SPEZIAL

Phytotherapie im römischen Legionslager

Bernd Hertling

Asterix-Leser wissen es längst. Die medizinische Versorgung der römischen Legionäre war für die damalige Zeit optimal organisiert, schließlich mussten die römischen Soldaten möglichst rasch wieder „zusammengeflickt“ werden, nachdem sie von den unbeugsamen Galliern eine „aufgestrichen“ bekommen hatten, wie man bei uns in Bayern so schön sagt.


Obige Umschreibung für die handgreifliche Behandlung des Gesichts eines feindseligen Gegenübers ist übrigens keine bajuwarische Wortschöpfung, findet sich diese Art der Umschreibung doch schon in der Septuaginta, der griechischen Fassung des Alten Testaments, wo im Buch Richter 15,16 Samson damit prahlt, er hätte 1000 Philister erschlagen: „En siagoni onou exaleiphôn autous – mit einem Eselskinnbacken habe ich ihnen (den Philistern) eine aufgestrichen.“ Das war, zugegebenermaßen, circa 1000 Jahre vorher. Jedenfalls war es wichtig, die römischen Legionäre schnell wieder flott zu machen, damit Asterix, Obelix und Konsorten baldmöglich wieder ihren Spaß mit ihnen haben konnten.



Historischer Hintergrund

Aber Spaß beiseite, die römische Legion bot den damaligen Ärzten tatsächlich den idealen Einstieg ins Berufsleben, war doch die gesamte Laufbahn eines Römers vom ständigen Wechsel zwischen zivilem und militärischem Einsatz geprägt. Wie ja auch der jeweilige Provinzprokurator sowohl auf ziviler wie auch militärischer Ebene zu befehligen hatte. Den römischen Militaristen, wie er uns oft durch Hollywoodproduktionen vorgeführt wird, gab es so nicht. Einzig die mittleren und unteren Chargen waren sozusagen Profis, auf die zu hören es sich für den aus Rom angereisten Befehlshaber durchaus rentierte.

Wenn wir einmal eine Karte des Römischen Reiches zur Zeit seiner größten Ausdehnung betrachten, wird auffallen, dass so ziemlich alles, was wir als die gemäßigten Zonen rund ums Mittelmeer (die Römer nannten es ganz unbescheiden mare nostrum = unser Meer) bezeichnen, dazugehörte. Doch der vielzitierte und geschmähte Expansionsdrang der Römer endete, anders als bei Alexander ein paar Hundert Jahre zuvor, an den Grenzen der bewohnbaren Welt.

Nach der letzten Ausdehnung des Reiches ins heutige Rumänien (Dakerfeldzug Trajans um 110 n. Chr.) beschloss Kaiser Hadrian (117–137 n. Chr.), einer weiteren Ausdehnung des Reiches den Riegel vorzuschieben. Es reizte ihn nicht, die Wüsten des Orients oder des Maghreb zu durchqueren, und er sah, knapp hundert Jahre nach der Katastrophe im Teutoburger Wald, von weiteren Offensiven in die Wälder des freien Germaniens ab, wie er auch keinen Sinn darin sah, sich mit den Pikten im äußersten Norden der Britischen Inseln einen Dauerabnützungskrieg zu liefern. Vielmehr ließ er dort einen Wall errichten, den man teilweise noch heute sehen kann. Mit dem rätischen Limes, der die natürlichen Grenzen an Rhein und Donau miteinander verband, errichtete man wirksame Grenzsicherungen gegen ein Anbranden der germanischen und hunnischen „Barbaren“.

Nach Jahrhunderten der Pax Romana (Römischer Frieden) war es nicht mehr notwendig, im Innern des Reiches Militär zu stationieren, anders als an den Grenzen, wo an strategisch wichtigen Punkten, z.B. am Zusammenfluss von Flüssen, wie Castra Regina oder Castra Batavia, mit geballter Militärpräsenz eine wirksame Abschreckungskulisse errichtet wurde. Dass die beiden Ortsnamen heute noch als Regensburg und Passau sichtbar fortleben, legt ein beredtes Zeugnis dafür ab, dass die Römerkastelle Keimzellen künftiger Urbanisation in sich trugen.

Mit dem Ersteren wurde der Nebenfluss der Donau, nicht etwa eine nie in Rom existente Königin (lat. regina) bezeichnet, während dort die am Zusammenfluss von Donau, Inn und Ilz stationierten Batavier (heute: Holländer; Friesen) namensgebend waren. Diese Lager wurden durch ein engmaschiges Netz gut ausgebauter Straßen miteinander verbunden, was das Vorankommen innerhalb des Reiches ungemein erleichterte. In Entfernung eines Tagesmarsches fanden sich sodann Remisen und frische Pferde fürs Weiterkommen, das Ganze festgehalten auf einem Itinerarium (Wegbeschreibung), der sogenannten Tabula peutingeriana.

Im Schlepptau der Legionen kam mit der Romanisierung der „roman way of life“, eine Art antike Kulturrevolution, in die entferntesten Ecken des Imperiums. Natürlich sollen hier die Steuererhebungen und der zunächst zwangsweise Militärdienst der Jungmannschaften der neu eroberten Gebiete nicht unterschlagen werden, doch langfristig profitierten die ...


Literatur
Ciarello, Annamaria: Gardens of Pompeji. Los Angeles 2001
Gilliver, Kate: The Roman Art of War. Gloucestershire 1999
Grmek, Mirko (Hrsg.): Die Geschichte des medizinischen Denkens. Antike und Mittelalter. München 1996
Hertling, Bernd: Unterrichtsskript Phytotherapie der Josef-Angerer-Schule. München
Junkelmann, Marcus: Panis militaris. Mainz 2004
Junkelmann, Marcus: Hollywoods Traum von Rom. Mainz 2009
Krug, Antje: Heilkunst und Heilkult – Medizin der Antike. München 1984
Künzl, Ernst: Medizin in der Antike. Aus einer Welt ohne Narkose und Aspirin. Mainz 2002
Museum der Stadt Regensburg: Sonderausstellung: Regensburg zur Römerzeit. Regens

Anschrift des Verfassers
Bernd Hertling
Heilpraktiker
Nettelkofenerstraße 1
85567 Grafing



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Naturheilpraxis 2/2016