Asthma

Asthma bronchiale aus phytotherapeutischer Sicht

von Peter A. Zizmann

Als die Bitte an mich herangetragen wurde, einen Beitrag zur Therapie von Asthma bronchiale aus phytotherapeutischer Sicht zu schreiben, habe ich spontan darauf hingewiesen, dass diese Krankheitsform geradezu beispielhaft eine naturheilkundliche Gesamtbetrachtung und eine ganzheitliche Behandlung erfordert. Eine in vielen Fällen erfolgreiche Akupunkturbehandlung, eine neuraltherapeutische Intervention, eine psychotherapeutische Vorgehensweise, oder auch eine Kombination verschiedener Therapien würden sich nach einer Anamnese, einer Untersuchung und einer naturheilkundlichen Betrachtungsweise und Bewertung, oftmals geradezu anbieten. In diesem Sinne kann die Phytotherapie einen wertvollen Beitrag leisten, der jedoch in den wenigsten Fällen als Monotherapie allein zu einem dauerhaften Erfolg führt.

Bei der Anwendung pflanzlicher Mittel müssen wir grundsätzlich die verschiedenen Wirkrichtungen und die beabsichtigten Wirkungen betrachten. Zu unterscheiden sind Sofortwirkungen, z.B. um einen Asthmaanfall zu beenden, palliative Maßnahmen zur Vermeidung von Atembeschwerden durch Spasmen, oder auch eine Einengung des Bronchiallumens durch Schleim und eine kausale Therapie bei der gestörte Funktionskreisläufe des "kybernetischen Systems Mensch" in die Lage versetzt werden, regulativ die von der Natur vorgesehenen Aufgaben beschwerdefrei zu erfüllen.

Das Asthma bronchiale als Symptom der verschiedenartigen Ätiologien stellt kein einheitliches Krankheitsbild dar und ermöglicht somit auch nicht einmal in Ansätzen ein ähnliches therapeutisches Vorgehen bei den individuell unterschiedlichen Krankheitsursachen, Konstitutionen, Reaktionsweisen und Reaktionslagen der Patienten. Die obstruktiven Ventilationsstörungen infolge von Verkrampfungen, die krankhafte Schleimsekretion, auch in ihrer Zusammensetzung irritativer Noxen chemischer oder auch physikalischer Art, sind ursächlich meist noch relativ leicht zuzuordnen. Ein erheblicher Teil der Erkrankungen ist auf eine exogene Allergie zurückzuführen, die eine Hyposensibilisierung erfordert, da meist das auslösende Agens nicht dauerhaft zu umgehen ist. In der Ursache erkannte rezidivierende Infekte und mikrobielle Ursachen erfordern die bekannten Maßnahmen, die aus naturheilkundlicher Sicht eine Umstimmung und eine Milieuverbesserung einschließen.

Die Vorgehensweise bei psychogenen Ursachen bedingen eine psychotherapeutische und/oder eine homöopathische Behandlung. Eine konstitutionell begründete Reaktionsbereitschaft, ein hyperreaktives Bronchialsystem machen eine umfangreiche und naturheilkundliche diagnostische Abklärung unumgänglich. Gerade hier liegt die Stärke der naturheilkundlichen Therapie mit ihrem breiten Spektrum an diagnostischen Möglichkeiten und der Vielzahl konstitutionsverbessernder Maßnahmen, die sowohl den Gesamtorganismus, wie auch einzelne Organsysteme umfassen können.

Eine allgemein situationsverbessernde phytotherapeutische Therapie dient somit entweder dem Ziel die Zeit bis zum Wirkungseintritt einer kausalen Behandlung zu überbrücken oder als Maßnahme, solange mögliche Ursachen unerkannt und somit eine ursächliche Therapie nicht erfolgen kann. Eine absolute Priorität ist nur dann einer phytotherapeutischen Behandlung einzuräumen, wenn eine kausale Therapie aufgrund einer Verbesserung oder Beseitigung der Krankheitsursache erfahrungsgemäß Erfolg verspricht. Dies könnte z.B. bei einer Schwäche eines beliebigen Organs oder Organsystems der Fall sein. Ansonsten gilt es die akuten Asthmaanfälle zu reduzieren bzw. zu beherrschen. Dies ist umso wichtiger, je länger diese dauern, insbesondere wenn sie sich über Stunden oder gar Tage erstrecken.

Bei Spasmen der Bronchien stehen zwei Pflanzen im Vordergrund, das Bischofskraut und das Meerträubchen. Das Meerträubchenkraut (Ephedrae herba) bestehend aus jungen Rutenzweigen von Ephedra sinica oder anderen gleichwertigen Ephedraarten, steht sowohl als Tee, wie auch als Tinktur und in Fertigpräparaten zur Verfügung. Es enthält Alkaloide mit dem Hauptalkaloid Ephedrin und wirkt bronchienerweiternd, zentral stimulierend, gefäßverengend, leicht blutdrucksteigernd und indirekt sympathomimetisch. Die Kommission E billigte 1991 der Droge die Indikation "Atemwegserkrankungen mit leichtem Bronchospasmus" zu. Als Gegenanzeigen sind Angst- und Unruhezustände, Bluthochdruck, Engwinkelglaukom, Hirndurchblutungsstörungen, Prostataadenom mit Restharnbildung, Phächromocytom und Thyreotoxikose zu beachten. Bei den Nebenwirkungen ist mit Schlaflosigkeit, motorischer Unruhe, Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Miktionsstörungen, Tachykardien und in höherer Dosierung mit drastischem Blutdruckanstieg, Herzrhythmusstörungen und der Entwicklung einer Abhängigkeit zu rechnen. In Kombination mit Herzglykosiden und MAO-Hemmstoffen treten Wechselwirkungen auf. Die Verwendung von Ephedrakraut oder seinen Zubereitungen ist somit stets im Gesamtkontext seiner Wirkungen und Nebenwirkungen und der Gesamtsituation des Patienten und seines Krankheitsbildes zu sehen. Allein schon wegen der Gewöhnungsgefahr, sollte der Einsatz nur kurzfristig zur Beseitigung der Spasmen eingesetzt werden. Als Einzeldosis empfiehlt die Kommission E, 15 bis 30 mg Gesamtalkaloide. Der therapeutische Vorschlag für Ephedratinktur liegt bei 3 x 15-25 Tropfen pro Tag.

Altbekannt als Mittel gegen Spasmen erhielten die Ammi-visnaga-Früchte (Bischofskraut, ägyptische Zahnstocherammei) von der Kommission E auch die Indikation "zur unterstützenden Behandlung leichter Formen obstruktiv bedingter Atemwegsbeschwerden". Die Droge enthält Furanochromone wie Khellin und Visnagin, sowie Pyranocumarine wie Visnadin, Samidin und Dihydrosamidin. Sie wirkt krampflösend auf die glatte Muskulatur, steigert die Koronar- und Myokarddurchblutung und besitzt eine leicht positiv-inotrope Wirkung. Ohne Gegenanzeigen muss lediglich in seltenen Fällen mit leichten Magen-Darmstörungen gerechnet werden. Zur Anwendung stehen Extrakte und Tinkturen zur Verfügung, deren Dosierung zwischen 2 - 3 x 15 bis 25 Tropfen täglich liegen sollte. Die Auszüge leisten gute Dienste bei spastischer Bronchitis, dem Asthma bronchiale und bei Cor pulmonale.

Dem Krankheitsbild entsprechend könnte eine Kombination aus Tinct. Ephedrae, Tinct. Ammi visnagae und Tinct. Primulae zu gleichen Teilen sehr hilfreich sein, insbesondere, wenn es gilt die Situation bei zähem Schleim zu verbessern. Schleimlösende und auswurffördernde Pflanzen gewinnen beim chronischen Asthma an Bedeutung, da hier oftmals die Einengung des Bronchiallumens durch Schleim (Dyskrinie) überwiegt. Vor allem auch in den anfallfreien Intervallen können zahlreiche Mittel mit diesen Eigenschaften die Situation erheblich verbessern und viele Extremsituationen vermeiden helfen. Die sogenannten Schleimdrogen (Mukilaginosa) wie Eibischwurzeln, Isländisches Moos, die Malve, Wollblumen und Huflattichblätter tragen zur Verflüssigung des Schleims bei, wodurch er leichter abgehustet werden kann. Die gleiche Wirkung erzielen wir mit Saponindrogen, wie der bereits genannten Schlüsselblumenwurzel (Primulae radix), Efeublättern, der Senega- und der Süßholzwurzel. Weitere expektorierende Pflanzen, vorwiegend aufgrund ihrer ätherischen Öle sind Anis- und Fenchelfrüchte, Eukalyptusblätter, Bibernellwurzeln, Thymian- und Quendelkraut, Spitzwegerichblätter, Andorn- und Grindelienkraut. Als weitere Bronchospasmolytika sollte man an das bereits genannte Thymiankraut, die Efeublätter und Sonnentaukraut denken. So könnte ein Rezept mit einem sekretolytisch, sekretomotorisch, spasmolytisch und antibakteriell wirkenden Tee wie nachfolgend aussehen:

Je besser ein solcher Tee dem Krankheitsbild, der Konstitution und der entsprechenden Reaktionslage angepasst ist, desto nachhaltiger wird auch der Erfolg sein. So kann das Teegemisch selbstverständlich auch eine "Stoffwechselpflanze" wie die Schafgarbe enthalten. Gerade in einer solchen Situation sollten nämlich auch die anderen Organfunktionen möglichst gut ihre Aufgabe erfüllen können. Eine erforderliche Unterstützung z.B. durch herz-kreislauf-, verdauungs-, leber- oder nierenwirksame Mittel sollte möglichst nicht übersehen werden. "Nervenstärkende", sedierende oder zentralnervös wirksame Pflanzen sind oftmals bei den zu Verkrampfungen neigenden Patienten angezeigt. Neben den altbekannten sedierenden Pflanzen, wie Baldrian, Hopfen und Melisse, sollte man an Lavendel, Passionsblumenkraut, Herzgespann, Kamille und bei entsprechender Konstitution, auch an Johanniskraut denken. Zusammenfassend konzentrieren wir unsere Maßnahmen auf die Suche nach den Ursachen und deren Beseitigung, sofern dies möglich ist. Hierzu parallel erfolgt eine situationsverbessernde und/oder umstimmende Behandlung im beschwerdefreien oder beschwerdearmen Intervall.

Diese schließt selbstverständlich alles ein, was dazu beitragen könnte um vorliegende Fehlregulationen zu beseitigen oder zumindest die Anzahl und Schwere der akuten Anfälle zu reduzieren. Dabei sollten auch physikalische Maßnahmen, z.B. Schröpfen und Massagen oder die Hydrotherapie, von der milden Oberkörperwaschung bis hin zu Armbädern und Güssen mit einbezogen werden.

Auch beim akuten Anfall sollte die beschriebene Phytotherapie durch heiße Fuß- und Handbäder, temperaturansteigende Fußbäder oder Dampfkompressen auf Brust und Leib ergänzt werden, sofern dies angezeigt ist. Immer noch wirksam verwendet werden auch Räucherstäbchen, Räucherkerzen oder Räucherpulver. Auf einfachste Art wird dabei ein Teelöffel Stechapfelblätter abgebrannt und der Rauch eingeatmet.

Gerade der akute Asthmaanfall sollte jedoch stets sehr ernst genommen werden und bedarf im Zweifelsfall Maßnahmen der Akutmedizin.

Peter A. Zizmann
Heilpraktiker
Walchenstr. 23
72379 Hechingen-Boll

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Naturheilpraxis 06/99