Thema Ausbildung

Ausbildung - Fakten und Informationen

von Anja Siegert

Immer wieder werden Fragen zur Ausbildung an die Redaktion der NATUEHEILPRAXIS herangetragen. Es steht außer Frage, daß das Thema "Ausbildung" nach wie vor auf ungebrochenes Interesse stößt. Auch wenn die Zahl der niedergelassenen Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker in den letzten Jahren noch einmal sprunghaft angestiegen und Patientenfrequenz in den einzelnen Praxen eher zurückgegangen ist, wird verstärkt und in unterschiedlichsten Formen ausgebildet. Die fehlenden staatlichen Vorgaben für die Ausbildung machen möglich, daß rechtlich gesehen jedermann in Deutschland Heilpraktiker ausbilden kann, was sicher nicht unproblematisch ist und evtl. eine falsche Reaktion auf steigende Niederlassungszahlen und rückläufige Patientenfrequenz. Es besteht keine Frage, daß in dieser Situation eine gründliche Ausbildung das Gebot der Stunde sein muß, wobei Gründlichkeit unbestreitbar auch eine gewisse Länge der Ausbildung erfordert. NATURHEILPRAXIS möchte unter der Kolummne "Thema: Ausbildung" einmal Fakten, Analysen und Hintergrundinformationen zusammentragen, um den gesamten Problemkreis Ausbildung zu erhellen, einmal für die, die in der Ausbildung stehen, aber auch für die die ausbilden und nicht zuletzt für die Berufsstands-Angehörigen, die die Probleme der zukünftigen und heranwachsenden Kollegenschaft ebenfalls interessieren dürfte.

Red.

Über die Einmaligkeit und Eigenheit des Heilpraktikerberufes: Freiheit und Chance

Heilpraktiker darf sich derjenige nennen, welcher nach dem Heilpraktikergesetz über die Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde verfügt, ohne als Arzt "bestallt" bzw. zugelassen zu sein. Eigentlich sollte ja durch eine nationalsozialistische Order der Beruf des Heilpraktikers beseitigt werden, doch paradoxerweise verhalf ihm genau diese - in Anlehnung und Anpassung an das Grundgesetz - nach dem Zusammenbruch des 3. Reiches zu einem Wiederauferstehen. Die exakte rechtliche Grundlage des Heilpraktikerberufes bildet das "Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz)" vom 17.02.1939.

Der Heilpraktiker besitzt im Gesamtkanon der medizinischen Berufe eine recht bedeutende Position, er schließt vor allem - insbesondere durch die Anwendung von Naturheilverfahren - eine - gerade in der Bevölkerung empfundene - Lücke gesundheitlicher Versorgung. Weiterhin hat er gerade in einem Zeitalter der Vorherrschaft einer akademischen Medizin auch noch die Pflicht, ein Bewahrer und Förderer von Natur- und Erfahrungsheilkunde zu sein. Durch seinen Umgang mit z. T. wissenschaftlich noch nicht untermauerten Diagnose- und Therapieverfahren eröffnet er die Möglichkeit, diesen durch Empirie einen weiteren, wichtigen Stellenwert zu verschaffen.

Im Gegensatz zur reinen Volks- bzw. Erfahrungsheilkunde liegt der Naturheilkunde ein Denkmodell zugrunde, das die gesamten menschlichen Belange und Bedürfnisse eines Individuums zusammenfassend betrachtet und berücksichtigt, darauf die Diagnose aufbaut und hiervon Therapien ableitet ("ganzheitliche Medizin"). Eine Erfüllung bzw. Bestätigung dieses Denkmodells ist das "lege artis"-Vorgehen des naturheilkundlichen Behandlers.

Die ganzheitliche Diagnostik bzw. Therapie eines Heilpraktikers bezieht sowohl psychische als auch physische Elemente des Patienten mit ein und kann sich erstrecken von z. B. psychologisch intuitiver Gesprächsführung über behandlergestützte Selbstmedikation bis hin zu komplex verbundenen Therapieverfahren, wie z. B. Akupunktur oder Homöopathie. Die Tätigkeit des Heilpraktikers hat das Ziel der natürlichen und unschädlichen Behandlung von Patienten - vollkommen unabhängig von der Methodik -, wobei das Eruieren der Krankheitsursache und deren individuelle Beseitigung Priorität besitzt.

Dabei nimmt der Beruf des Heilpraktikers in der Gesamtheit der gesundheits- und sozialpflegerischen Tätigkeiten eine absolute Sonderstellung ein: In der Bundesrepublik Deutschland gibt es fast kein gesetzlich geregeltes Berufsbild ohne eine staatliche Ausbildungsverordnung. Gerade hier ist der Beruf des Heilpraktikers die berühmte Ausnahme. Für ihn existiert kein festgelegter Ausbildungsgang, auch stellt die für seine Legitimation wichtige Überprüfung beim Amtsarzt im Prinzip keine Kontrolle von Berufsinhalten wie z. B. naturheilkundlichen Diagnose- oder Therapieverfahren im eigentlichen Sinne dar, sondern sie dient alleine der Feststellung ob ggf. ein Heilpraktikeranwärter eine "Gefahr für die menschliche Gesundheit" darstellen könnte.

Es handelt sich bei der Überprüfung um keine Fachprüfung von Berufsinhalten, sondern lediglich um eine Kenntnisprüfung bezüglich einer Gefahrenabwehr.

Näher betrachtet bedeutet dies, daß ein Heilpraktiker, welcher nach seiner Ausbildung die Überprüfung bewältigt hat, noch nicht in der Lage sein muß, auch das zu beherrschen, was man das naturheilkundliche Handwerkszeug für die Arbeit am Patienten nennt. Genau diese Überprüfung stellt für viele Heilpraktikeranwärter die größte Hürde auf dem Weg zu einer nichtapprobierten Therapeutenkarriere dar. Um diese bewältigen zu können, müssen heutzutage teilweise erhebliche medizinische (Grund-) Kenntnisse erbracht werden, was sicherlich - als Berufsgrundlage - als überaus positiv zu bewerten ist.

Häufig werben dagegen Heilpraktikerschulen mit einer 18- bis 22- monatigen Ausbildungsdauer, diese doch insgesamt gesehen recht kurze Zeit könnte gerade für die Erlernung eines ausreichenden "Überprüfungswissens" reichen, oft bleibt dabei aber zuwenig Spielraum für die Aneignung naturheilkundlicher Verfahren. Es liegt also vollkommen im Verantwortungsbereich des seine Überprüfung bestandenen Heilpraktikers, wie er seinen weiteren Behandlerweg beschreitet. Er darf sich zwar einerseits - theoretisch - sofort in seiner eigenen Praxis niederlassen, ob dies aber andererseits zum Wohle des Patienten gereichen wird, darf wohl in manchen Fällen in Frage gestellt werden.

Unsere heutige Rechtslage bezüglich des Heilpraktikerberufes beinhaltet so gesehen ein gewisses Ungleichgewicht zwischen einem Minimum an Voraussetzungen, welche man zu einer legitimierten Berufsbetätigung benötigt, und dem großen und verantwortungsvollen Freiraum der möglichen, selbständigen Berufsausübung.

Neben dem eigentlichen Heilpraktikergesetz sind für die verwaltungstechnischen Belange der Zulassung zum Heilpraktikerberuf die einzelnen Vollzugserlasse der Bundesländer maßgebend. Bestimmend ist hier nicht Bundesrecht, sondern - bedingt durch die Kulturhoheit der Länder - rechtliche Bestimmungen in den einzelnen Ländern selbst. Ursache des ganzen Procedere ist u. a. die Aufgabe des Staates, seine Bürger vor allen möglichen Schäden und deren Auswirkungen zu bewahren. Dies bezieht sich natürlich auch auf medizinische bzw. heilerische Tätigkeiten. Beim Arzt wird dies eindeutig gewährleistet durch sein Studium und die geforderten Praktika bezüglich seiner Approbation. Er kann dadurch untermauern, daß er in Diagnostik und Therapie im eigentlichen Sinne bewandert ist. Der Heilpraktiker kann eine solche "Qualifikation" - trotz einer bestandenen Amtsarztüberprüfung - nicht vorweisen. Ihm bescheinigt man ja nur, daß er - wenn er sämtliche Vorgaben erfüllt hat - keine Bedrohung für die (volks- bzw.) menschliche Gesundheit und somit den Einzelnen verkörpert. Nicht dokumentiert wird ihm allerdings - wie schon erwähnt -, daß er seine Heilkunde und somit das Zentrum der späteren eigenverantwortlichen Tätigkeit wirklich beherrscht.

Diese Diskrepanz wird noch etwas deutlicher, wenn man sich einmal mit den strengen Auflagen und Anforderungen befaßt, die andere Heil- und Heilhilfsberufe innerhalb deren Ausbildungsgänge zu bestehen haben. So haben sich z. B. Arzthelferinnen, Krankenpfleger, Masseure, MTA`s usw. mit einem qualitativ hochwertigen Anforderungskatalog bis hin zur eigenständigen Berufsausübung auseinanderzusetzen. Es sei bemerkt, daß diese Berufe nach erfolgreichem Abschluß jedoch nur berechtigen, in einem eng eingegrenzten medizinischen Bereich tätig zu werden. Im Gegensatz zum Heilpraktiker dürfen sie keine Diagnosen am Patienten feststellen oder gar eigenständige Therapien durchführen. Dies hat nur nach Maßgabe von Arzt bzw. Heilpraktiker zu erfolgen.

Darüber hinaus hat sich die Ländergesundheitsministerkonferenz (GMK), welche sich ständig auch mit den Themenkreisen um "Unkonventionelle medizinische Methoden" beschäftigt, nachdrücklich in einer Stellungnahme zur Heilpraktikerfrage geäußert. Dieser ist u. a. folgendes zu entnehmen: "Für das Heilpraktikerwesen sind Verbesserungen des Verbraucherschutzes, der Transparenz und der Qualitätssicherung zu entwickeln. Die bereits eingeleitete Optimierung der Kenntnisüberprüfungen für Heilpraktiker in allen Ländern sollte konsequent umgesetzt werden."

Das Erfüllen solcher Kriterien läßt sich wohl am ehesten durch eine fundierte, gut organisierte Ausbildung - und nach Berufszulassung - mit einer konsequenten Weiterbildung ermöglichen.

Somit stellt die Frage nach der Vorbereitung bzw. Ausbildung zum Beruf des Heilpraktikers und seine Berufszulassung eine überaus hohe und ernstzunehmende Dimension dar.

Die Gestaltung der Zulassung zum Beruf des Heilpraktikers in den einzelnen Bundesländer - 1. Teil

Ein großer Problembereich für zukünftige Heilpraktiker liegt - laut einer nicht repräsentativen Umfrage in verschiedenen Heilpraktikerausbildungsinstituten - bei den Zulassungsverfahren der einzelnen Bundesländer. Die rechtliche Grundlage für den Beruf des Heilpraktikers stellt klar und eindeutig das Heilpraktikergesetz dar. Dazu regelt flankierend aufgrund § 7 des o. g. Gesetzes die "I. Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung" die allgemeine Erlaubnisregelung bzw. das Erlaubnisverfahren, um den Titel "Heilpraktiker" erhalten zu können.

Daneben organisiert jedes Bundesland für sich, nach jeweils eigenen Länderrichtlinien, in erster Linie den verwaltungsrechtlichen bzw. verwaltungstechnischen Apparat im Einvernehmen mit dem Heilpraktikergesetz samt Durchführungsverordnung. Daneben gelten die durch das Bundesministerium für Gesundheit entwickelten Leitlinien als Empfehlung für eine mögliche gerechte und qualitativ standardisierte Vereinheitlichung der Kenntnisüberprüfung des Antragstellers.

Gemäß dem Heilpraktikergesetz und seiner Durchführungsverordnung hat ein Heilpraktikeranwärter diesbezüglich nur einige Mindestbedingungen zu erfüllen.

So wird nach § 2 der I. Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz die Erlaubnis über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung nicht erteilt, wenn folgende Versagungsgründe vorliegen:

Nach § 3 der Durchführungsverordnung entscheiden die unteren Verwaltungsbehörden der einzelnen Bundesländer im Benehmen mit dem jeweiligen Gesundheitsamt.

Im Folgenden sollen nun die Verordnungen und Richtlinien einzelner Bundesländer, bzw. wichtige Punkte hinsichtlich der Heilpraktikerüberprüfung zur Sprache kommen. In dieser Ausgabe ist dies das Bundesland Baden-Württemberg.

In den nächsten Ausgaben der NHP sollen regelmäßig weitere Bundesländer folgen.

Für jedes Bundesland sind in einem Raster - zur besseren Übersichtlichkeit - folgende wesentliche Punkte der Kenntnisüberprüfung zur Orientierung aufgelistet:

Sollten spezielle Informationen für Prüfungsaspiranten von einem Bundesland bzw. Gesundheitsamt vorhanden sein, werden diese mitgegeben. Die Informationen o. g. Aussagen stammen direkt von den entsprechenden zuständigen behördlichen Ansprechpartnern der einzelnen Bundesländer. Sollte im Raster der eine oder andere Punkt fehlen, so bedeutet dies, daß hierfür keine Informationen vorlagen bzw. weitergegeben wurden.

(Eine komplette Zusammenfassung in Scriptform zum Thema "Ausbildung und Überprüfung zum Beruf des Heilpraktikers - Aktuelle Informationen zu Ausildungsgängen und Daten, Fakten sowie Hintergründe zu Überprüfungsbelangen" ist über die Autorin zum Preis von DM 79,- erhältlich.)

Anschrift der Verfasserin:
A.S.i.t. - Anja Siegert
Pilgerwiesenstraße
73630 Remshalden

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Naturheilpraxis 05/99