Nerven und Hormone

Lavendel

Wirkungsweise aus Sicht der TCM

Sabine Ritter

Viele westliche Kräuter haben eine lange Tradition und sind in guter Qualität günstig verfügbar. Daher hat sich unter Phytotherapeuten in der chinesischen Medizin inzwischen neben dem Einsatz chinesischer Kräuter die Verwendung westlicher Kräuter etabliert. Am Beispiel des Lavendels zeigt die Apothekerin und Heilpraktikerin Sabine Ritter, wie sich die Wirkung dieser westlichen Pflanze in der TCM herleitet und nach welchen Kriterien sie dort eingesetzt werden kann. Daraus ergeben sich interessante Parallelen, aber auch Unterschiede zum Einsatz in unserer westlichen Medizin.


Kräuter aus Sicht der TCM

Die Wirkungsweise der westlichen Kräuter kann analog zu derjenigen der chinesischen Kräuter über den Geschmack und das Temperaturverhalten hergeleitet werden. Mit der Frage, ob Pflanzen wärmen oder kühlen, ob sie trocknen oder befeuchten, beschäftigten sich nicht nur die alten Chinesen. In der Antike befasste sich beispielsweise der griechische Arzt und Naturforscher Galen (um 129 bis 199 n.Chr.) mit dieser Thematik und überlieferte hilfreiche Erkenntnisse. Heutzutage kann über die gut untersuchte Wirkungsweise der Inhaltsstoffe vieler Pflanzen ein Zusammenhang zwischen Wirkung und Geschmack hergestellt werden. Schließlich können die Indikationen der Arzneidrogen gemäß den Syndromen der TCM gebündelt werden. [1] So ergeben sich verschiedene Herangehensweisen an westliche Pflanzen aus der Perspektive der TCM.

Lavendel

Eine der westlichen Arzneidrogen, die nach den Regeln der TCM eingesetzt wird, ist der Lavendel (Lavandula angustifolia oder L. officinalis). Bevor man im Mittelalter dank Hildegard von Bingen begann, den Lavendel medizinisch zu nutzen, schätzte man vor allem die von seinem Duft ausgehende harmonisierende Wirkung auf Körper und Geist. [2]

Der Geschmack und seine Wirkung

Ein aus den Blüten des Lavendels zubereiteter Tee schmeckt bitter und aromatisch. Ferner hat er eine leichte Schärfe. Daraus lässt sich ein großer Teil der Wirkungsweise des Lavendels aus Sicht der chinesischen Medizin herleiten. [3, 4]
Der bittere Geschmack tonisiert das Qi. Qi, das meist als Lebensenergie übersetzt wird, hat im Körper vielfältige Funktionen: Es nährt, bewegt, wandelt um, hält und schützt. Daher wirkt der bittere Geschmack anregend, verdauungsfördernd, kräftigend und stabilisierend.
Unter den an der Verdauung beteiligten Organen nehmen in der TCM Milz und Leber eine zentrale Stellung ein. Beiden Organen werden dabei Funktionen zugeschrieben, die sich erheblich von ihren aus der Schulmedizin bekannten Aufgaben unterscheiden. Die Milz soll das Klare aus der Nahrung umwandeln und anheben, damit es im Körper verteilt werden kann, um alle Zellen zu befeuchten und zu nähren. Die Leber dagegen muss die Wege offen halten. Daher kann der Lavendel aufgrund seines bitteren Geschmacks das Qi von Milz und Magen stärken, d.h. auch die Bildung der Verdauungssäfte anregen. Dies erklärt seinen erfolgreichen Einsatz bei Appetitlosigkeit, Übelkeit und Völlegefühl. Andererseits bewegt Lavendel das Leber-Qi und lindert daher Verdauungsblockaden, Krämpfe, Koliken und Blähungen. Zugleich kann man seine cholagogen und choleretischen Eigenschaften auf das Bewegen des Leber-Qi zurückführen, was bei Völlegefühl oder Fettunverträglichkeit Erleichterung verschafft. [1, 3, 4]
Darüber hinaus kann der Lavendel das Qi im Darm regulieren, die natürliche Bewegungsrichtung des Magen-Darm-Trakts nach unten unterstützen und so das Reizdarmsyndrom günstig beeinflus- ...

Formen

...

Therapie

...




(Abbildung von der Verfasserin)

Literatur
[1] Ross, J.: Westliche Arzneien und Chinesische Medizin. Verlag Systemische Medizin, Bad Kötzting, München 2012
[2] Bäumler, S.: Heilpflanzen Praxis heute. Urban & Fischer, München 2007
[3] Magel, H.; Prinz, W.; van Luijk, S.: 180 westliche Kräuter in der chinesischen Medizin. Haug, Stuttgart 2013
[4] Traversier, R.; Staudinger, K.; Friedrich, S.: TCM mit westlichen Pflanzen. Haug, Stuttgart 2012
[5] Pahlow, M.: Das große Buch der Heilpflanzen. Nikol, Hamburg 2013
[6] Dingermann, T.; Hiller, K.; Schneider, G.; Zündorf, I.: Schneider – Arzneidrogen. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2004, Nachdruck 2011
[7] Lavendel, Monographie BGA/BfArM (Kommission E), Bundesanzeiger: 5.12.1984., Heft: 228
[8] Kalbermatten, R.; Kalbermatten, H.: Pflanzliche Urtinkturen. AT-Verlag, Baden, München 2005








Anschrift der Verfasserin
Sabine Ritter
Apothekerin, Heilpraktikerin
Waidbrucker Straße 18
81547 München
www.ritter-tcm.de



weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis


Zum Inhaltsverzeichnis

Naturheilpraxis 8/2015