Akupunktur/TCM

Guter Punkt – Wunder Punkt

Mi 15 – Ma 25

Martina Bögel

Die im Oktober in der „Naturheilpraxis“ erschienene Rede von Dr. An­drea Hellwig beim TCM-Kongress 2015 fordert die TCM-Therapeuten auf, sich zu verändern. Sie fordert ein „neues Paradigma“. Das ist be­grüßenswert. Mit dem Neuen „wird es neue Ideen und neue Interpretationen ­genauso wie neue Fragen und Probleme geben“. Andrea Hellwig nennt dabei ein Ziel ganz konkret.


Guter Punkt: Mi 15
(Dàhéng, Großer horizontaler Pinselstrich)

Was ist gut an diesem Punkt?

Der Akupunkturpunkt Mi 15 besitzt in der Regel eine deutliche Wirkung auf die Verdauungsfunktion. Er kann gut für die lokale Akupunktur eingesetzt werden. Seine Wirkung geht über den Einfluss auf den Dickdarm hinaus und kann bei funktioneller Dyspepsie angewendet werden.
Darüber hinaus ist der Akupunkturpunkt Mi 15 leicht an der lateralen Begrenzung des Musculus rectus abdominis auf der Höhe des Umbilicus zu lokalisieren, 4 Cun lateral der Mittellinie auf der Höhe des Bauchnabels.

Was erwartest du von seiner Anwendung?

Von der Anwendung von Mi 15 erwarte ich zunächst einmal eine Regulierung der Dickdarmfunktion sowohl bei Diarrhö als auch bei Obstipation. Aufgrund meiner Erfahrung erwarte ich mittlerweile – zumindest in Kombination mit weiteren Akupunkturpunkten – einen Einfluss bei unspezifischen funktionellen Oberbauchbeschwerden (nach vorheriger Abklärung bzw. Ausschluss von organischen Ursachen) wie Übelkeit, Aufstoßen, Roem­held-Syndrom etc.

Wie verwendest du ihn?

Ich verwende ihn bei Patienten, die von den oben genannten Beschwerden betroffen sind, auch in Verbindung mit aufgeblähtem Abdomen und Reflux bei fettigem und zu üppigem Essen.

Kombinierst du ihn mit anderen Punkten oder Behandlungsmethoden?

Ich habe ihn stets mit weiteren lokalen Punkten eingesetzt. So kombiniere ich Mi 15 Dàhéng u. a. mit Ma 25 Ti ¯a nsh ¯u
(Himmelssäule, mu-Alarmpunkt des Dickdarms) und auch Ni 16 Hu ¯a ngsh ¯u
(Zustimmungspunkt der Lebenszentren, Kreuzungspunkt der Nierenleitbahn mit dem Ch ¯o ng Mài), die alle in einer ho rizontalen Linie wie ein Gürtel um den Bauchnabel herum lokalisiert sind, Ma 25 2 Cun lateral des Bauchnabels und Ni 16 0,5 Cun lateral der Nabelmitte. Ich wähle diese Kombination, wenn Schmerzen im Epigastrium und Abdomen mit Spannungsgefühl auftreten. Die Punkte zeigen allesamt eine starke Wirkung auf die Darmtätigkeit, d. h. bei Obstipation regen sie durch Tonisierung die Verdauung an, bei Diarrhö kann sedierend genadelt werden.
Des Weiteren habe ich auch schon die genannte Kombination (Ni 16, Ma 25, Mi 15) um benachbarte Akupunkturpunkte des Rèn Mài (Konzeptionsgefäß) ergänzt, und zwar mit Ren 6 (Qìh a i, Meer des Qi) und Ren 9 (Shu ? f ¯e  n, Wassertrennung). Ren 6 bietet sich besonders bei gleichzeitiger Erschöpfung des Qi an.
Bei chronischen Zuständen in Verbindung mit Feuchtigkeitsansammlung bzw. Schwäche der Mitte können in weiteren Sitzungen die Rücken-Shù-Punkte Bl 20 (Pì Shù, Pì Bèi-Shù Xué, Zustimmungspunkt der Milz) und Bl 21 (Wèishù, Wèi Bèi-Shù Xué, Zustimmungspunkt des Magen) sowie bei Beteiligung des Leberfunktionskreises Bl 18 (G¯a n Shù, G¯a n ­ Bèi-Shù Xué, Zustimmungspunkt der Leber) eingesetzt werden.
Oder es kann die Akupunktur auf der Bauchseite mit einer Tuina-Massage und Akupressur der oben genannten Rücken-Shù-Punkte direkt nach der Akupunktursitzung kombiniert werden.

Was ist dir von der Anwendung dieses Punktes besonders in Erinnerung geblieben?

Die unmittelbare Reaktion sofort noch während der Nadelung. Als Reaktion tritt ein unmittelbares Nachlassen des Druckgefühls im Epigastrium und Hypochondrium auf. Die Kombination mit Tuina im Anschluss an die Akupunkturbehandlung unter Verwendung der Rücken-Shù-Punkte von Milz, Magen und Leber (bei Vorliegen des Pulsbildes „xián mài“ auf der Leberposition) kann ein zusätzliches Nachlassen des Völlegefühls bewirken.


Wunder Punkt: Ma 25
(Ti?nsh?, Himmelssäule)

Wie liegt das Problem bei der Anwendung dieses Punktes?

Hinsichtlich des Sicherheitsrisikos unterscheidet sich Ma 25 nicht von Mi 15. Beide Punkte liegen in räumlicher Nähe auf einer horizontalen Linie des Bauchnabels ...

Anschrift der Verfasserin
Dr. rer. nat. Martina Bögel
Heilpraktikerin
Ketzendorfer Weg 1h
21149 Hamburg


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Naturheilpraxis 01/2016