FACHFORUM

Arbeit am Tonfeld

Wie sich über das Tun der Hände die Seele formt

Falk Fischer

In der Öffentlichkeit ist sie erst wenig bekannt, in der Praxis aber sehr erfolgreich: die Arbeit am Tonfeld®. Es handelt sich dabei um eine rein haptische Arbeit mit Tonerde. Sie kommt ohne viel Sprache und Deutung aus; gleichwohl ermöglicht sie tief berührende seelische Einsichten, Erkenntnisse und Erfahrungen, die sich aber weniger auf der Bewusstseinsebene vollziehen, sondern im Handeln. Auf überraschende und beglückende Weise lassen sich mit der Arbeit bei Kindern Verhaltensauffälligkeiten aller Art ausgleichen, bei Erwachsenen Sinn- und Lebenskrisen bewältigen und allgemein Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen aufzubauen bzw. stärken.


Das Tonfeld ist nichts anderes als ein flacher Holzkasten, ausgestrichen mit Tonerde. Daneben steht auf dem Tisch noch eine Schale Wasser und ein Schwamm; seitlich – bei Kindern direkt gegenüber – sitzt der Begleiter. Dieses einfache Setting vermag wie in einer Art Laborsituation die ganze gestaltbare Welt zu repräsentieren. Da sich aber jeder Mensch an der Beziehungserfahrung zur Welt formt, erlaubt die Arbeit am Tonfeld, eben diesen Selbstgestaltungsprozess aufzugreifen und ins Zentrum der Wahrnehmung zu rücken. Entwickelt wurde diese Arbeit bereits in den 1970er-Jahren von Prof. Heinz Deuser. Angewendet wird sie im pädagogischen und therapeutischen Bereich.

Die Bedeutung der Hände für die seelische Entwicklung

Die Hände sind das „Zentralorgan“ der seelischen Entwicklung. Was zunächst wie eine Behauptung klingt, hat sehr konkrete physische Hintergründe. So ist z. B. mehr als die Hälfte der sensorischen Rezeptoren des gesamten Körpers in den Händen versammelt. Die Hände sind damit das differenzierteste Organ, mit dem wir uns artikulieren, also unserer inneren Bewegung Ausdruck geben. Wir tun das in der Art, wie wir handeln, auffassen, berühren, begreifen. Bei allem, was wir berühren, erfahren wir immer beide Seiten: das Berührte und uns selbst. Im Berühren und Greifen begegnen wir unwillkürlich unserer Art, wie wir sind, z. B. zögerlich, beherzt, schüchtern, vehement, wütend, ängstlich, impulsiv, gehemmt usw. Unsere ganze Emotionalität – das Wort sagt es ja schon: ex motio – erfahren wir ursprünglich genau aus der Art, wie wir bewegt sind (Pflanzen, die keinen Bewegungsapparat haben, werden daher als emotionslos wahrgenommen). Und eben weil unsere innere Befindlichkeit sich in der Bewegung zeigt, können äußere Beobachter diese genauso gut erkennen wie wir selbst. Manchmal wissen äußere Beobachter sogar besser, ob wir authentisch sind oder eine Rolle spielen, von der wir selbst nicht wissen, dass wir sie spielen. Das ist z. B. oft so bei dauerlächelnden Menschen oder bei solchen, die hinter Souveränität Ängstlichkeit zu verbergen versuchen usw.

Selbst-Vertrauen entwickeln über das Tun der Hände

Jedes Hinwenden, Berühren oder Greifen zeigt die erworbene und eingeprägte Weise, wie wir auf die Welt zugehen und mit den vielf.ltigen Aspekten des Lebens in Beziehung treten. Gleichzeitig zeigt sich darin, selbst in der Verhinderung, immer eine ursprünglich eigene Tendenz auf Erfüllung und Vollendung. Wäre es anders, würden wir wahllos in der Luft herumfuchteln und damit zufrieden sind. Aber so ist es ja nicht. Wir suchen nach Erfüllung, nach Selbstverwirklichung, wobei das Selbst ein Abstraktum ist – nämlich die Art, wie wir sind –, sodass Verwirklichung also die Suche nach einer realen Entsprechung meint. Zwei Beispiele: Wenn wir seelisch Halt suchen, so wird unsere Bewegung von dem Bedürfnis geleitet sein, realen Halt zu finden, im Ton also z. B. etwas herzustellen, was Halt bietet oder Dauer repräsentiert. Wenn wir uns seelisch beengt fühlen, werden die Hände vom Wunsch geleitet sein, Raum zu schaffen, Weite herzustellen, sich auszubreiten. Wann immer eine solche Entsprechung entsteht, erfahren wir uns als erfüllt. Dann verlangsamt sich die Bewegung der Hände, es kehrt eine tiefe Ruhe und Inniglichkeit ein, irgendetwas erfüllt sich. Es sind solche Erfahrungen, an denen wir uns in unserem Entwicklungsstreben orientieren und so selber gestalten. Aus ihnen gewinnen wir Ausrichtung, Vitalität, Motivation, Lebenslust, letztlich auch unser ganzes Lebensinteresse und Sinnerleben. Im tätigen Umgang mit der Welt eine konkrete äußere Entsprechung zum abstrakten inneren ...

Die dorsale myotendofasziale Verspannungskette

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Linktipps
Video zum ersten beschriebenen Fallbeispiel: https://www.youtube.com/watch?v=6OVK7doFvy8
Video zur Theorie: https://www.youtube.com/watch?v=Fw8wpxhWDsk

Weitere Infos:
www.tonfeld.de (u. a. mit Hinweisen zur Ausbildung)
www.tonfeld-fischer.de (mit Videos und ausführlicheren Texten)

Literatur
Deuser, Heinz (Hrsg.): Bewegung wird Gestalt. edition doering, Bremen 2003
Tschachler-Nagy, Gerhild; Fleck, Annemarie: Im Greifen sich begreifen. G. Tschachler-Nagy, Keutschach 2007



Anschrift des Verfassers
Matthias Engel
Sportwissenschaftler und Heilpraktiker
Asbacherstraße 17c
98574 Schmalkalden



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Naturheilpraxis 12/2015