Das Herz

Herzerkrankungen - was bei Phytotherapie zu "beherzigen" ist

von Susanne Lorenz

Als dem englischen Anatom und Arzt William Harvey 1628 die Entdeckung des Blutkreislaufs gelang, spielte hierbei die Christrose, oder Schwarze Nieswurz, Helleborus niger, eine nicht unbedeutende Rolle. Ein Kräuterweiblein, das bei "Beinwassersucht" Nieswurz reichte, hatte ihn auf die damit einhergehende Verbesserung der Herztätigkeit aufmerksam gemacht und lieferte so die Idee für die Aufdeckung des Zusammenhangs der "Beinwassersucht und der Herzschwäche". Auch Paracelsus behandelte prätibiale Ödeme mit Helleborus niger, welches ein wesentlicher Bestandteil seines Elixiers "Ad longam vitam" war. Für uns ist diese Pflanze, die neben dem digitalisähnlichen Herzglykosid Hellebrin auch schleimhautreizende Saponine enthält, auf Grund der schlechten Verträglichkeit, obsolet und steht nur noch homöopathisch zur Verfügung. Dies mag jedoch in einem anderen Licht erscheinen, wenn man bedenkt, dass Paracelsus die getrockneten Blätter verwendete, die einen wesentlich geringeren Gehalt an herzwirksamen Glykosiden aufweisen, als die früher sonst übliche Anwendung des Wurzelstocks. Sein Geriatrikum, nichts anderes war im Grunde ein "Elixier", bewirkte also eine Verbesserung der Herztätigkeit bei altersbedingter Insuffizienz durch die Verabreichung von Glykosiden in sehr kleinen Mengen.

Auch der Rote Fingerhut, Digitalis purpurea; ein Symbol für Herzwirksamkeit, und ein Pionier der wissenschaftlichen Phytotherapie, dessen Monografie bereits 1785 der Engländer Withering veröffentlichte, steht uns heute nur homöopathisch zur Verfügung. Withering beschreibt in seiner berühmt gewordenen Monografie auch die Zeichen der Digitalis-Intoxikation, wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Sehstörungen in Form von grünen oder gelben Farbveränderungen sowie Pulsverlangsamung und kalte Schweiße, sehr ausführlich, und gibt genaue Dosierungshinweise.

Die aus Digitalis und auch aus Strophantus isolierten, insgesamt 14 Reinglykoside 1. Ordnung, gelten heute als chemisch definierte Herzglykoside und sind laut Arzneimittelgesetz keine Phytopharmaka. Bei den Glykosiden 2. Ordnung, den sogenannten Digitaloiden, beginnt jedoch der Wirkungsbereich der Phytotherapie und hier stehen uns äußerst effektive Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Herzinsuffizienz

Digitaloide sind myokardwirksame Glykoside mit digoxin- und digitoxinähnlicher Wirkung, die aber nicht von Digitalispflanzen stammen. Wir zählen hierzu:

1. Scilla maritima - Meerzwiebel,
2. Convallaria majalis - Maiglöckchen,
3. Adonis vernalis - Adonisröschen,
4. Nerium Oleander - Rosenlorbeer.

Ihre Indikation laut Kommission E 1988:
- Leichte bis mittelschwere Herzinsuffizienz (NYHA I + II)
- Altersherz
- Chronisches Cor pulmonale

Für die genannten Pflanzen gilt gleichermaßen, dass Nebenwirkungen, wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Herzrhythmusstörungen, auftreten können. Ebenso kann es zu Wechselwirkungen mit Chinidin, Kalzium, Saluretika, Laxantien und Gluco-corticoiden kommen.

Literatur:
Rudolf Weiß: Lehrbuch der Phytotherapie, Hippokrates Stuttgart 1991
Josef Karl: Neue Therapiekonzepte, Pflaum-Verlag, München 1995
Hartwig Gäbler: Arzneipflanzen, Verlag Müller & Steinicke, München 1982
Petra Schäfer: Praxisleitfaden Phytotherapie, Haug Verlag, Heidelberg 1996
Dr. Wesselin Denkow: Gifte der Natur, Ensthaler
Dieter Beckmann: Alraun, Beifuß und andere Hexenkräuter, Campus Verlag, Frankfurt/Main 1990
Rote Liste 1998

Anschrift der Verfasserin:
Susanne Lorenz
Heilpraktikerin
Bad Berneckstr. 10
81549 München


Diesen Beitrag in vollem Umfang finden Sie n Naturheilpraxis 4/99.

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