Lernen aus anderen Medizinsystemen
Ein Beitrag von Peter Germann
Ethnomedizin ist ein interdisziplinärer Bereich zwischen Völkerkunde und Medizin. Hierbei soll nach kulturwissenschaftlichen Gesichtspunkten das Verständnis für den Aufbau anderer Heilkundesysteme erforscht werden. Aus diesem Bereich entstand auch die Ethnobotanik, welche sich mit dem Studium der Pflanzen anderer Kulturen befasst. Hierzu gehören unter anderem Nutzpflanzen, Brauchtum und die Verwendung der Flora in der Heilkunde.
Es ist ein romantisch verklärtes Wunschdenken, dass sich in unserem Umfeld möglichst wenig verändern darf. Ein zu bewahrendes „lebendiges Pflanzenmuseum“ in der Umgebung hat es nie gegeben und wird es auch nie geben. Schon Hildegard von Bingen verwendete Phytotherapeutika, die als nicht heimisch galten.
Irgendwann war jede Pflanze mal ein Neophyt.
Auch dass gebietsfremde Flora die bisher vorhandenen heimischen Arten gnadenlos überwuchert und zurückdrängt, hat sich nicht bestätigt. Es kann durchaus sein, dass sich Neophyten dominant zeigen – aber immer nur für eine gewisse Zeit. Entweder ziehen sie sich dann zurück oder gliedern sich in das neue System ein.
So sind auch viele ethnobotanische Heilpflanzen in unseren heimischen Phytoschatz mit aufgenommen worden. Häufig denkt man bei der Verwendung gar nicht mehr drüber nach. Der in der Lüneburger Heide angebaute Ginseng (Panax ginseng) kommt aus Asien, ebenso der von Hildegard so gepriesene Galgant (Alpina officinarum). Die Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus) und die Passionsblume (Passiflora incarnata) stammen aus dem süd- und mittelamerikanischen Raum.
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Verfasser
Peter Germann, Heilpraktiker
Im Karrenberg 56
44329 Dortmund
www.phytaro.de
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Naturheilpraxis 02/2017