Magen-Darm-Trakt

Kamille, Schafgarbe und Wermut

Drei unterschiedliche „Geschwister“

Michaela Girsch

Heilpflanzen eignen sich sehr gut für die Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen, da sie individuell und vielschichtig wirken. Die drei großen Pflanzen der Volksheilkunde, Kamille (Matricaria recutita), Schafgarbe (Achillea millefolium) und Wermut (Artemisia absinthium), haben seit Generationen ihren festen Platz unter den häufig verwendeten Heilpflanzen. Obwohl so unterschiedlich, haben sie doch viel gemeinsam.


Kamille – die große Vielkönnerin

Kamille gehört zu den Heilpflanzen, an denen sich die Geister scheiden. Die ältere Generation hat oft ein gespaltenes Verhältnis zur Kamille, weil ihnen in ihrer Kindheit bei jedem „Zipperlein“ ein Kamillentee gekocht wurde. Inzwischen erfreut sie sich jedoch wieder großer Beliebtheit, und das ganz zu Recht.
Vom Standort her hält sich die Korbblütlerin an Ruderalstellen, also an von Menschenhand geprägte Standorte: Schuttplätze, Trümmerschutt, Aufschüttungen, Wegränder etc. Sie bevorzugt nährstoffreiche, kalkärmere, sandige und tonige Lehmböden. Ein weiterer Standort sind Getreidefelder. Die auf dem Getreidefeld wachsende Kamille hat den höchsten Gehalt an Wirkstoffen.

Achtung, Verwechslungsgefahr!

Medizinisch verwendet werden ausschließlich die Blüten, die ihren höchsten Wirkstoffgehalt im Juni und Juli haben. Gesammelt werden die voll entwickelten Blütenköpfchen mittags an trockenen, warmen Tagen. Der Blütenboden ist dann stark gewölbt und die Zungenblüten nach unten geneigt. Die echte Kamille ist leicht zu verwechseln mit der geruchlosen Kamille, Matricaria inodora, und der Hundskamille, Anthemis arvensis, die beide ähnliche Standorte bevorzugen. Sicheres Erkennungsmerkmal der echten Kamille ist der typische Duft und der hohle Blütenboden der 10–25 mm breiten Blüten, der bei den anderen Arten markig gefüllt ist. Das Erscheinungsbild der Kamille ist zart und luftig, sie wird 10–60 cm hoch, und die Blätter, die häufig etwas gelblich aussehen, sind fein gefiedert.
Ursprünglich beheimatet im südlichen und südöstlichen Mittelmeerraum, ist sie mittlerweile in ganz Europa verbreitet.

So sind es denn vor allem auch die alten Medizinsysteme der Babylonier, Ägypter, Griechen, Römer und Araber, die die Kamille medizinisch einsetzten. Im alten Ägypten wurde sie wegen ihres gelben Blütenbodens als Blume des Sonnengottes verehrt. Bei den Griechen und Römern war sie das Mittel gegen Wechselfieber, Gelbsucht und Nierenleiden, und die arabischen Ärzte, darunter Avicenna (Abu Ali Ibn Sina), verwendeten Kamillenöl zur Einreibung bei Neuralgien.

Mit den Völkerwanderungen gelangte die Kamille auch zu uns. So ist überliefert, dass sie im germanischen Volksglauben als heilig galt und zu den Pflanzen gehörte, die dem Sonnengott Baldur geweiht waren. Die am Johannistag (24. Juni) bzw. zur Sommersonnenwende gepflückten Blüten galten als besonders heilkräftig – Kamille zählte mit einigen anderen Heilpflanzen zu den Johanniskräutern. Wie lange sie bei uns als Heilpflanze etabliert ist, macht die Beschreibung von Hieronymus Bock in seinem 1551 erschienenen Kräuterbuch deutlich: „Es ist bei allen Menschen kein breuchlicher Kraut in der artzney als eben Chamillenblumen/denn sie werden beinahe zu allen presten gebraucht.“

In der Volksmedizin ist die Kamille ein Allheilmittel. Sie wird bei innerer Unruhe, Reizbarkeit, Schlafstörungen, bei Magenkrämpfen, Magenübersäuerung, Gallenleiden, Blasenleiden, Menstruationsbeschwerden und vielem mehr gebraucht.

Dass sie eine alte Frauenpflanze ist, ist schon im Namen erkennbar: Matricaria leitet sich vom lateinischen „mater“ = Mutter und „matrix“ = Gebärmutter ab. Kamille ist eine der wichtigsten Heilpflanzen für die Krankheiten des Wochenbetts und zur Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern.

Schafgarbe – das Bauchwehkraut

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Wermut – graue Eminenz

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Gemeinsamkeiten

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Literatur
Bühring, U.: Praxis Lehrbuch Heilpflanzenkunde. 4. Auflage, Haug Verlag 2014
Fischer, S.: Medizin der Erde. Heinrich Hugendubel Verlag 1984
Schilcher, H.; Kammerer, S.; Wegener, T.: Leitfaden Phytotherapie. 4. Auflage, Urban & Fischer 2010
Schönfelder, I. u. P.: Das neue Handbuch der Heilpflanzen. Kosmos Verlag 2004
Weiss, R. F.; Fintelmann, V.: Lehrbuch der Phytotherapie. 12. Auflage, Hippokrates Verlag 2009
Wichtl, M.: Teedrogen und Phytopharmaka. 5. Auflage, WVG 2009




Anschrift der Verfasserin:
Michaela Girsch
Heilpraktikerin
Kapellenfeld 18
79291 Merdingen
www.michaela-girsch.de



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Naturheilpraxis 5/2015