FACHFORUM

Neutrophile Granulozyten

und ernährungsbedingte chronische Erkrankungen

Nicole Pietschmann

Unser Körper ist täglich einer Vielzahl an Faktoren ausgesetzt, die einen schädigenden Einfluss auf unsere Gesundheit ausüben können. Bei der Wahrnehmung dieser Faktoren spielt unser Immunsystem eine entscheidende Rolle, denn es entscheidet nicht nur zwischen „fremd“ oder „eigen“, sondern auch zwischen „schädlich“ oder „unschädlich“. Das Immunsystem setzt sich aus der angeborenen, unspezifischen und der erworbenen, spezifischen Immunabwehr zusammen, die im Einklang miteinander den Organismus vor gefährlichen Stoffen schützen sollen.


Die erste Abwehr übernehmen die neutrophilen Granulozyten, welche als Hauptgruppe der weißen Blutzellen (Leukozyten) Entzündungsprozesse auslösen, um schädigende Partikel (z.B. Bakterien oder vom Organismus selbst gebildete Moleküle) zu neutralisieren. Durch eine Fehldeutung des angeborenen Immunsystems können an sich unbedenkliche Nahrungsmittel als schädigend eingestuft werden, sodass Entzündungsprozesse aufrechterhalten werden, die laut vieler Studien mit der Entstehung chronischer Erkrankungen in Verbindung stehen.

Hauptakteure der unspezifischen Immunabwehr – die neutrophilen Granulozyten

Die Leukozyten werden im allgemeinen Sprachgebrauch als Polizei des Körpers bezeichnet – sie schützen den Organismus schnell und an erster Stelle. Die einzelnen Zellpopulationen der Leukozyten gehören zum einen zur unspezifischen, von Geburt an vorhandenen Immunabwehr (z.B. Makrophagen und neutrophile Granulozyten) und zum anderen zum spezifischen Immunsystem (T- und B-Lymphozyten).

Eine bedeutende Untergruppe stellen dabei die Granulozyten (eosinophile, basophile und neutrophile) dar, die aufgrund ihrer vielgestaltigen Zellkerne auch polymorphkernige (PMN-) Zellen genannt werden. Granulozyten übernehmen wichtige Aufgaben während der Inflammation, indem sie zum einen gefährliche Partikel neutralisieren, aber auch an der Immunregulation beteiligt sind [1]. Ein charakteristisches Merkmal der Granulozyten ist das Vorhandensein von Granula im Zellinnern, die nach Stimulation durch externe oder interne Trigger vom Zytosol in das extrazelluläre Milieu abgegeben werden [1]. Die Granula beinhalten entzündungsfördernde Substanzen wie lytische Enzyme (u.a. Kathepsin G, Elastase), Zytotoxine (z.B. Lysozym, Peroxidasen wie die Myeloperoxidase/MPO) und antimikrobielle Peptide (u.a. Defensine) [1].

Neutrophile Granulozyten machen mit 50–70% die Mehrheit aller Leukozyten aus und agieren als kritische Komponente der angeborenen Immunabwehr, indem sie vor pathogenen Bestandteilen (= pathogen associated molecular pattern/PAMP) schützen, ebenso wie vor Bestandteilen verletzter, toter, infizierter oder gestresster nicht apoptotischer Zellen (= danger associated molecular pattern/DAMP) [2]. Die Zellen reifen im Knochenmark heran und werden hierauf in den Blutstrom entlassen, wo sie stets zirkulieren, um sofort im Falle einer Entzündung an Ort und Stelle zu sein, oder sie gehen, sofern die neutrophilen Granulozyten nicht zur Abwehr gebraucht werden, in den kontrollierten Zelltod (Apoptose) über [1].

Makrophagen locken neutrophile Granulozyten chemotaktisch, z.B. durch den Botenstoff Interleukin- (IL-)8, in das infizierte/entzündete Gewebe. Hier werden die neutrophilen Granulozyten durch PAMPs und DAMPs aktiviert, indem definierte Oberflächenrezeptoren (= pattern recognition receptors/PRR), wie z.B. Toll-like-Rezeptoren (TLR), die schädigenden Partikel wahrnehmen. Der aktivierte neutrophile Granulozyt beginnt sich abzuflachen, und die Zellkernmembran löst sich auf.

Im Weiteren kommt es zum Verlust der Segmentierung des Zellkerns, zur Auflösung der Granula und zur Vermischung des Zellkernplasmas mit dem Zellplasma. Der neutrophile Granulozyt nimmt an Volumen zu, und mit dem finalen Platzen der Zelle wird die Zellmembran aufgebrochen, und die proinflammatorischen Mediatoren werden freigesetzt. Daneben kommt es bei der Aktivierung der neutrophilen Granulozyten zum respiratorischen Burst, bei dem reaktive Sauerstoffspezies (= reaktive oxygen species/ROS) durch das Enzym NADPH-Oxidase entstehen. ROS sind nicht nur wichtige Spieler der antimikrobiellen Abwehr, sondern regulieren

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(Abbildungen von der Verfasserin)

(Literatur)
Das umfangreiche Literaturverzeichnis finden Sie auf webarchiv.naturheilpraxis.de unter Webcode 150913.




Anschrift der Verfasserin
Dr. rer. nat. Nicole Pietschmann
Biologin
August-Bebel-Str. 68
14467 Potsdam



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Naturheilpraxis 9/2015