Porträt

Monika Bauer

„Die ersten achtzehn Monate sind das ­Fundament unseres Lebens“

Ein Beitrag von Elisa Gebhardt

Monika Bauer ist seit über vierzig Jahren Physiotherapeutin und seit einigen Jahren Heilpraktikerin. Sie hat den Sprung von der großen Physiotherapie-Praxis zur kleinen Heilpraktiker-Praxis vollzogen und arbeitet trotzdem seit Jahrzehnten gleich – ganzheitlich! Vor dreißig Jahren war sie mit ihrem Ansatz in der Physiotherapieszene noch eine Exotin, heute ist sie eine Frau mit großer therapeutischer Erfahrung und einem immer vollen Terminkalender - in einem Alter, in dem andere schon lange in Rente sind. Wahrscheinlich halten ihre kleinen Patienten sie so jung und fit!


Frau Bauer, Sie behandeln Babys und Kinder?

Ja, am liebsten ganz kleine Babys und Kinder. Aber immer wieder kommen auch Erwachsene zu mir, die meine Hände trotz meiner Spezialisierung auf kleine Patienten zu schätzen wissen.

Welchen Therapiebedarf kann denn ein Neugeborenes haben?

Das können Geburtstraumen sein oder schwierige Geburtsumstände wie Lageanomalien, Zwillingsgeburten, Kaiserschnitte, Geburtsstillstände, ein Feststecken im Geburtskanal, der Einsatz der Geburtszange oder Saugglocke, die Störungen beim Neugeborenen hervorrufen. Wenn so viel mechanischer Stress, so viel „rohe Kraft“ an der Halswirbelsäule, im Gebiet der Kopfgelenke C0/C1 einwirken, kann es dort zu sog. „Ansaugmechanismen“ kommen, hervorgerufen durch einen schützenden Hypertonus der Muskulatur in dieses Region. Hier ist nämlich das Stammhirn oder verlängerte Mark, unser „Urhirn“, welches für Atmung, Herzschlag u. v. m. zuständig ist, beheimatet. Das sog. KiSS-Syndrom kann sich entwickeln (KiSS = Kopfgelenk induzierte Symmetrie-Störung, Anm. d. Red.).

Ähnlich wie bei einem Schleudertrauma?

Ja, der Mechanismus ist derselbe. Eine massive Kräfteeinwirkung auf die Halswirbelsäule ruft dauerhaft eine muskuläre Störung hervor. Das kann jahrelang gut gehen, man merkt nur, irgendwie stimmt da oben was nicht, aber auf dem Röntgenbild ist nichts zu sehen. Und auf einmal kriegt man einen Tinnitus. Oder einen Bandscheibenvorfall.

Genauso passiert es dem Neugeborenen. Der Körper des Babys weiß ganz genau, da oben darf bitte nichts passieren, also fährt der Muskeltonus hoch. Und dann kann es eben sein, dass sich in diesem Bereich segmentale Funktionsstörungen entwickeln.

Deshalb sehe ich mir die Kinder am liebsten im Alter zwischen ein, zwei Wochen an. Da sind diese Störungen noch nicht „eingeschliffen“, es reicht dann oft eine einzige Behandlung.

Aber die Kinder werden wahrscheinlich häufig erst später zu Ihnen in die Praxis gebracht?

Ja leider, in der Regel kommen sie erst sehr viel später. Außer den Babys, die sehr früh sehr viel schreien – das ist im Prinzip gut für die Babys, weil sie deutlich machen, dass mit ihnen etwas nicht stimmt. Oder die Babys, die ganz schlecht trinken, die werden von aufmerksamen Hebammen und Kinderärzten geschickt. Aber die Kinder, die sehr gut kompensieren, die sich erst mal gut auf dieser Welt anpassen können, weil sie motorisch gute Gene mitbekommen haben, die kommen erst sehr viel später.

In welchem Alter zeigen diese Kinder, die gut kompensieren, dann Auffälligkeiten?

Meist mit ein paar Monaten. Sie zeigen eine fehlende sensomotorische oder asymmetrische Entwicklung. Diese Babys wollen sich nicht auf den Bauch legen, sie wollen immer senkrecht sein oder hingesetzt werden. Aufmerksame Ärzte schicken die Babys auch, weil sie nicht krabbeln. Kinder im Alter von ca. einem Jahr kommen dann mit Schlafproblemen und Verhaltensproblemen. Und noch etwas später kommen dann die Kinder mit wirk­lichen Haltungsproblemen, Knick­füßen, schlechter Haltung – aber auch immer wieder Schlafproblemen.

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Naturheilpraxis 05/2017