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Diskussionsforum

Berufsständische Professionalisierung

Einleitung von Karl F. Liebau

Im Berufsstand ist seit einiger Zeit eine Diskussion über Professionalisierungsmaßnahmen in Gang gekommen, über die "NATURHEILPRAXIS von Beginn an berichtete, die von uns analysiert und kommentiert wurde und in der bereits verschiedene Stimmen zu Wort gekommen sind. Inzwischen sind diese zahlreicher geworden und die Diskussion wird bereichert durch die unterschiedlichen Betrachtungsweisen, die es zur Kenntnis zu nehmen, zu wägen und zu diskutieren gilt.

Die NATURHEILPRAXIS als überverbandliche und anerkannte Fachzeitschrift des Berufsstandes mit einer großen Auflage sieht es als ihre selbstverständliche Aufgabe und Verpflichtung an, diesem Meinungsspektrum mit der Einrichtung einer eigenen Kolummne "Diskussionsforum" eine Plattform zur ausführlichen Diskussion in der Heilpraktikerschaft zur Verfügung zu stellen. Als Sprachrohr des Berufsstandes hat unsere Fachzeitschrift stets die Entwicklung der Naturheilkunde und der Heilpraktikerschaft zu fördern versucht durch Berichte, Analysen, Kommentare und Anregungen, ganz abgesehen natürlich von der differenzierten fachlichen Detailpflege aller wichtigen Themen der Naturheilkunde.

Nicht zuletzt hat die NATURHEILPRAXIS in ihrer Beilage "Politik" regelmäßig und ausführlich über die Voraussetzungen berichtet, die u.a. die Professionalisierungsdiskussion mit ausgelöst haben.

Da war nach einer positiven Nachkriegsentwicklung zunächst 1983 das Votum des Bundesgesundheitsrates, der die Frage der Bundesregierung, ob das Heilpraktikergesetz von 1937 überhaupt noch zeitgemäß sei, mit einem klaren "nein" beantwortete und zu einem "Auslaufmodell" des Berufsstandes riet. In erster Linie wurde die fehlende staatliche Ausbildungs- und Prüfungsordnung als mangelnder Nachweis von Qualifikationen beklagt. Man hatte ganz vom Standpunkt einer staatlich-systemischen Gesundheitsversogung aus diskutiert und kam zu dem auf den ersten Blick etwas widersprüchlich anmutenden Ergebnis, daß es in der Bundesrepublik keinen Bedarf für Heilpraktiker gäbe, hingegen ein individuelles Bedürfnis in der Bevölkerung. Die Tatsache, daß sich dieses Bedürfnis millionenfach äußerte, führte in unserer Stimmungsdemokratie zu einer mangelnden politischen Durchsetzbarkeit der Aussterbelösung. Dieses dürfte wohl im Prinzip auch noch für heute gelten und mit Recht.

Leider haben einige Verbandsfunktionäre aus einer gewissen Unverstandenheit unserer geltenden Rechtssystematik als der einzigen Existenzgrundlage in der Folgezeit die falschen Schlüsse aus dem Votum des BGR gezogen und nach einem neuen Heilpraktikergesetz gerufen mit eben dieser als fehlend beklagten staatlichen Ausbildungs- und Prüfungsordnung, ohne zu bedenken, daß ja gerade die Bedarfsfrage nach diesem neuen Heilpraktikerberuf verneint worden ist.

Die Folgezeit schien berufsständisch entspannt zu sein bei einem starken Anwachsen der Heilpraktikerzahlen. Wechselnde verbandliche Konstellationen mit der Auflösung der eigentlichen "Kooperation Deutscher Heilpraktikerverbände", als dem Zusammenschuß dreier großer Bundesverbände, führte zu unterschiedlicher Einschätzung der Existenzgefährdung, bzw. der notwendigen Maßnahmen zur Existenzsicherung des Berufsstandes mit der Folge eines sehr uneinheitlichen Gesamtbildes.

So wurden die europäischen Initiativen z.B. die des belgischen Grünen Paul Lannoye, in Bezug auf die Stellung der Unkonventiellen Medizinischen Methoden und deren nichtärztliche Berufsausübung von den einen in ihrer Bedeutung überschätzt, von anderen kaum beachtet, bis sie schließlich wegen mangelnder Zuständigkeit der EU für diese Fragen - jedenfalls in absehbarer Zeit - in relative Bedeutungslosigkeit versanken.

Hingegen wird merkwürdigerweise die tatsächliche Zuständigkeit der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) für die Belange des Berufsstandes mit ihren Stellungnahmen wiederum unterschätzt. Die GMK hatte im November 1997 in einer Entschließung zur Heilpraktikerfrage ausgeführt: "5. Für das Heilpraktikerwesen sind Verbesserungen des Verbraucherschutzes, der Transparenz und der Qualitätssicherung zu entwickeln. Die bereits eingeleitete Optimierung der Kenntnisüberprüfungen für Heilpraktikeranwärter in allen Ländern sollte konsequent umgesetzt werden." Die vorbereitende Entschließung der Arbeitsgemeinschaft der leitenden Medizinalbeamten, die aufgrund amtlicher Zuständigkeit für Heilpraktikerfragen sicher die intimsten Kenner der "Heilpraktikerszene" sein dürften, war ja durchaus deutlicher in ihrer Formulierung, die sogar bei den Ländern eine Zustimmung 15:1 fand und nur aufgrund eines Landes abgemildert wurde. Da hieß es nämlich: "Die GMK sieht mit Sorge, daß es bis heute nicht gelungen ist, beim Heilpraktikerwesen eine abgesicherte Strukturqualität in bezug auf Ausbildung und Berufsausübung einzuführen. Das Heilpraktikerwesen entspricht nicht den Forderungen des Patientenschutzes, wie sie von der GMK erhoben worden sind. Es erscheint deshalb langfristig sinnvoll, die Anwendung der UMM (Unkonventionellen Medizinischen Methoden) der wissenschaftlich ausgebildeten und insofern eher differenzierenden Ärzteschaft zu überlassen."

Da der Staat bei bestehendem Heilpraktikergesetz aber gar nicht in der Lage ist, Qualifikationsmaßnahmen vorzuschreiben, sondern einen "Verbraucherschutz" nur über eine Beschneidung z.B. bei Risiko- oder hautverletzenden Therapien gesetzeskonform einzuführen, steht ja wohl außer Frage, wer hier mit einem Mehr an "gesicherter Strukturqualität" angesprochen ist: natürlich der Berufsstand selbst. Auf gut deutsch heißt das, die Gesamtheit der Berufsangehörigen muß es bewerkstelligen, also die Summe der augenblicklich bundesweit und repräsentativ handelnden Berufsorganisationen und das sind ganz konkurrenzlos "Die Deutschen Heilpraktikerverbände- DDH". Allerdings haben sie nicht nur die Ehre dieses konkurrenzlos im Berufsstand zu sein, sondern sie haben freilich auch die Verpflichtung, diese Aufgabe zu erfüllen. Wenn hier jeder anfinge, sog. "Gütesiegel" zu verteilen, dann würde nicht mehr Transparenz im Verkehr mit der Öffentlichkeit entstehen sondern das gerade Gegenteil: mehr Undurchsichtigkeit. Die Aufgabe für DDH wird schwer, aber sie muß getan werden. Und wie man hört, soll es ja zarte Ansätze geben, vor allen gibt es einen Zuwachs an Einsicht in notwendige berufspolitische Schulaufgaben.

Berufsständische Regelungen müssen die Freiheit und Kreativität eines freien Heilberufs durchaus nicht einschränken, im Gegenteil sie können diese im Gegensatz zu staatlichen Maßnahmen erhalten und fördern. Man muß aber zur Kenntnis nehmen, daß man in einem Zeitalter der Information und einer für alle nachvollziehbaren Dokumentation ohne ein Maß an Transparenz über Qualifizierungsmaßnahmen eines Berufsstandes nicht mehr auskommt. Es gibt heute nicht mehr nur einige hundert Heilpraktiker, und man reist auch nicht mehr aufgrund eines zugeflüsterten Geheimtips zu seinem Heiler irgendwo in die Heide, sondern es gibt weit über 10.000 Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker, die über die gesamte Geschäfts- und Lebenswelt unserer Republik verteilt sind und sich deshalb auch von allgemeinen Kriterien und Normen nicht abkoppeln können. Wenn man heute ins Internet will, kann man das eben nicht mit einem Betriebssystem von 1982. Unser Klientel ist zu aufgeklärt, als daß es noch genügt, das Image eines Geheimtips zu verfolgen, wo keiner fragt wieso und woher, sondern wir müssen heute das Vertrauen hinterfüttern und begründen mit einer gewissen Transparenz über unsere Qualifikation.

Um die Diskussion und das Meinungsspektrum zu diesem Problem soll in dieser Kolummne gehen. Dabei sollen alle Meinugen zu Wort kommen, solche die Hintergründe erfragen, zur Selbsterkenntnis beitragen, Analysen zur Situation bieten, sich zu politischen Problemen äußern und solchen, die sich mit der Öffentlichkeit und der Gesllschaft befassen, zu Wort kommen. Und für die Verbände, die die schwierige Aufgabe übernehmen müssen, die nachvollziehbare Professionalisierung des Berufsstandes umzusetzen und zu organisieren, soll dieses Diskussionsforum einer Bereicherung der Argumente darstellen. Heute eine kollegiale Äußerung zur persönlichen und vielleicht auch berufsständischen Standortfindung:


Zum Selbstbild des Heilpraktikers

Probleme oder Herausforderungen?

Hans-Peter Kuhl

Die Herausforderungen werden immer vielfältiger und komplexer. Das Wissen der Menschheit verdoppelt sich alle fünf Jahre. Die Verkoppelung mit europäischen Gesundheitssystemen bindet uns ein in die Globalisierung von Organisationsstrukturen. Die zunehmende kommunikative Vernetzung erzeugt immer neue Reflexionsebenen.

Schon die Idee der Einführung von Qualitätssicherungsmaßnahmen für unsere Berufstätigkeit schlägt hohen Wellen. Was wird erst zum Vorschein kommen, wenn wir an die Durchführung von QM gehen und uns ehrlich und realistisch mit unserem Umfeld auseinandersetzen? Spüren wir nicht jetzt schon, daß es in unserem Gesundheitssystem nur so kracht, daß wir von Pardoxien getrieben werden (Heidi Schüller, 1999) anstatt selbstverantwortlich und zielstrebig zu handeln?

Unter dem Druck der aufgezeigten äußeren Entwicklungen sind wir vor allen Dingen aufgefordert, uns .selbst weiter zu entwickeln. Unsere Zukunft wird wesentlich dadurch bestimmt sein, wie wir mit den uns gestellten Aufgaben umgehen. Insbesondere müssen wir eine klare Identität entwickeln, wenn wir als eigenständige Berufsgruppe im Netz der Verbundsysteme unseren Platz behaupten wollen. Wir müssen auch lernen, uns zu zeigen und "Farbe zu bekennen", wenn wir erfolgreich bleiben wollen.

Wollen wir auch in Zukunft noch unsere eigenen Interessen wahren, so gilt es, einen konstruktiven Rahmen zu schaffen, in dem die Wachstumsbedingungen optimiert werden. Welche sozialen und kommunikativen Strukturen brauchen wir, um unsere Interessen zu erkennen und für alle befriedigend und angemessen umzusetzen? Zudem werden wir eine Strategie brauchen, die unser aller Kompetenzen in eine zielgerichtete Arbeit einfließen läßt und unsere Kräfte bündelt.

Und wie sieht es mit unserer Basis aus? Eva-Maria Sanders ( 1997) fordert in ihrem Buch:"Sollte es nicht eine der wichtigsten Aufgaben unserer Mediziner sein, an uns Patienten zu glauben, auch wenn die Situation nicht danach aussieht?" Um wie vieles wichtiger ist es, an uns selbst zu glauben? Ist das nicht die Basis für jede unserer Tätigkeiten? Zu wieviel Prozent glauben Sie denn an sich selbst und vertrauen Ihrer Arbeit? Zu wieviel Prozent glauben Sie an Ihre erfolgreiche und zufriedenstellende Zukunft?

Unsicherheit und Angst haben sich breitgemacht. Manche Kollegen suchen ihr Heil in der Erstarrung. So verkündete der in Kassel neugewählte Vorstand der FDH als seine Vision für den Beruf des Heilpraktikers: alles so zu erhalten, wie es ist. Andere Kollegen suchen in dem überwältigenden Angebot neuer Verfahren und technischer Geräte ihr Heil. So hetzen sie atemlos dem technischen Fortschritt hinterher.

Unsicherheit und Angst sind jedoch schlechte Ratgeber - besonders in unserem Beruf Werden wir uns von der Last erdrücken lassen, zu "Patienten" unserer Lage werden, oder werden wir sie als Herausforderung annehmen, alle unsere Fähigkeiten, Kompetenzen und Ressourcen einbringen und einen Heilungsprozeß erfahren?

Grundlegendes

Man zählt uns heute zu den reflexiven Berufen, zu deren Kernkompetenz es gehört, sich selbst ständig zu reflektieren. Es ist ein Zeichen unserer Professionalität, über uns selbst und über unsere Arbeit nachzudenken, regelmäßig für Supervision zu sorgen und Qualitätssicherung zu betreiben.

Selbstreflexion ist nicht nur Ausdruck der Verantwortung gegenüber unseren "Patienten", sie schützt uns auch vor unserer Berufskrankheit, dem "Burn-out" oder "Co-Abhängigkeit". Selbstreflexion ist sozusagen seelisch-geistige Hygiene. Bedenken Sie bitte einmal, wie viele Vorschriften es für die Hygiene in Ihren Praxisräumen und Ihres Arbeitszeuges gibt. Und was tun Sie für Ihr wichtigstes Werkzeug, für sich selbst? Wie tragen sie Sorge, daß Sie selber heil werden und heil bleiben?

Selbstreflexion müßte demnach die Grundlage unserer Fachfortbildung sein, oder? Zu wieviel Prozent ist Ihre Fachfortbildung eine Übung in Selbstreflexion?

Ein wesentlicher Ausdruck des selbstreflexiven Prozesses ist die Identität, die sich im Selbstbild repräsentiert. Weiterhin dient das Selbstbild als Leitbild, an dem man sich orientiert und auf das man sich bezieht.
Im folgenden Text möchte ich einige Ideen, Aspekte und Visionen aufzeigen, um eine lebendige Selbstreflexion in unseren Reihen in Gang zu bringen.

Neuorientierung

Treten wir also einen Schritt zurück aus der Hektik des Alltags, um unser Selbstbild aus der nötigen Distanz und ohne Wertung zu betrachten.

Die Bezeichnung "Heilpraktiker" verpflichtet uns, Heilung zu praktizieren. Das unterscheidet uns vom "Arzt", "Therapeuten", "Behandler", "Verordner" usw. Besagt das nicht ganz deutlich, daß es nicht unsere Aufgabe ist, Krankheit(en) im Sinne einer Problemorientierung zu behandeln, sondern Gesundheit und Heilung zielund lösungsorientiert zu fördern? Bedeutet dies nicht eine Orientierung in die der "Krankheit" entgegengesetzte Richtung?

Konkret verstehe ich darunter die folgende Vorgehensweise:

1. In Kontakt kommen.
Sicherlich müssen wir den Hilfesuchenden dort abholen, wo er steht: bei seiner "Krankheit" und auch bei seinem "KrankSEIN" (Kuhl, 1995).

2. "Umstimmung" und Neuorientierung.
Die grundlegende geistig-seelische Umstimmung lenkt die Aufmerksamkeit des Leidenden ("Patienten") weg von sich und seinen schuldhaften Verstrickungen auf den Kontext, den Bedeutungshintergrund, und auf die Ebene der Beziehungen (Kuhl, 1998). Dies ermöglicht dem Betroffenen neue Sichtweisen und eröffnet ihm neue Möglichkeiten des Denkens, Empfindens und Handelns. So kann er lernen, seiner Krise eine konstruktive Bedeutung zu geben und aus dieser Erfahrung neue Entwicklungschancen abzuleiten.

3. Sinnfindung
Im eigentlichen Heilungsprozeß ist der Heilpraktiker als Wegbegleiter (Prozeßbegleiter) gefordert.

Dabei geht es nicht so sehr um die Anwendung effektiver Methoden, sondern um eine bestimmte Haltung und um seine menschliche Reife. Der in seinem Selbstverständnis sich wandelnde Mensch fragt nach Führung durch soziale Kompetenzen, nach partnerschaftlichem Umgang und Dialog. Sollte der Heilpraktiker nicht eine Art Vorbild sein und Leitfunktionen übernehmen für Menschen in Krisensituationen und sollte er nicht Katalysator sein für die Entwicklung einer selbstiverantwortlichen Lebensführung?

Verstehen wir das Medikament als eine Kraft, die etwas mit dem Patienten macht, dann sind wir verstrickt in das alte Paradigma der Machbarkeit, dem wir ja gerade zu entrinnen trachten. Wir entmündigen den "Patienten" und wir entwürdigen uns selbst, solange wir ihn zum Gegenstand unserer Macht machen.

Die Person des Heilpraktikers sollte das eigentliche Medikament ("heile den Geist") sein, das dem "Patienten" als Katalysator dient, d.h. ihm möglich macht, selber aktiv und selbstbestimmt seinen eigenen Weg zu gehen. Die Fähigkeit zum Dialog (Bohm, 1996) wird heute als das neue Paradigma bezeichnet, ein Horizonte eröffnendes Aufeinanderzugehen. Dieses Vorgehensweise definiert die Beteiligten als Partner und fordert von ihnen die Bereitschaft, sich in Frage stellen zu lassen und sich selbst zu verändern. Der Lohn ist die Chance miteinander zu wachsen und Neues zu entdecken.

Kohärenz

Als das Herzstück des Heilungsprozesses verstehe ich die Steigerung von Kohärenz Antonovsky (1987) kristallisiert in seinem Ansatz der Salutogenese drei Fähigkeiten heraus:

l. das eigene Leben und die Umwelt begreifen zu können (Comprehensibility)

2. die Gewißheit, auch für schwierige Probleme prinzipiell Lösungen finden zu können (Manageability)

3. der Eindruck, die Anforderungen an die Lebensgestaltung seien letztendlich sinnvoll (Meaningfulness).

Durch die Bündelung dieser Fähigkeiten zu einem Konstrukt eines "Sense of Coherence" wird die Handlungsfähigkeit in einer im Zweifel immer schwierigeren Welt gewährleistet. Dieser Kohärenzsinn korreliert nach zahlreichen Untersuchungen gut mit dem Gesundheitszustand des Menschen (Gruhl).

"Kohärenz" ist in der Physik die Fähigkeit der Wellen zur Überlagerung. Es entsteht ein geordneter Zustand, bei dem die Wellen ein zusammenhängendes und kommunikatives Feld bilden und in hohem Maße aufeinander ausgerichtet sind. Dabei wird einerseits die Verbindung zum Ursprung behalten und andererseits erfolgt ein wechselseitiges Bestätigen im Verband.

Beispielsweise bekräftigen lebendige Zellen unablässig einander ihre Bedeutung durch den Austausch von Signalen, den sogenannten Wachstums- und Überlebensfaktoren. Eine Trennung aus dieser Kohärenz aktiviert unverzüglich die Apoptose, das Selbstmord-Programm der Zelle (Duke, 1997). So werden generell jene ausgemerzt, die sich nicht dort befinden, wo sie hingehören.

Kernkompetenzen

Durch Selbstreflexion und Konzentration auf das Wesentliche ergibt sich fiir den "Heilpraktiker" einerseits die Identität des Beraters und Wegbegleiters zur Neuorientierung auf Lösungen und andererseits als Kernkompetenz seiner "Handlung" die Fähigkeit, Kohärenz zu steigern.

Praktische Umsetzung

Wie können wir nun uns selbst in unsere weitere Entwicklung optimal einbringen? Wie können wir fiir unseren Berufsstand die geeigneten Entwicklungsräume schaffen?

Ich habe die Vision, daß, wir alle uns selbstbewußt mit unseren persönlichen Visionen an der Planung und Entwicklung beteiligen und eine gemeinsame Vision finden, aus der wir trotz schwieriger gewordener Randbedingungen und Grenzerfahrungen immer wieder neue Kraft schöpfen können.

Sind unsere Berufsverbände überhaupt in der Lage und willens, diese Gemeinschaftsund Integrationsleistung zu erbringen? Oder sind sie "aus Tradition" kooperationsunfähig'? Bedarf es vielleicht dazu eines ganz neuen, übergeordneten Rahmen s?

Ein neugegründete Aktions-Kreis-Heilberufe e. V. (AKH) könnte meines Erachtens solch einen kreativen und kooperativen Rahmen bieten. Der AKH versteht sich als Selbsthilfeeinrichtung für alle Heilberufe. Die ldee der Selbsthilfe für Heilberufler umzusetzen halte ich geradezu für genial. Gerade die "untadeligen Ritter in Weiß" stehen ja ständig unter dem Druck von übermenschlichen Anforderungen und Erwartungen. Im Rahmen der Selbsthilfe kann sich der Mensch unter der Rüstung hervortrauen und in einen regen Austausch treten, der auch alle anderen bereichert.

Im Austausch aktualisieren wir dabei gegenseitig unseren Wissensstand auf breitester Basis. (In unseren Fachfortbildungen beschränken wir uns ja gewöhnlich auf den uns bereits bekannten eigenen Bereich und schauen nur selten über den Tellerrand.)

Sich selbst in diesem Rahmen zu repräsentieren, schärft die Wahrnehmungsfähigkeit für die "Muster, die verbinden" (Bateson), das trainiert den Geist und stärkt das Gemeinschaftsgefühl.

Hier könnte ein Forum der Begegnung, der Selbstdarstellung und ldentitätsfindung wachsen, in dem die einzelnen Berufsfelder als ganzheitliche Bilder sowohl an Klarheit und Profil als auch an Sinnhaftigkeit gewinnen könnten.

Was werden ,Sie tun, um diese Herausforderungen für sich konstruktiv zu nutzen?

Hans-Peter Kuhl
Heilpraktiker, Dipl.-Psych.
28757 Bremen
Tel.: (0421 ) 66 20 28

In der nächsten Ausgabe NATURHEILPRAXIS 5 / 1999 lesen Sie im Diskussionsforum eine Stellungnahme von Kollege
Dr. Peter-Alexander Möller

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Naturheilpraxis 04/99