Arbeitskreis für Augendiagnose und Phänomenologie Josef Angerer e.V.

Phänomene in der augenärztlichen Praxis

Fachbericht von der 7. Fortbildung über einen Vortrag von Augenärztin Dr. med. Monika Venhofen

von Bernd Hertling

Auch Dr. Venhofen ist für die Teilnehmer der Fortbildungstagungen des Arbeitskreises keine Unbekannte mehr, hat sie doch ihr besonderes Fachwissen bereits bei verschiedenen Tagungen den Forschenden, die das Objekt des gemeinsamen Interesses unter unterschiedlichen Gesichtswinkeln betrachten, zur Verfügung gestellt. Sie gliederte ihr Referat in drei Teile, deren erster den Grauen Star oder Die Katarakt behandelte.

Bild 1: Katarakt

Durch Anklicken erhalten Sie das Bild in Großformat (208 K)

Dabei führte sie aus, daß die degenerative Form der Linsentrübung meist in fortgeschrittenem Alter auftrete, daß es aber auch konnatale und traumatisch erworbene Formen gebe. Grundsätzlich kann man sagen, daß die Katarakta senilis, nicht wie sonst bei degenerativen Vorgängen, als Austrocknungsprozeß imponiert, sondern eher eine Verflüssigung ist, speichert doch die degenerierende Linse in den sich verdickenden Kapselfasern Wasser und ist am Ende des Lebens etwa um ein vierfaches so schwer als zu Beginn. Diese Verdichtung der Fasern führt schließlich zur zirkulär voranschreitenden Trübung des Sichtfeldes von außen nach innen. Lange Zeit ist das Sichtfeld dadurch nicht beeinträchtigt. Anders bei den Formen der Connatalen Kataraktarten, die sich vom Erscheinungsbild different, nämlich zentral beginnend und nach außen hin sich entwickelnd zeigen. Oftmals sind Stoffwechselstörungen (z.B. Diabetes) und Infektionskrankheiten (z.B. Rubeolencatarakta, vorderer Polstar bei Tbc.) Gründe für eine angeborene Form. Die exogen bedingten, traumatischen Katarakte haben meist eine rasche Verlaufsform und die Neigung zur Konsensualität (das gesunde Auge erkrankt zeitlich versetzt an grauem Star!!). Typisch sind hier Hitze-, Licht-, Fremdkörpereinwirkungen als Auslöser. Frau Dr. Venhofen führte aus, daß vor allem diese letztgenannte Form nachhaltige Folgen zeitigen könne, wenn die Kapsel, in welche die glasklare Linse eingeschlossen ist, reiße und in die hintere Augenkammer austretende Linsenflüssigkeit als körperfremdes Eiweiß eingestuft und entsprechend immunologisch angegangen werde. Es komme dann zu hochgradigen massiven Entzündungen. Andersherum können auch intraokulare Entzündungen, wie eine Uveitis oder Iridocyclitis eine Katarakta nach sich ziehen. Bestehe übrigens der Verdacht auf eine bevorstehende Ruptur der Kapsel sei eine OP dringend angezeigt, man spricht dann von der maturen Katarakta. Auf die OP-Techniken von einst und jetzt kann aus Raumgründen hier nicht eingegangen werden. Im Folgenden einige Fallbeispiele für verschiedene Kataraktarten.

Bild 2: Katarakt

Durch Anklicken erhalten Sie das Bild in Großformat (171 K)

Im übrigen mag es auch Kollegen mit langjähriger Praxiserfahrung, die noch kein derartiges Phänomen gesehen haben, beruhigen, daß auch im Archiv der Augenklinik, aus der die Referentin ihr Bildmaterial bezieht, keine Christbaumkatarakta zu finden war!

Bild 3: Katarakt

Durch Anklicken erhalten Sie das Bild in Großformat (162 K)


Als zweiten Punkt ihres Vortrages stellte die Ärztin das Phänomen Rotes Auge (RA) zur Diskussion. Es handelte sich hierbei keineswegs um den ophthalmotropen Ausdruck des Albinismus, sondern um abnorme Gefäßsituationen. Man muß diese Zeichen auch vom relativen Gefäßreichtum, der in einem späteren Beitrag über das Referat von Frau Ursula Sutter- von Heimendahl besprochen wird, differenzieren. Wir haben im vorliegenden Referat ophtalmologische Befunde, nicht augendiagnostisch verwertbare Phänomene vor Augen, was das Goethewort "Was ist das Schwerste von allem? Was uns das Leichteste dünkt. Mit Augen zu sehen, was vor den Augen uns liegt!" wieder einmal mehr bestätigt. Die Ursachen für das RA können vielfältiger Natur sein. So kann es Ausdruck von Hyperaemien sein, die entweder passiv oder aktiv/reaktiv entstanden sind. Passiv wäre eine Hyperaemie bei Augendrucksteigerung wie beim Glaukomanfall, aktiv/reaktiv etwa bei trockenem Auge oder exogenen Noxeneinwirkungen. Es können sich dabei sowohl die oberflächlichen, conjunctivalen, als auch tieferen Gefäßschichten z.B. in Sklera, Iris oder Ziliarkörper hyperaemisierend mit Blut füllen. Benutzt man das Grünlicht der Spaltlampe ist die Einsicht in die differenten Schichten verbessert und man kann leichter unterscheiden, ob es sich um eine oberflächliche oder eine totale Hyperaemie handelt. Gerade die totalen Hyperämien sind Ausdruck gefährlicher Prozesse, wie einer Orbitalvenenthrombose oder einem Glaukomanfall. Bei allen pathologischen Hyperaemien ergeben sich Begleitsymptome, auf die zu achten, bzw. die zu erfragen sind. So weisen Schmerzen, Blepharospasmus und Lichtscheu auf einen tiefer sitzenden Prozeß hin, während Juckreiz Ausdruck einer Allergie oder schlichtweg des trockenen Auges sein kann. Auch dieses Thema untermalte die Referentin mit zahlreichen informativen Bildern.

Bild 4: Iridoyklitis mit Hypopyon. Man beachte den Gefäßreichtum in der Sklera

Durch Anklicken erhalten Sie das Bild in Großformat (233 K)

Als letzten Punkt ihrer Auslassungen beschäftigte sie sich mit dem Thema Astigmatismus und Myopie, Indikationen für die LASER-Chirurgie?

Dr. Venhofen machte deutlich, daß sie im Folgenden ihre persönliche Meinung zu einem in Mode kommenden Verfahren vertrete, und sich dazu abweichende Ansichten durchaus auch in den Populärmedien fänden. Sie hielt nicht hinter dem Berg mit der Meinung, daß die angepriesenen Verfahren keineswegs so ungefährlich und ohne Risiken angewendet werden könnten, wie deren Protagonisten sie empfehlen. Im Zentrum des Eingriffs steht die Hornhaut, deren individuelle Form und Ausprägung durch Entfernen verschiedener Anteile verändert würde. Die Ärztin begründete ihre Skepsis vierfach: Zum ersten, daß mit dem Eingriff eine Substanz, die an der Fehlsichtigkeit nicht causal beteiligt sei, nämlich die Cornea getroffen werde, nicht die die Fehlsichtigkeit bewirkende Länge des Bulbus. Darüber hinaus sei die durchsichtige Cornea sehr empfindlich. Noch Jahre nach einem Trauma dieses Organs könne es zu spontanen Rupturen mit daraus resultierenden Gesichtsfeldeinschränkungen oder gar Sehverlust kommen, aus diesem Grund hätte sich aus den bisher gemachten Erfahrungen von drei bis vier Jahren noch nicht eine langfristige Unbedenklichkeit der besprochenen Verfahren erweisen lassen. Dies sei um so bedenklicher, da eine verheilte, also vorgeschädigte, Cornea an Stabilität verloren habe. Es komme unter anderem dazu, daß sich der circadiane Sehrhythmus verschiebe und es zu einem Nachlassen der Sehkraft käme, und daß die haze genannten Narben eine klare Sicht bei Nacht verunmöglichten und der betroffene Patient deshalb nachts nicht mehr Autofahren dürfe. Und last but not least meinte Dr. Venhofen, sei jedem Verfahren, das mit großer Reklame eingeführt werde und mit entsprechenden Umsätzen einhergehe, Skepsis entgegenzubringen. Sie erntete, wie nicht nur am stürmischen Applaus am Ende ihrer Auslassungen deutlich wurde, die ungeteilte Zustimmung des Auditoriums.

Anschrift des Verfassers:
Bernd Hertling
Heilpraktiker
Nettelkofenerstraße 21
85567 Grafing

.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis / Zum nächsten Artikel

 

 

Naturheilpraxis 02/99