprüft im Allgemeinen im Abstand von drei Jahren bei allen zugelassenen Fernlehrgängen den Fortbestand der gültigen Zulassungsvoraussetzungen. Wichtig wäre es zu bedenken, daß die Zeit der Studienbegleitung durch die Fernschulen teilweise ebenso knapp bemessen ist, wie bei konventionellen Heilpraktikerschulen mit dauerhafter Präsenz des Teilnehmers.

Ein Heilpraktikeranwärter hat ebenso - auch wenn alle relevanten Themen in der Kurszeit enthalten sind - viel Eigeninitiative, Engagement und Disziplin aufzubringen, um letztendlich eine solide Wissensbasis für die Überprüfungs- und natürlich auch Praxisreife erreichen zu können.

Sonderseminare, Sonderausbildungsformen, Kurse an Volkshochschulen

Besonders auffällig sind im Seminar- und Schulbereich - gerade auch kleinerer Heilpraktikerschulen - spezielle "Crash-Kurse" oder Repetitionskurse zur intensiven Vorbereitung auf die amtsärztliche Überprüfung. Studienabsolventen von Tages-, Wochenend- und Abendschulen können auf diesem Wege den eigenen Wissensstand kontrollieren und sich gezielt für die Prüfung fit machen. Aber auch autodidaktisch Lernende könnten durch solche Seminare u. U. Wissensdefizite an sich selbst aufdecken und vor der Überprüfung ausgleichen.

Es muß betont werden, daß es nach alleinigem Absolvieren eines derartigen Kurses natürlich nicht möglich ist, eine Amtsarztüberprüfung im positiven Sinne zu bestehen. Einige unseriöse Heilpraktikerausbildungsstätten mögen ja mit solchen Schnellkursen zum Heilpraktikertum immer noch werben, Fakt ist jedoch, daß ein erfolgreiches Ablegen der heutigen Amtsarztüberprüfung an ein solides Wissen gekoppelt ist.

Einige Institute bilden in ausschließlicher Form oder auch parallel zur regulären Heilpraktikerausbildung zu einem "psychologischen Berater" aus. Bei diesem "Beruf" dürfen lediglich - wie der Name schon sagt - beratende Aspekte in psychologischen Bereichen bei Personen vorgenommen werden; Diagnostik und Therapie bleiben dem dafür zugelassenen Arzt, Heilpraktiker oder Psychologen vorbehalten.

Betrachtet man die Szene der Heilpraktikerausbildungsstätten etwas näher, so fällt auf, daß gerade in dem "Beratermarkt" eine Vielzahl von neuen Ausbildungen initiiert wurden bzw. werden. Vom "Vitalogen" über den "esoterischen Berater", den "Gesundheitspraktiker" bis hin zum "Lebensberater" wird die diesbezügliche Spannweite immer größer. Bei allen den o. g. Tätigkeiten muß rechtlich keine spezielle Ausbildung oder Prüfung vorangehen, bevor die erste Beratung bei einem Klienten erfolgen kann. Häufig schließen aber Seminare und Kurse in diesen Bereichen mit schuleigenen Prüfungen und einem dementsprechenden Zertifikat ab.

Sport- und Kinderheilpraktiker sind im Prinzip als "normale" Heilpraktikerberufe mit konventioneller Vorbereitung und Ausrichtung zu verstehen, erfahren allerdings z. T. schon während der Ausbildung eine Spezialisierung auf bestimmte Patientenpersonengruppen. Die Ganzheitlichkeit von diagnostischem bzw. therapeutischem Vorgehen ist in vollem Umfange gewährleistet, Tätigkeitseinschränkungen - wie z. B. beim psychologischen Berater - fallen nur im üblichen gesetzlichen Rahmen für den Heilpraktiker an. Eine Spezialisierung auf bestimmte Patientenbereiche setzt natürlich einen besonderen Bezug zu diesen Menschen und ihren speziellen Belangen voraus.

Kurse zur Heilpraktikerausbildung an Volkshochschulen (VHS) ähneln im Prinzip etwa denen, welche an privaten Ausbildungsinstituten durchgeführt werden. Dies kann sich z. B. auf Unterrichtszeiten, Anzahl der Stunden, didaktische Durchführung etc. beziehen. Dadurch, daß solche Kurse an Volkshochschulen laufen, ist noch nicht die Qualität im einzelnen geklärt. Diese ist vor allem abhängig von der Person, welche jene Kurse durchführt, welches pädagogisches Geschick sie besitzt, an welche Art von Stoffverteilungsplan bzw. Curriculum sie sich hält usw..

Für Heilpraktikeranwärter die sich vorwiegend autodidaktisch auf den Beruf des Heilpraktikers vorbereiten, könnte hier u. U. eine Möglichkeit auftauchen aus einer "Lernisolation" herauszukommen, ohne sich gleich an eine Ausbildungsvorgabe eines Heilpraktikerinstitutes binden zu müssen.

Überaus speziell und im Prinzip auch etwas außerhalb des eigentlichen Heilpraktikergesetzes befindlich - welches von Natur aus nur auf Menschen bezogen ist - stellt sich die Ausbildung zum sogenannten "Tierheilpraktiker" dar. Eine rechtliche und gesetzliche Qualifikation gibt es im Gegensatz zur Humanmedizin explizit nicht. Ziel einer solchen Ausbildung ist die mögliche Behandlung vorwiegend von Klein- und Haustieren mit naturheilkundlichen Verfahrensweisen. Der Ausbildungsgang an sich setzt sich ebenfalls aus einem tiermedizinischen Theorieteil und einem Diagnose- und Behandlungsmethoden vermittelnden Praxisteil zusammen. Die Ausbildung wird offiziell durch eine schulinterne Prüfung abgeschlossen, welche jedoch keine staatliche Anerkennung findet.

Was alle Ausbildungsstätten letztendlich ihren Studierenden zu gewährleisten haben, sind Testate bzw. Zeugnisse des Absolvierens von Kursen und Seminaren, sowie Bescheinigungen bestandener Klausuren, die einen bestimmten Wissensstand attestieren. Dies spielt besonders eine Rolle im Zusammenhang mit Zertifikaten über besuchte Kurse und Praktika der vom Heilpraktiker in der Praxis ausgeübten naturheilkundlichen Diagnose- und Therapieverfahren. Der Heilpraktiker hat insbesondere der Sorgfaltspflicht Genüge zu tun, d. h. er muß ggf. nachweisen können, daß er sein "Handwerk" am bzw. für den Patienten beherrscht. Ebenso erhöht sich durch das Vorweisen von Testaten die Möglichkeit, einen Assistenzplatz bei einem erfahrenen Heilpraktiker in dessen Praxis zu finden, da gewisse Grundqualifikationen schon dokumentiert werden können.

Vorschläge zur Seminar- und Schulausbildung zu geben, erscheint besonders bezüglich des Heilpraktikerberufes als überaus diffizil. Prinzipiell kommt es letztendlich auf die individuellen Gegebenheiten des Einzelnen an, wie z. B. auf seine Vorbildung, freie Zeit, Motivation und Disziplin.

Synchron zum eminenten Freiraum, welche die Berufstätigkeit als Heilpraktikers bietet, muß man auch die Wege sehen, die zu diesem Beruf führen können.

Aus eben jenen Gründen der Individualität heraus betrachtet, erscheint es sinnvoll, jedem Einzelnen freizustellen, wie er seine Heilpraktikerausbildung angehen will. Genügend Möglichkeiten sind vorhanden, sei es nun eine gut durchorganisierte Schulausbildung (z. B. Tages-, Wochenend- oder Abendschule usw.), ein Fernstudium, ein autodidaktisches Vorbereiten oder entsprechende Kombinationen. Ziel muß ein tragfähiges, solides Wissen sein, nicht alleine im Hinblick auf die Überprüfung beim Amtsarzt, sondern ganz besonders im Sinne der lege-artis Behandlung von Patienten. Ausschlaggebend ist hier vor allem die Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen!

(Eine komplette Zusammenfassung in Scriptform zum Thema Ausbildung mit allen aktuellen Informationen ist nach dem Erscheinen in der NATURHEILPRAXIS über die Autorin zum Preis von DM 79,- erhältlich.)

Anschrift der Verfasserin:
A.S.i.t. - Anja Siegert
Pilgerwiesenstraße
73630 Remshalden

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Naturheilpraxis 06/99