Horizont

„Jede Anwendung ist eine ­Zuwendung“

Im Gespräch mit Sebastian Kneipp

Ein Beitrag von Martina Schneider

„Das Wasser hat große Wirkungen, gewiss, es leistet mitunter Unglaubliches, aber wenn der Mensch nicht will, dann ist alles aus, gegen Dummheit kämpfen Götter und Wasserströme vergebens.“ Sebastian Kneipp


Der „Wasserdoktor“ Sebastian Kneipp liebt es, Ordnung in möglichst jede Therapie zu bringen. Ihn hätte nicht erstaunt, was uns heute erschreckt: dass seine Erkenntnisse 120 Jahre nach seinem Tod so klingen, als wären sie heute gewonnen worden. Im folglich nach wie vor aktuellen Interview erklärt der Pastor, wie Gesundheit gelingen kann; er erzählt, was er neuerdings mit Tansania zu tun hat, und freut sich, dass sich Forscher für seine therapeutischen Ansätze begeistern.

Herr Kneipp, woran krankt aus Ihrer Sicht das System Mensch am meisten?

Alles will gesund und kräftig sein und lange leben, aber tun will man nichts; da lässt man alles gehen, was dazu verhelfen könnte; so töricht lebt und handelt man. Wenn dann aber das Übel da ist, dann kommt das Ach und Weh. Oh ja, saufen wollen sie alle, sterben will keiner.

Haben Sie ein Bild, das diesen Zustand beschreibt?

Der Menschenkörper, diese lebendige Uhr vom besten Gang und Schlag, liefe und schlüge vor­trefflich, wenn nicht der Menschentor Schmutz und Sand und anderen Unrat zwischen die Räder werfen und so den geordneten Lauf ­stören, ­vielleicht zerstören würde.

Steht dies nicht in Widerspruch zu dem, was Sie die tiefe Sehnsucht des Menschen nach Heilung nennen?

In der Tat ein Dilemma, wer es nur oberflächlich betrachtet. Ein Perspektivwechsel ist angebracht. Aus ihm heraus habe ich meine fünf Säulen als Therapie der kleinen Schritte entwickelt, die für jeden möglich sind und ihn nicht über Gebühr beanspruchen: Wasseranwendungen, Spaziergänge, gesunde Ernährung, Heilkräutertees und -tinkturen und Übungen für die innere Ausgeglichenheit.

Wie genau erlangt man Gesundheit?

Man kann allgemein sagen: Was im Sonnenlicht aufwächst, entwickelt sich gesund, kräftig und vollständig; was in der Dunkelheit wächst, ist und bleibt verkümmert. Den Abgehärteten greift nichts an, den Verweichlichten bringt jedes Blatt Papier in Aufregung. Ein abgehärteter Körper besitzt euch den größeren Schutz vor den Krankheiten der Seele. Denn häufig genug kommt es vor, dass körperlich Kranke noch viel kränker sind an der Seele.

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Verfasserin
Martina Schneider, Heilpraktikerin, ­Medizinjournalistin
Am Sahrbach 3
53505 Altenahr
www.naturheilpraxis-in-kreuzberg.de

 

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Naturheilpraxis 06/2017