Industrie und Forschung

Thymus-Peptide in der Infektiologie Effektiv gegen Hepatitis und HIV

Wenn die Immunabwehr geschwächt ist, können Thymus-Peptide helfen. Schon lange sind sie in der onkologischen Nachsorge etabliert, nach einer Chemo- oder Strahlentherapie reduzieren sie die Infektanfälligkeit. Das Einsatzspektrum geht jedoch weit darüber hinaus: Thymus-Peptide sind beispielsweise bei Infektionen mit Hepatitis B und C wirksam. Eine Pilotstudie bei HIV-Patienten zeigt erste positive Ergebnisse. Darüber diskutierten Experten auf einem Symposium der Strathmann AG vom 23. bis 25. April in Salzburg.

Die Botenstoffe des Thymus sind für ein funktionierendes Immunsystem unverzichtbar. Thymus-Peptide bauen die zelluläre Abwehr auf, wirken so beispielsweise antiviral. Eine alte Erkenntnis, die heute den Weg zu neuen Therapien ebnet. Bei Infektionen können Thymus-Peptide die herkömmliche Medikation effektiv ergänzen, manchmal gar ersetzen. Beispiel Hepatitis C: Unter den Immuntherapeutika ist Interferon hierzulande die einzige zugelassene Substanz, die nachweislich wirkt. Jedoch spricht maximal die Hälfte der Patienten mit chronischer Hepatitis C auf diese Therapie an, nur bei einem Fünftel der Responder ist Interferon letztendlich erfolgreich. Der Rest erleidet innerhalb kurzer Zeit einen Rückfall.

"Die zusätzliche Gabe des Thymus-Peptids Thymosin al erhöht die Responserate deutlich", erläutert Dr. Friedrich Wolf (Hamburg). Das zeigt eine randomisierte Doppelblind-Studie. 109 Patienten mit chronischer Hepatitis C erhielten über sechs Monate entweder Interferon kombiniert mit Thymosin al, Interferon kombinert mit Placebo oder nur Placebo. 37 Prozent der Patienten, die zusätzlich Thymosin al erhielten, sprachen auf die Therapie an - in der Interferon-Gruppe waren es lediglich 19 Prozent. Thymosin ocl besserte die biochemischen, histologischen und virologischen Parameter der Erkrankten. Ähnlich erfolgreich ist Thymosin al gegen Hepatitis B - hier ist sogar die Monotherapie wirksam und sicher.

Thymosin al ist ein Hormon des Thymus, das immunregulatorisch wirkt. Thym-Uvocal - das Thymus-Peptid-Präparat der Strathmann AG - besteht zu 69,4 Prozent aus a-Thymosinen. Das Hamburger Unternehmen initiierte jetzt eine Anwendungsbeobachtung mit Thym-Uvocal bei Hepatitis-C-Infizierten. 20 Patienten nehmen teil, die zuvor auf Interferon bzw. Interferon kombiniert mit Ribavirin nicht ansprachen. Die eine Hälfte bleibt bei ihrer bisherigen Therapie, die andere erhält zusätzlich Thym-Uvocal. Beobachtet werden die Transaminasen als Maß der Leberdestruktion und die Viruslast. Auch der Einfluß von Thym-Uvocal auf die Lebensqualität der Patienten wird evaluiert.

Selbst gegen HIV, zumindest den Subtyp l, sind Thymus-Peptide wirksam: Das zeigen Ergebnisse aus dem Hamburger Tropeninstitut. "CD8-positive T-Zellen werden durch eine Mischung von Thymus-Peptiden zusätzlich aktiviert", erläutert Gerd Mayer von Strathmann Research. "Die Folge ist: Sie produzieren vermehrt HIV-1 neutralisierende Faktoren." Die ermutigenden Ergebnisse aus dem Labor müssen jetzt in der Klinik bestehen. Die Rationale: Bei einer HIV-Infektion ist die Funktion des Thymus eingeschränkt, er bildet kaum Botenstoffe. Durch die Zufuhr von Thymus-Peptiden ist dieses Defizit möglicherweise zu beheben.

In einer Pilotstudie behandelt Prof. Dr. Renate Baumgarten (Berlin) derzeit HIV-Patienten mit Thym-Uvocal. Einige Patienten hatten bereits eine antiretrovirale Medikation erhalten, auf die sie unterschiedlich ansprachen. Allen gemeinsam war eine kutane Anergie bei Beginn der Thym-Uvocal-Therapie. "In mehr als 90 Prozent war die Recallreaktivität nach achtwöchiger Therapie mit Thym-Uvocal wiederhergestellt", berichtet Prof. Baumgarten. Das heißt: Die zelluläre Abwehr, evaluiert mit einem kutanen Stempeltest, war restauriert. Gleichzeitig beschrieben die Patienten ihre Lebensqualität als deutlich verbessert.

Die Studien belegen: Thymus-Peptide können Immundefizite ausgleichen. Damit steht ein weites Feld für eine Therapie mit Thymus-Peptiden (Thym-Uvocal) offen: Angefangen bei rheumatoider Arthritis über Autoimmunerkrankungen bis hin zu Infektionen mit Bakterien, Viren, Pilzen oder Parasiten. In diesem Sinne zieht Prof. Dr. Rainer Maurer (Berlin) das Fazit: "Wenige Immuntherapeutika haben ein solch breites Spektrum an Indikationen aufzuweisen bei so geringen unerwünschten Nebenwirkungen."

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Naturheilpraxis 06/99