Krebsforum

Omega-3-Fettsäuren bei Krebs

Volker Schmiedel

Kann man mit Fischen Krebs davonschwimmen? Die Wissenschaft sagt eindeutig Ja. In der Primärprävention führt eine gute Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren zu geringeren Inzidenzen, in der Sekundärprävention sind immerhin weniger Nebenwirkungen durch Krebserkrankung bzw. -therapie belegt.


Warum wirken Omega-3-Fettsäuren bei Krebs?

Eicosanoide (eine Gruppe von Botenstoffen, z.B. Prostaglandine und Leukotriene) aus Omega-3-Fettsäuren wirken anti-inflammatorisch, solche aus Omega-6-Fettsäuren hingegen pro-inflammatorisch. Weniger bekannt ist, dass Eicosanoide aus Omega-3-Fettsäuren auch antidepressiv, schmerzlindernd, zellteilungshemmend und immunstimulierend wirken, während solche aus Omega-6-Fettsäuren gegenteilige Effekte aufweisen. Diese Eigenschaften machen Omega-3-Fettsäuren für die Krebsvorbeugung und -therapie interessant.

Epidemiologie belegt präventive Wirkung

In einer aktuellen Meta-Analyse (1) werden die wichtigsten anerkannten Wirkungen von Omega-3-Fettsäuren bei Krebs beschrieben. Es konnte nachgewiesen werden, dass Entzündungen die Entstehung von Krebs, aber auch das Fortschreiten der Erkrankung fördern. Ist Krebs aber erst einmal aufgetreten, so fallen die Nebenwirkungen einer Chemotherapie bei ausreichender Versorgung mit Omega-3 geringer aus (z.B. besserer Erhalt von Muskelmasse), die Chemotherapie wirkt darüber hinaus sogar besser auf den Krebs.
Es wurden gute Korrelationen zwischen hohen Omega-6/3-Quotienten in der Nahrung, im Fettgewebe oder als Blutspiegel und der Häufigkeit verschiedener Krebsarten wie Brust-, Endometrium- oder Prostatakrebs gefunden. Einige Beispiele aus mittlerweile mehreren Hundert klinische Studien und mehreren Dutzend Meta-Analysen:

556 Frauen mit Endometriumkarzinom wurden mit gesunden Frauen verglichen. Die Frauen mit der besten EPA-Zufuhr (EPA = Eicosapentaensäure) hatten demnach nur ein RR1 von 0,57 im Vergleich zu denen mit der schlechtesten Zufuhr – das Risiko war also fast um die Hälfte vermindert. Bei DHA (Docosahexaensäure) betrug das RR 0,64. Wenn Frauen Fischöl in einer guten Qualität und in einer ausreichend hohen Dosierung einnehmen, darf spekuliert werden, dass das Risiko möglicherweise noch geringer ist. Es fand sich außerdem eine positive Korrelation zwischen Omega-6/3-Quotient und dem Auftreten von Endometriumkarzinom. Je höher also das Verhältnis zwischen Omega-6 (schlechte, entzündungsfördernde Fettsäuren, z.B. in tierischen Fetten) und Omega-3 (Fischöl) ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit für den Krebs (2).

1000 Patienteninnen mit Brustkrebs wurden bezüglich ihrer Ernährung befragt und daraus die Zufuhr an Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren berechnet (3). Dabei konnte nachgewiesen werden, dass Frauen mit einer hohen Zufuhr an Omega-6-Fettsäuren ein RR von 1,92 für Brustkrebs aufwiesen, das Risiko war also fast verdoppelt. Hohe Omega-3-Zufuhr verringerte dafür das Risiko für Brustkrebs auf 0,56, es wurde also fast halbiert. Dies galt aber nur für übergewichtige Frauen. Dies ist sogar leicht zu erklären: Übergewicht führt zu mehr Entzündung. Entzündung fördert Krebs. Omega-3-Fettsäuren wirken anti-entzündlich und können so die entzündliche Wirkung von Übergewicht zumindest teilweise kompensieren.

Kim (4) verglich 358 Patientinnen mit Brustkrebs mit 360 gesunden Frauen in Korea. Aus einem Ernährungsfragebogen mit 103 Fragen wurden Fisch-, EPA- und DHA-Konsum errechnet. Das Viertel der Frauen mit dem höchsten Fischkonsum hatte ein geringeres Risiko für Brustkrebs als das Viertel der Frauen mit dem niedrigsten Fischkonsum. Das RR betrug 0,19 (vor den Wechseljahren) bzw. 0,27 (nach den Wechseljahren). Hoher Fischkonsum reduzierte also das Brustkrebsrisiko um 3/4 bzw. 4/5.

In der EURAMIC-Studie (5), die in fünf europäischen Ländern durchgeführt wurde, verglich man den Fettsäuregehalt im Fettgewebe der Versuchspersonen mit dem Auftreten von Krankheiten. Dabei waren die Omega-6-Fettsäuren hochgradig mit Brustkrebs korreliert – je höher der Gehalt an Omega-6-Fettsäuren war, desto höher war das Brustkrebsrisiko. Bei den Omega-3-Fettsäuren war es hingegen genau umgekehrt. Das Drittel mit dem höchsten Omega-3-Gehalt im Fettgewebe hatte ein RR von 0,32 für Brustkrebs, also um etwa 2/3 geringer.

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Nutzen auch noch Jahre nach der Krebsdiagnose

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Diagnostik von Omega-6/3

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Therapeutische Konsequenz – die Dosis macht’s

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Anmerkungen
1 Das relative Risiko (RR) gibt an, um welchen Faktor sich ein bestimmtes Risiko – hier das Risiko, an einem Endometriumkarzinom zu erkranken – zwischen zwei Gruppen unterscheidet. Das relative Risiko errechnet sich aus Quotienten dieser beiden Wahrscheinlichkeiten. Der RR sagt also etwas über die Bedeutung eines Risikofaktors aus. Bei einem RR von 1 ist das Risiko in beiden Gruppen gleich. Ein Wert unter 1 spiegelt ein durch den untersuchten Parameter – hier die EPA-Zufuhr – erniedrigtes, ein Wert über 1 ein erhöhtes Risiko an. So ist das Risiko bei einem RR von 0,5 gegenüber der Vergleichsgruppe halbiert, bei einem RR von 2 dagegen verdoppelt.

Literatur
(1) Laviano, A., et al.: Omega-3 fatty acids in cancer. Curr Opin Clin Nutr Metab Care. März 2013;16(2):156-61. doi: 10.1097/MCO.0b013e32835d2d99
(2) Arem, H., et al.: Omega-3 and omega-6 fatty acid intakes and endometrial cancer risk in a population-based case-control study. Eur J Nutr. 23.8.2012
(3) Chajès, V., et al.: w-3 and w-6 polyunsaturated fatty acid intakes and the risk of breast cancer in Mexican women: impact of obesity status. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev. Febr. 2012;21(2):319-26. doi: 10.1158/1055-9965.EPI-11-0896. Epub 22.12.2011
(4) Kim, J., et al.: Fatty fish and fish omega-3 fatty acid intakes decrease the breast cancer risk: a case-control study. BMC Cancer. 30.6.2009;9:216. doi: 10.1186/1471-2407-9-216
(5) Simonsen, N., et al.: Adipose tissue omega-3 and omega-6 fatty acid content and breast cancer in the EURAMIC study. European Community Multicenter Study on Antioxidants, Myocardial Infarction, and Breast Cancer. Am J Epidemiol. 15.2.1998;147(4):342-52
(6) Yang, B., et al.: Ratio of n-3/n-6 PUFAs and risk of breast cancer: a meta-analysis of 274.135 adult females from 11 independent prospective studies. BMC Cancer. 18.2.2014; 14:105. doi: 10.1186/1471-2407-14-105
(7) Alfano, C.M., et al.: Fatigue, inflammation, and w-3 and w-6 fatty acid intake among breast cancer survivors. J Clin Oncol. 20.4.2012;30(12):1280-7. doi: 10.1200/JCO.2011.36.4109. Epub März 2012
(8) Schmiedel V: Natürlich Fisch! Was Sie über Omega-3-Fettsäuren wirklich wissen müssen. Trias, 2015



Anschrift des Verfassers
Dr. Volker Schmiedel, M.A.
Chefarzt der Inneren Abteilung
Habichtswaldklinik
34131 Kassel



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Naturheilpraxis 9/2015