Grundannahmen der Naturheilkunde

Ganzheit und Ganzheitlichkeit:
Die Naturmedizin und ihre geistige Aufgabe an der Zeitenwende

von Martin P. Steiner

Immer strebe zum Ganzen, und kannst du selber kein Ganzes Werden, als dienendes Glied schließ an ein Ganzes dich an! -

Friedrich v. Schiller

 

Einleitung:

Ganzheitliches Denken, und daher relative Geborgenheit in den natürlichen Vorgängen des Universums stand in den frühen Zeitaltern unserer Erde in höchster Anerkennung, galt als höchstes Ziel und wahre Gesundheit, daran ändern weder Seuchen noch Zivilisationskrankheiten des Altertums etwas. Die «primitivsten» Kulturen waren auch die gesundesten. Heute, an einer neuen Zeitenwende stehend, besinnen wir uns, wie diese Ganzheit, Geborgenheit und Gesundheit erneut Wirklichkeit werden könnten. Natürliches Heilen ist der Ausdruck solch ganzheitlichen Strebens und Bemühens, das seine Grundlage auch heute wieder im Aufleben des Geistes finden muß.

Wer hätte in unserer heutigen Zeit das Recht, Definitives über Ganzheit und Ganzheitlichkeit zu sagen, geschweige denn, zu schreiben? Müßte jemand, der dies tut, nicht selbst ganz sein, selbst also jenen hohen, ja idealen Zustand erreicht haben, von dem aus allein die Sicht frei, der Horizont weit und der Einblick tief genug wird, um das Höchste, das Ideale beschreiben zu können? Von diesem kritischen Anspruch her dürften es bestimmt nur wenige wagen, sich abschließend zu diesem Thema zu äußern. In diesem Sinne möchten wir den folgenden Versuch eines Überblicks von einer kleinen Erhebung aus deutlich abheben von der end-gültigen Wahrheit, welche vom Berg herab verkündet werden könnte.

 

Heile Welt - Heils-Welt

Ganzheit bedeutet ja nichts Anderes als Fülle, Vollendung und unveränderliche Vollkommenheit, also die Abwesenheit sämtlicher Mängel, Fehler und Leiden. Leben - unfaulbares Leben, heißt es in Henley's Gedicht The Garden of Allah, das wir nebenstehend in deutscher Übertragung wiedergeben. - Aber wo stehen wir heute? Wo steht unsere Zeit? Wo stehen unsere Zivilisation, unsere Kultur, unsere Wirtschaft? Wo steht unsere Gesundheit? Kann hier von unfaulbarem Leben gesprochen werden? - Gewiß nicht. Vieles ist faul in unserem Staat, in unserer Gesellschaft und Kultur. Vieles ist faul an unserer Wirtschaft, und am faulsten ist der heutige Begriff von Fortschritt.

- Fortschreiten wohin? In Richtung einer jener für den Fall des «Erfolgs» ebenso wie für jenen des «Misserfolgs» beängstigenden Prognosen und Prophezeiungen, die von selbsternannten Propheten gestellt und doch bald widerrufen werden? Fortschreiten in Richtung einer jener Heilslehren, die zum auslaufenden Jahrtausend in so großer Zahl angeboten werden, daß kaum mehr jemand unterscheiden kann, was bloße Scharlatanerie und Geschäft ist, was ein gangbarer Weg, was ein gut gemeinter Irrtum?

 

Wo ist das Heil ?

Heilslehren für das bessere Fortschreiten der Zivilisation, der Gesellschaft, der Kultur, der Wirtschaft .... - und daher ebenso viele Heilslehren, welche mit Sicherheit zur besseren Gesundheit führen sollen, zu höherem Alter, und wenn möglich zum Fortführen des Lebens nach dem Tod in derselben Form wie das bisherige Leben: Unfaulbares Leben, da der heutige Mensch, angesichts des Versagens aller Programme, Prognosen und Institutionen doch wenigstens Eines retten möchte: das eigene Leben, wie sehr er es auch sonst beklagt. Hier von Ganzheit zu sprechen, wo nichts mehr ganz ist, ist wahrlich ein schwieriges Unterfangen!

Und dennoch bleibt sie bestehen, durch alle Zeiten, durch alle Kultur-, Gesellschafts-, Wirtschafts- und Zivilisations-Veränderungen hindurch. Die Sehnsucht nach der Ganzheit, nach Fülle, Vollendung und Vollkommenheit. Nach vollständigem geistigem, seelischem und körperlichem Wohlbefinden. Nach ungetrübtem Glück, Fülle und Gesundheit. - Nach ewigem Leben!

 

Wer hat die Antwort ?

Wo aber bleibt die Antwort auf diese Suche? Niemals könnte sie aus dem Lager der akademischen Wissenschaft kommen; niemals aus dem Lager der Führer von Wirtschaft, Gesellschaft und Staat. Und auch jene Institutionen kirchlicher und außerkirchlicher Art, welche so lange das Verlorene Wort zu bewahren vorgaben, stehen stumm: sie haben es selbst verloren! Die Antwort müßte also entweder aus einem ganz neuen Lager kommen, oder aber sie ist schon da und müßte von Allen gehört und ernst genommen werden. Letzteres liegt um so weniger auf der Hand, als es sich um eine interdisziplinäre Antwort handelt, um eine Antwort, welche für die materiellen Gebiete unserer Welt ebenso gilt wie für die geistigen; für die Wissenschaft ebenso wie für Grenzwissenschaft und Religion, wenn auch wohl nicht im kirchlich-institutionellen Sinne. Eine philosophische Antwort also, welche aber direkte praktische Auswirkung im täglichen Leben hätte, wo immer sie in die Tat umgesetzt würde.

 

Harmonie mit dem Kosmos

Die einfachste Antwort wäre Harmonie mit der kosmischen und makrokosmischen Ordnung. Kosmos - kosmoz - heißt ja nichts anderes als Schönheit (Schmuck), Regelmäßigkeit (von Regel - also Gesetz, und Mäßigkeit - also Maß) und (harmonische) Welt-Ordnung. Man könnte das auch etwa so ausdrücken:
In Analogie zum ursprünglichen Logos - der universellen schöpferischen Gedankenfülle - steht die ursprüngliche Schöpfung - die universelle vollkommene Offenbarungsfülle; beide vereint durch das dritte Element, das Eine Universelle Gesetz der Vollkommenen Harmonie des Alles in Allem, welches alle anderen Gesetze in sich einschließt.

...

Der Garten Allahs
Sommerhohe Getreidefelder.
Herbstpralle Früchte und
winterzarte zerbrechliche Blüten,
Reifend und immer noch reifend.
Alles mit achtsamer Sichel
Ernte ich zeitig.
Der Sämann bin ich.
Alles unleibliche Leben
Rinnt durch mein Sätuch,
Atom gepaart mit Atom:
Jedes das andre belebend
Entschlüpft meiner Hand
In steter Verwandlung
- Stets unwandelbar.
Säend ohne Rast noch Ende.
Leben - Unfaulbares Leben
Entströmt meinem Sätuch.
Macher und Brecher
Bin ich Ebbe und Flut,
Bin ich hier und hiernach,
Eilend durch Wirrnis und Windungen,
Ew'gen Naturkreis.
Lautlos und Niegestalt forme ich alles:
Gebend und nehmend,
Bin Schoß ich und Grab,
Bin Jetzt und bin Jederzeit.

Gedicht von W.E. Henley

 

Anschrift des Verfassers:
Martin P. Steiner
Dipl. chem., Heilpraktiker
Am Stausee 27/10
Ch-4127 Birsfelden

Diesen Beitrag in vollem Umfang, sowie weitere Beiträge finden Sie in Naturheilpraxis 3/99.

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Naturheilpraxis 03/99