Phytotherapie

Ausgezeichnete Heilpflanzen

Martina Schneider

Bereits Hildegard von Bingen attestierte dem Kubebenpfeffer: „Er mäßigt die Begierde und macht den Geist fröhlich, den Verstand und das Wissen rein und den Geist des Menschen erhellend klar.“ Aktuelle Studienergebnisse zeigen auf, dass Piper cubeba entzündungshemmend, antibakteriell und leber- und magenschützend wirkt. Gute Gründe, dass die kugeligen Früchte der hierzulande eher unbekannten Kletterpflanze als Heilpflanze des Jahres 2016 ausgewählt worden sind. Bei der Arzneipflanze 2016 fiel die Wahl auf den Kümmel, und der Baum des Jahres 2016 ist die Winterlinde, deren Blätter und Blüten ebenfalls starke Heilwirkung entfalten können.


Kubebenpfeffer

Die ursprüngliche Heimat des Kubebenpfeffers ist Indonesien, auf der Insel Java wird er seit dem 16. Jahrhundert angebaut. „Die Globalisierung macht nicht vor Heilkunde und Nahrungsmitteln halt“, erläutert Konrad Jungnickel, Vorsitzender des Naturheilvereins NHV Theophrastus, Chemnitz, weshalb die Wahl der Heilpflanze 2016 auf einen Exoten fiel. Ungewöhnliche Pfeffersorte, seltenes Gewürz und reiche Heilwirkung: Die aromatischen, bitter-scharfen Früchte wurden bereits in der Antike als probate Mittel gegen Kopfschmerzen, bei Harn- und Atemwegsinfekten sowie bei anderen entzündlichen Prozessen eingesetzt.
Die ausdauernde Kletterpflanze hat glatte, zugespitzte Blätter und kleine weiße an Ähren stehende Blüten. Der Botaniker John Parkinson, im 17. Jahrhundert Apotheker des englischen Königs Jakobs I., beschreibt die Früchte fast liebevoll: „Es sind kleine, etwas süßliche Beeren, nicht größer als Pfefferkörner, aber rauher und furchiger und nicht so fest […] und jede hat einen kurzen kleinen Stängel, der wie ein Schwänzchen aussieht.“ In ihnen ist bis zu 18 Prozent ätherisches Öl enthalten. Weitere Inhaltsstoffe: fettes Öl, Harze (Cubebinsäure), Cubebin, Piperidin und etwa 0,4 Prozent Piperin, das die Schärfe des schwarzen Pfeffers ausmacht.
Das ätherische Öl ist reich an Sesquiterpenen, oxygenierten Sesquiterpenen und Monoterpenen. Parkinson erzählt in seinem „Theatrum Botanicum“ (1640), dass der König von Portugal den Verkauf von Kubeben verboten habe, um den Absatz von schwarzem Pfeffer zu fördern. Diesem Beispiel folgten offensichtlich auch andere Entscheidungsträger, sodass Kubebenpfeffer im 19. Jahrhundert nahezu vom europäischen Markt verschwunden war.
Kubeben sind die unreifen Früchte des kletternden Pfeffergewächses, die ein bitter-scharfes, leicht harziges Aroma entfalten. Der Geschmack erinnert entfernt an Piment, eine Kampfer- und eine Eukalyptusnote mischen sich ein. Die Früchte sind grün, wenn sie geerntet werden, die Trocknung in der Sonne färbt sie dunkel. In der indonesischen und nordafrikanischen Küche wird Kubebenpfeffer Reis-, Gemüse- und Fischgerichten zugegeben, er ist auch Teil der marokkanischen Gewürzmischung Ras el-Hanout.
Als medizinische Droge eingesetzt werden die getrockneten, meist noch nicht völlig reifen Früchte. Sie sind etwa 5 Millimeter breit, fast kugelig und am Scheitel leicht zugespitzt, ihre Oberfläche ist dunkelgrau- bis schwarzbraun und durch Eintrocknen der Fleischschicht geschrumpft und runzelig. In der Regel werden von der pulverisierten Droge 2 bis 4 Gramm täglich eingenommen, von Extrakt (1:1) und Tinktur (1:5) etwa 2 bis 4 Milliliter täglich.
Vorsicht geboten ist bei der Einnahme deutlich größerer Mengen: Die Harnwege können gereizt reagieren, mit Folge von Nierenschmerzen und krampfhaftem Harnverhalt oder Schmerzen im Darmtrakt mit begleitendem Durchfall und Erbrechen.
In der Traditionellen Chinesischen Medizin und im Ayurveda werden Kubeben bei Beschwerden der Atemwege und bei entzündlichen Prozessen verordnet.


Bereits in der Antike waren die Früchte ­Heilmittel, um Schleim zu lösen,
Auswurf zu fördern und Keime zu töten.


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Echter Kümmel

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Winterlinde

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Literatur
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Anschrift der Verfasserin
Martina Schneider
Heilpraktikerin/Medizinjournalistin
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Naturheilpraxis 01/2016