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Erhöhtes Krebsrisiko bei Kindern durch Verkehrsabgase

Benzol als Auslöser von Leukämien bei Kleinkindern?

Kinder, die in der Nähe von Autobahnen oder Autostraßen wohnen, haben wahrscheinlich wegen krebserregender Stoffe in den Abgasen ein erhöhtes Risiko, an Leukämie zu erkran-ken. Berner Sozial- und Präven-tivmediziner fanden einen Zusammenhang zwischen dem Wohnort und den von 1985 bis 2008 in der Schweiz registrierten Krebserkrankungen bei Kindern. Neben einer gewissen genetischen Veranlagung wird auch der Einfluss von verschiedenen Umweltfaktoren diskutiert, wie zum Beispiel die Luftverschmutzung. Autoabgase etwa enthalten Benzol und andere bekannte krebserregende Stoffe. Eine im „European Journal of Epidemiology“ publizierte Studie der Forschergruppe um Ben Spycher und Claudia Kuehni vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern (ISPM) erhärtet nun die Vermutung, dass Verkehrsabgase das Leukämierisiko bei Kindern erhöhen.

„Zwar ist die mittlere Schadstoffbelastung durch den Verkehr in der Schweiz seit den 90er-Jahren dank strengeren Vorschriften zurückgegangen – es gibt aber große räumliche Unterschiede“, sagt der Präventivmediziner Ben Spycher. In unmittelbarer Nähe von viel befahrenen Straßen wie Autobahnen sind die Schadstoffkonzentrationen in der Luft immer noch stark erhöht. Sie fallen jedoch innerhalb von wenigen Hundert Metern rasch ab. „Mehrere Studien aus anderen Ländern fanden ebenfalls Hinweise für ein erhöhtes Leukämierisiko bei Kindern, die nahe an stark befahrenen Straßen aufwuchsen“, ergänzt Claudia Kuehni, Kinderärztin und Leiterin des Schweizer Kinderkrebsregisters.

Die ISPM-Studie basiert auf Daten des Schweizer Kinderkrebsregisters (SKKR) und der Schweizerischen National Kohorte (SNC), welche alle in den Volkszählungen 1990 und 2000 erfassten Kinder einschließt; dies sind insgesamt über 2 Millionen. Aus dem Kinderkrebsregister wurden alle im Zeitraum 1985 bis 2008 registrierten Krebsdiagnosen bei Kindern unter 16 Jahren eingeschlossen. Um festzustellen, welche Kinder erkrankten, verlinkten die Forschenden anonyme Datensätze des SNC und SKKR miteinander. Genaue Koordinaten des Wohnorts zum Zeitpunkt der Volkszählung waren für nahezu alle Kinder bekannt.

Das ISPM-Team untersuchte nun, ob Kinder, die sehr nahe an Autobahnen oder Autostraßen aufwuchsen, ein erhöhtes Krebsrisiko aufwiesen. Die Forschenden teilten die Wohnorte der Kinder zum Zeitpunkt der Volkzählung in verschiedene Distanzgruppen ein (weniger als 100 Meter, 100–250 Meter, 250–500 Meter und über 500 Meter von der nächsten Autobahn oder Autostraße entfernt). Anschließend wurden die bis zum Jahr 2008 auftretenden Krebserkrankungen aus dem Kinderkrebsregister erfasst. Dann verglichen die Forschenden die Leukämiehäufigkeit in den verschiedenen Distanzkategorien.

Bei einer zweiten Untersuchungsmethode wurde aufgrund der Volkzählungsdaten abgeschätzt, wie viele Personenjahre insgesamt von allen in der Schweiz wohnhaften Kindern in den verschiedenen Distanzgruppen zwischen 1985 und 2008 durchlebt wurden – für jedes gelebte Kalenderjahr trägt ein Kind ein Personenjahr bei. Auch hier wurde die Inzidenzrate (Leukämiefälle pro Personenjahre) zwischen den Distanzgruppen verglichen. Bei der ersten Methode waren die Fallzahlen kleiner (insgesamt 1783 Krebsfälle) als bei der zweiten Methode (4263 Krebsfälle). Dies liegt daran, dass bei der ersten Methode nur Kinder eingeschlossen werden konnten, die man just zum Zeitpunkt der beiden Volkszählungen erfasst hatte. Die zweite Methode orientiert sich hingegen an einem größeren Zeitraum und umfasst somit mehr Personenjahre, ist aber aufgrund teilweise fehlender Daten vor und nach den Volkszählungen weniger präzise.


Vor allem Kleinkinder gefährdet

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Quelle: Nathalie Matter, Universität Bern

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Naturheilpraxis 2/2016