Urogenitalsystem

Besen-, Schnee- und Glockenheide

Heilpflanzen des Urogenitalsystems

Astrid Süßmuth

Einst waren die Heidekräuter aus der Familie der Ericaceae begehrte Heilmittel und wurden von bekannten Ärzten wie Hieronymus Bock und Pietro Mattioli gelobt. Doch bereits Leonhard Fuchs konstatierte, dass sie „bey den Apoteckern in keinen brauch“ seien (Fuchs, 1975) und auch die deutsche Kommission E erstellte für Calluna vulgaris als einziges überprüftes der Heidekrautgewächse eine Negativmonographie (Banz, 1990).


Heidekräuter, eine Pflanzenart der kargen Landschaft

Die Volksmedizin allein entsann sich immer wieder der Heidekräuter. Es ist wohl an der Zeit, diese Pflanzengruppe neu zu beleuchten und zu entdecken.

Alle Heidekräuter sind Zwergsträucher, die sich mit ihren festen, meist nadelartigen Blättern in einer unwirtlichen Gegend behaupten. Nur selten stehen sie einzeln, vielmehr besiedeln sie in Gesellschaften große Flächen. Die Heidekrautlandschaft ist eine künstliche und degenerierte Landschaft, die durch Abholzung geschaffen ist. Der Boden ist schlecht, kaum etwas wächst hier. Zur Verbesserung der Nährstoffversorgung auf ihren kargen Standorten gehen Heidekrautgewächse Symbiosen mit Wurzelpilzen ein, auch heilkundlich wirken sie am besten in einer ausgewogenen Rezeptur und nicht als Einzelmittel.

Die Blüte des Heidekrauts soll Aufschluss über die Witterung des kommenden Winters geben. Blüht die Herbstheide Calluna vulgaris besonders reichlich, wird der Winter streng. Insbesondere im homöopathischen Arzneimittelbild zeigt sich die enge Beziehung zwischen Heidekraut und Wärmemanagement – der Patient entbehrt körperlich wie seelisch einer Wärmehülle. Als typischer Charakterzug von Ericaceae-Konstitutionen gilt weiterhin eine tiefe Bescheidenheit, mit der diese Menschen das Leben annehmen; sie spiegelt die karge Heimat der Pflanze wieder.

Körperlicher Schwachpunkt sind zumeist Erkrankungen der Harnwege mit Reizblase und ständigem Harndrang. (Müller, 2009)

In den frühen medizinischen Werken wurden die verschiedenen „Heyden“ nicht unterschieden („Heyd blüet zwey mal im jar, im frûling und im Herbst“ – Fuchs, 1975). Eine botanische Ungenauigkeit, die sich in genau dieser Form bis heute erhalten hat und welche die Beschäftigung mit dieser Pflanzengruppe sehr spannend gestaltet. Einst galten die Indikationen für alle Heidekräuter ohne jede botanische Unterscheidung, was leider auch in der heutigen Kräuterliteratur noch häufig anzutreffen ist und eine kritische Betrachtung erfordert. Leider finden sich sogar bei Produktabbildungen von Blütenessenzen teilweise falsche Pflanzenabbildungen.

Die alten Heilkundigen hoben insbesondere die Wirkung von Heidekraut bei „Gichtgeschwulsten“ hervor, die mit Dampfbädern behandelt werden sollten; auch eine Verwendung bei rheumatischen Beschwerden und die entwässernde Wirkung der Pflanzen waren ihnen bekannt. Entsprechend der entwässernden Wirkung liegt der Schwerpunkt der Volksheilkunde in der Behandlung von Erkrankungen der Harnorgane. Neben den Heidekrautgewächsen, die in diesem Artikel besprochen werden, zählen auch Bärentraube (Arctostaphylos uva-ursi) und Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea) mit einem hohen Gehalt des Wirkstoffs Arbutin (Pavlovi et al., 2009) zur Pflanzenfamilie der Ericaceae.

In der Volksheilkunde wurde allerdings durchaus zwischen den einzelnen Arten unterschieden, möglicherweise wegen der Regionalität der Kräuterkundigen.

So spezifisch und unterschiedlich die Wirkung der einzelnen hier betrachteten Heidekräuter, alle sind sie diuretisch, krampflösend, entzündungshemmend und wirken desinfizierend. Heilkundlich werden Blüten und blühende Triebspitzen verwendet, auch das Homöopathikum wird aus diesen hergestellt.

Sämtliche nachfolgend betrachteten Heidekrautarten sind in Deutschland nicht gefährdet und unterliegen keinen besonderen Schutzbestimmungen. Dies macht sie in der Kinderheilkunde zu wertvollen Heilpflanzen, da sie von den Eltern gemeinsam mit ihren Kindern gesammelt und zubereitet werden können.

Erkrankungen der Harnorgane und deren Ursachen

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Besen-, Schnee- und Glockenheide – der Versuch einer therapeutischen Abgrenzung

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Schlussbetrachtung

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Firmenmittel
Calluna vulg. D/C/LM, Remedia
Erica D3 Dil., DHU
Erikablüten/Erikablüten kbA gerebelt (Calluna flores)
Erikakraut/Erikakraut kbA geschnitten (Calluna herba)
Moorpackung, 6er-Set, Alpenländisches Kräuterhaus
RD Harnsäure 122 Tropfen (Betula Ø, Calluna Ø, Filipendula Ø, Hypericum D2, Lithium carb. D3, Salix purpurea Ø, Solidago Ø, Urtica Ø), RD Pharma

Quellen und Literatur
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BAnz: Monographie BGA/BfArM (Kommission E): Calluna vulgaris herba. Bundesanzeiger Nr. 101, 1990
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Anschrift der Verfasserin
Astrid Süßmuth
Heilpraktikerin
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Naturheilpraxis 12/2014