FACHFORUM

Placebo in der Praxis?

Die Ethik der Placeboanwendung

Ein Beitrag von Roger Rissel

Können wir so ohne Weiteres unseren Patienten ein Scheinmedikament (Placebo) geben oder verordnen? In der Vergangenheit war dies in der Homöopathie an der Tagesordnung. Ist dies Homöopathen vor dem Hintergrund einer modernen Medizinethik und des Patientenrechtegesetzes auch heute so noch möglich? In diesem Beitrag werden die ethischen Hintergründe einer Placebo-Anwendung beleuchtet. Er orientiert sich am Beispiel der Homöopathie, die Ergebnisse sind auch auf andere Therapieformen übertragbar.


Wie schon im Beitrag „Placebo und Placeboeffekte“ (1) in der Januar-Ausgabe dieses Jahres in der „Naturheilpraxis“ ausgeführt wurde, setzten Hahnemann und auch andere Homöopathen Placebogaben regelmäßig in der Praxis ein.
Laut Helene Varady, die das Krankenjournal (KJ) 5 (1803–1806) bearbeitet hat (2), ist der Einsatz von Placebos dort dokumentiert, ebenso in den vorherigen KJ 2-4 (1801–1803).
In der ersten Auflage des Organons schreibt Hahnemann in der Anmerkung zu § 181:
„[…] so dient es, ihn statt Arznei eine unarzneiliche Flüssigkeit mehrere Tage lang einnehmen zu lassen […] – eine unschuldige Täuschung, […].“
Nach Varady wendete Hahnemann Pulver (Austernschalenkalk, Milchzucker, und dies sogar in gefärbter Form) und Tropfen (Varady vermutet verdünnten Weingeist) als Placebo an. Hahnemanns Gründe für den Einsatz von Placebos lagen wohl darin, das Bedürfnis der Patienten, täglich Arzneimittel einzunehmen, zu befriedigen oder eine Klärung der Krankheitssymptomatik damit zu ermöglichen.
Helene Varady kommt zu dem Ergebnis, dass Hahnemann in den Jahren 1803–1806 Placebos in einem Viertel aller Verordnungen notiert hat. (2) Dies ist ein überraschend hoher Anteil.
Selbst heute schätzen einige Homöopathen die Möglichkeit, Patienten Placebo zu geben – aus ähnlichen Beweggründen, wie sie Hahnemann wohl hatte. Die Gründe für die Gabe eines unarzneilichen Globulus (oder unarzneilicher Tropfen) liegen darin, das Auswirken einer Arzneigabe abwarten zu können und damit eine Klärung der Krankheitssymptomatik zu bewirken. Vor dem Hintergrund der aktuellen Forschungsergebnisse, dass Placebo-Gaben durchaus Wirkung zeigen, ist eine Anwendung in diesem klassischen Sinne eine besondere Herausforderung. Denn es muss davon ausgegangen werden, dass ein Placebo einen Effekt haben kann.

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Placebo in der konventionellen Medizin

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Placeboanwendung in der Homöopathie

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Aufklärungspflicht auch für Placebos

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Verfasser
Roger Rissel, Heilpraktiker
Martin-Wohmann-Straße 17
65719 Hofheim am Taunus
E-Mail: roger.rissel@t-online.de

 

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Naturheilpraxis 04/2017