FACHFORUM

Wiederkehrende Atemwegsinfekte

Probiotika statt Antibiotika

Angelika Hecht

Atemwegserkrankungen wie Sinusitis und Bronchitis gehören zum Winter dazu. Viele Patienten wollen sich nicht krankmelden und gehen erst zum Arzt oder Therapeuten, wenn die Erkrankung sich verschlimmert hat oder chronisch geworden ist. Ist das Immunsystem geschwächt, folgt oft ein Rezidiv dem anderen. Antibiotika sind nur in wenigen Fällen eine Therapieoption, denn bei viralen Infekten haben sie keine Wirkung, und ihre häufige Verschreibung fördert die Entstehung von Resistenzen. Eine bessere Wahl stellen in vielen Fällen Präparate mit natürlichen Darmbakterien dar.


Bei großem Leidensdruck sind viele Patienten schnell bereit, ein Antibiotikum einzunehmen, statt sich zu schonen. Vielen ist nicht bekannt, dass Antibiotika nur gegen Bakterien wirksam sind, vielfach aber Viren die Infekte auslösen. Auch wissen zahlreiche Patienten zu wenig über Antibiotika-Resistenzen. In einer Umfrage der Weltgesundheitsorganisation WHO (1) mit etwa 10.000 Menschen aus zwölf Ländern hatten ein gutes Drittel (35%) innerhalb des vorangegangenen Monats und fast zwei Drittel (65%) innerhalb der vorangegangenen sechs Monate ein Antibiotikum eingenommen. Obwohl fast zwei Drittel der Befragten Antibiotika-Resistenzen als wichtiges Thema einstuften, waren viele schlecht darüber informiert. Sie schoben die Verantwortung für die Resistenzen häufig der Landwirtschaft zu. 70 Prozent waren davon überzeugt, dass Antibiotika bei Halsentzündungen helfen, 64 Prozent meinten, Antibiotika könnten bei Grippe und Erkältungen nützlich sein. Das zeigt, wie wichtig die Aufklärung der Patienten über Antibiotika und deren Wirkung ist. Hier ist auch die naturheilkundliche Praxis gefragt.

Nord-Süd-Gefälle bei -Resistenzen

In Europa gibt es laut den European Centers for Disease Prevention and Control ECDC (2) ein Nord-Süd- und ein West-Ost-Gefälle in Bezug auf Antibiotika--Resistenzen. Das Gefälle resultiert aus der unterschiedlichen Verordnungshäufigkeit von Antibiotika.
Eine Studie (3) verglich die Antibiotikaverordnungen von 2005 bis 2008 bei Kindern in fünf europäischen Ländern. Die Zahlen spiegeln ebenfalls das Nord-Süd- und West-Ost-Gefälle wider: Die Niederlande wiesen den geringsten Antibiotikaverbrauch auf, gefolgt von Dänemark und Großbritannien. In Deutschland gab es nach Italien die meisten Antibiotikaverordnungen. Hier führen Cephalosporine die Liste verordneter Antibiotika bei unter 18-Jährigen überdurchschnittlich an. Das bedeutet, dass Reservemedikamente bereits in der Erstbehandlung zum Einsatz kommen. Gleichzeitig stieg der Anteil von Escherichia coli mit Resistenzen gegen Cephalosporine der dritten Generation in Deutschland auf 10,5 Prozent.
Die meisten Antibiotikaverordnungen gab es bei Kindern unter vier Jahren und außerdem in der Zeit zwischen Dezember und März. Gerade bei Atemwegsinfektionen verordneten die Ärzte oft bereits beim ersten Kontakt mit den jungen Patienten Antibiotika. Allerdings scheint ein Umdenken einzusetzen: Gerade bei Kindern gehen die Antibiotikaverordnungen nach aktuellen Zahlen zurück.

MRSA nimmt ab, ESBL zu

Der bekannteste Antibiotika-resistente Keim ist der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus. In Kliniken besteht zwar weiterhin die Gefahr, sich mit diesem grampositiven Keim anzustecken. Aber von 2011 bis 2014 nahm in Deutschland der Anteil von MRSA von 16 auf 12 Prozent ab. Die Niederlande gehen allerdings mit einem MRSA-Anteil von unter 1 Prozent als gutes Beispiel voran.
Weltweit – auch in Deutschland – nehmen dagegen Resistenzen bei gramnegativen Bakterien wie Klebsiella pneumoniae stark zu. Vor allem Arten der Enterobacteriaceae können Extended-Spectrum-Lactamasen (ESBL) produzieren, die ein erweitertes Spektrum an Lactam-Antibiotika spalten. Zusätzlich sind die ESBL-Keime oft auch gegen Fluorchino-lone und Aminoglykoside resistent. ESBL--Keime sind häufig Reisemitbringsel zum Beispiel aus Ländern Südasiens und des Mittleren Osten.

Störung des Mikrobioms

Unbestritten haben Antibiotika ihre Berechtigung und bereits vielen Menschen das Leben gerettet. Aber die zunehmende Zahl resistenter Bakterien lässt das Szenario einer Post-Antibiotikazeit entstehen. Ein weiteres Problem der Antibiotika: Sie bekämpfen nicht nur pathogene

...

Darmbakterien für die Abwehr

...

Fazit

...



Literatur
(1) WHO, Nov. 2015: Antibiotic resistance: Multi-country public awareness survey (ISBN 978 92 4 150981 7), http://apps.who.int/iris/bitstream/10665/194460/1/9789241509817_eng.pdf?ua=1
(2) EDEC: Antimicrobial resistance surveillance in Europe 2014. Annual report of the European Antimicrobial Resistance Surveillance Network (EARS-Net). Stockholm, 2015. http://ecdc.europa.eu/en/publications/Publications/antimicrobial-resistance-europe-2014.pdf http://ecdc.europa.eu/en/publications/Publications/antimicrobial-resistance-europe-2014.pdf
(3) Holstiege, J., et al: Systemic antibiotic prescribing to paediatric outpatients in 5 European countries: A population-based cohort study BMC Pediatrics 2014;14:174-183
(4) Popova, M., et al.: Beneficial effects of probiotics in upper respiratory tract infections and their mechanical actions to antagonize pathogens. Journal of Applied Microbiology 113, 1305-1318, 2012
(5) Habermann, W., et al.: Einfluss eines bakteriellen Immunstimulans (humane Enterococcus faecalis-Bakterien) auf die Rezidivhäufigkeit bei Patienten mit chronischer Bronchitis. Arzneim. Forsch. 2001; 51(II):931-37
(6) Habermann, W.; Zimmermann, K.; Skarabis, H.; Kunze, R.; Rusch, V.: Verminderung der Rezidivhäufigkeit bei Patienten mit chronisch rezidivierender hypertrophischer Sinusitis unter Behandlung mit einem bakteriellen Immunstimulans (Enterococcus-faecalis-Bakterien humaner Herkunft). Arzneim.-Forsch. 2002; 52(8): 622-627
(7) Kalinski, S.: Steigerung der körpereigenen Abwehr bei chronisch rezidivierender Tonsillitis. Fortschritte der Medizin 1986; 104 (43): 843-846
(8) Gerasimov, S.V., et al.: Role of short-term use of L. acidophilus DDS-1 and B. lactis UABLA-12 in acute respiratory infections in children: A randomized controlled trial. Eur J Clin Nutr, 2015
(9) Lefevre, M., et al.: Probiotic strain bacillus subtilis CU1 stimulates immune system of ­elderly during common infectious disease period: A randomized, double-blind placebo-­controlled study. Immun Ageing. 2015 Dec 3; 12:24
(10) Skovbjerg, S., et al.: Spray bacteriotherapy decreases middle ear fluid in children with secretory otitis media. Arch Dis Child 2009; 94: 92-98


Anschrift der Verfasserin
Angelika Hecht
Dipl.-Biologin
Am Sonnenblick 10
35745 Herborn
E-Mail: gelihecht@web.de



weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)


Zum Inhaltsverzeichnis

Naturheilpraxis 2/2016