Komplexmittel & Konstitution

Verlieren oder Gewinnen

Zukunft einer effektiven Komplexmittelhomöopathie

Jan-Christoph Wollmann

Die Frage, ob man in der Homöopathie jeweils nur ein Mittel verordnen darf – oder besser: sollte –, ist so alt wie die Homöopathie selbst. Und seitdem wird über diese Frage heftig gestritten. Die einen berufen sich auf die reine Lehre – und haben damit recht, und die anderen berufen sich auf den Erfolg in der Praxis – und haben damit ebenso recht, denn tatsächlich trifft zu, dass nichts so erfolgreich ist wie der Erfolg.


Im Rahmen der sogenannten „Nachzulassung“ homöopathischer Arzneimittel hatten die Herstellerfirmen die Möglichkeit, ihre jeweilig beantragten Dosierungen entweder durch sogenanntes präparatespezifisches Erkenntnismaterial (also zum Beispiel durch entsprechende Dosisfindungs- bzw. Arzneimittelstudien) zu beweisen oder sich aber pauschal an die Kommissions-Dosierungsempfehlung zu halten. Viele Hersteller waren den zweiten Weg gegangen, da Arzneimittelstudien, die den Anforderungen entsprochen hätten, oft viel zu teuer gewesen wären.

Dreizehn Jahre später, im Jahr 2002, wurde diese bewährte Dosierungsempfehlung durch die gleiche Kommission D (jetzt jedoch mit einer veränderten Zusammensetzung der Mitglieder) ohne erkennbare Notwendigkeit geändert und die Dosierung für Tropfenpräparate pauschal und erheblich, nämlich auf 25 bis 50% der bisherigen Dosis, reduziert (für Akutfälle nur noch maximal 6x täglich 5 Tropfen, für chronische Fälle nur noch maximal 1–3x täglich 5 Tropfen).

Als Begründung wurden von Behördenseite „Risiken“ im Bereich der Selbstmedikation aufgeführt. Nachzulassungsbescheide wurden seither vom BfArM nur noch mit der Auflage erteilt, die beantragten Dosierungen jetzt an die neue Dosierungsempfehlung der Kommission D anzupassen, also weiter nach unten zu korrigieren (oder wieder mit präparatespezifischem Erkenntnismaterial höhere Dosierungen zu beweisen). Gegen diese Auflagen und insbesondere auch, weil vonseiten der Kommission D zu der neuen Dosierung kein neues wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt wurde, legten zahlreiche Homöopathie-Hersteller Rechtsmittel ein, was zu zahllosen Einzelverfahren führte.

Ein solches Einzelverfahren wurde vom Verwaltungsgericht Köln herausgegriffen und zu einem „Musterklageverfahren“ gemacht – stellvertretend also für alle gleichartigen Verfahren –, und zwar das Verfahren der Firma Hevert-Arzneimittel für das Produkt Vertigo Hevert Tropfen. Für alle anderen anhängigen Verfahren wurden die weiteren behördlichen Aktivitäten vorübergehend zum Ruhen gebracht.

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Verfasser:
Dr. med. Jan-Christoph Wollmann
Leiter Wissenschaft und Zulassung
Hevert-Arzneimittel GmbH & Co. KG
E-Mail: jcwollmann@hevert.de

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Naturheilpraxis 3/2015