Wissenswertes für die Naturheilpraxis
Ein Beitrag von Sabine Ritter
Etwa 8 % der Bevölkerung haben hierzulande eine Depression. Pro Jahr erhalten ein bis zwei von einhundert Einwohnern erstmals diese Diagnose. Sie leiden unter Antriebsminderung, Konzentrationsstörungen und Interesselosigkeit, ihre Stimmung ist gedrückt.
Depressive grübeln und werden von Selbstzweifeln geplagt, sodass es ihnen teilweise nicht einmal gelingt, ihren Alltag zu meistern. Appetit und Libido sind oftmals ebenso beeinträchtigt wie der Schlaf. Unbehandelt hält eine depressive Episode durchschnittlich sechs bis acht Monate an. (1)
Mehr als die Hälfte der Betroffenen leidet zusätzlich unter mindestens einer weiteren psychischen Erkrankung. Zudem erkranken Patienten mit chronischen somatischen Erkrankungen häufiger an einer Depression als der Bevölkerungsdurchschnitt. Betroffen sind Patienten mit Fibromyalgie, Demenz oder chronischen Erkrankungen sowie Tumor- und Rheumapatienten. (1)
In der Regel kann eine Depression nicht auf eine einzige Ursache zurückgeführt werden. Meist liegt eine individuelle Kombination von psychosozialen und biologischen Faktoren vor. Mögliche psychosoziale Auslöser sind Verluste, Trennungen, Überforderungen oder Krisen, während körperliche Erkrankungen, hormonelle Umstellungen oder familiäre Veranlagungen den biologischen Aspekten der Depression zugerechnet werden. Ziel einer medikamentösen Behandlung ist es nicht nur, die depressive Phase zu überwinden, sondern auch das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit wiederherzustellen sowie das Suizid- und Rückfallrisiko zu mindern. (1)
Vielfach können im Zusammenhang mit Depressionen Störungen im Bereich der Neurotransmitter nachgewiesen werden. Betroffen sind vor allem Dopamin, Noradrenalin und Serotonin sowie ihre Rezeptoren. So kann beispielsweise ein Mangel oder ein Ungleichgewicht an Botenstoffen vorliegen. Bei Patienten mit Depressionen infolge von Stress sind ferner oftmals die Werte des Corticotropin-Releasing-Faktors (CRF) und des Cortisols erhöht. Ebenso wurde eine vermehrte Freisetzung proinflammatorischer Zytokine beobachtet. (2–5)
Antidepressiva werden verabreicht, um eine Dysbalance im Bereich der Neurotransmitter zumindest teilweise auszugleichen. Obwohl sie direkt zu Veränderungen der Neurotransmitter-Konzentration im Bereich der Synapse führen, müssen sie mindestens zwei Wochen lang eingenommen werden, bis sich ihre antidepressive Wirkung einstellt.
Es wird vermutet, dass sich durch die erhöhte Konzentration der Botenstoffe unter dem Einfluss der Wirkstoffe erst die Dichte und Beschaffenheit der Rezeptoren prä- und/oder postsynaptisch verändert, bevor die gewünschte Wirkung eintritt.
So kann beispielsweise die Zahl der Rezeptoren abnehmen oder ihre Erregbarkeit durch die Transmitter verändert werden. Nebenwirkungen können leider schon zu Behandlungsbeginn auftreten, sodass die Therapietreue der Patienten manchmal gerade in der wichtigen Anfangsphase fehlt. Erst wenn sich innerhalb von vier Wochen kein Behandlungserfolg einstellt, wird die medikamentöse Therapie modifiziert. Hier kann der Heilpraktiker aufklären und zum Durchhalten ermuntern. (1, 6)
Forscher in der Schweiz haben zeigen können, dass bei Patienten mit Serotoninmangel eher Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit im Vordergrund stehen, während Betroffene mit Noradrenalinmangel über Ängste, Konzentrations- und Antriebsschwäche klagen.
Verfasserin
Sabine Ritter, Apothekerin, Heilpraktikerin
Waidbrucker Straße 18
81547 München
www.ritter-tcm.de
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Naturheilpraxis 12/2016