Ähnlichkeiten und Unterschiede
Manaka Yoshio
Die japanische Akupunktur basierte bis zur Tokugawa-Zeit hauptsächlich auf den Strömungen, die von China herüberkamen. Erst danach begannen japanische Therapeuten, einen eigenen Stil zu entwickeln und zu kultivieren. Inwieweit die Situation der Akupunktur in Japan von der in China abweicht, wird in diesem Artikel näher beleuchtet.
In der Antike übernahm Japan Schlüsselelemente der chinesischen Kultur und Zivilisation und passte sie an seine Kultur an. Zu diesen Elementen gehörten die Ideologie, das Schriftsystem, Technologien, die Medizin und das Rechtssystem. Früher gab es in Japan möglicherweise ein eigenes Schriftsystem und eine eigenständige medizinische Tradition, aber es gab nichts, was mit den Entwicklungen auf dem benachbarten Festland vergleichbar war. Dass Japan über viele Jahrhunderte hinweg innerhalb der Sphäre chinesischer Kultureinflüsse existierte, ist eine unübersehbare Tatsache. Japan schuldet China viel – auf vielerlei Art.
Ungefähr bis zur Tokugawa-Zeit (1603) war die japanische Medizin im Wesentlichen chinesische Medizin, mit Ausnahme einiger kleinerer Anpassungen. Alle medizinischen Entwicklungen oder Fortschritte auf dem Festland wurden schnell nach Japan getragen, so dass die Veränderungen der japanischen Medizin in der Frühzeit die Veränderungen der chinesischen widerspiegeln. Bei der Frage nach den Unterschieden zwischen der traditionellen japanischen und der chinesischen Medizin müsste man sich also auf neuere geschichtliche Entwicklungen konzentrieren. Ohne en detail auf die japanische Geschichte einzugehen, können drei Hauptgründe für die Entwicklung einzigartiger Charakteristika der japanischen Akupunktur aufgezählt werden:
Über 1000 Jahre sind vergangen, seit die chinesische Medizin in Japan eingeführt worden ist.
Die Akupunktur nimmt in Japan und China einen unterschiedlichen Platz im medizinischen System ein und hat jeweils andere Aufgaben.
Beide Kulturen haben die moderne westliche Medizin auf verschiedene Weise integriert.
Im Folgenden werde ich diesen Punkten mit einigen Beispielen und Illustrationen näher auf den Grund gehen.
Es ist nur natürlich, dass die japanischen Akupunkteure ihre Methoden während der tausend Jahre nach Einführung der chinesischen Medizin auf vielerlei Weise und basierend auf ihren klinischen Erfahrungen verändert haben. Dies sind einige der Entwicklungen, die nur in Japan stattgefunden haben:
1. Die wichtigste Entwicklung war die reduzierte Größe der Nadeln.
2. Die Verwendung von Führungsröhrchen wurde üblich, um das Einführen dünner Nadeln zu vereinfachen und die Schmerzen des Einstichs zu verringern.
Wie Professor Yi aus Korea1 gesagt hat, ist es wahrscheinlich, dass Japan als kleiner Inselstaat bei der Einführung von Waren und Kulturtechniken vom Festland alles verkleinerte: Von der Reisschüssel bis zu den Häusern wurde alles kleiner. Eine verringerte Dicke der Akupunkturnadeln passte in diese allgemeine Tendenz.
3. Kobe Akabanes Erfindung der Intradermalnadel ist der Inbegriff der japanischen Tendenz zur Miniaturisierung.
Mein Kollege Itaya Kazuko und ich haben die Wirkung der Akupunktur mit Intradermalnadeln auf die Mikrozirkulation untersucht.2 Obwohl es der allgemeinen Sichtweise in der Akupunktur widerspricht, beweisen unsere Ergebnisse, dass selbst die geringste Nadelstimulation allgemein die Vasomotion (Kontraktionsfrequenz der kleinen Gefäße) erhöht. Feinste Intradermalnadeln reichten aus, um die Nährstoffversorgung des Gewebes zu verbessern und die Reabsorption interner Blutungen oder Ödeme sehr wirksam zu unterstützen. Dies zeigt, dass der japanische Einfluss der Miniaturisierung wenigstens der Akupunktur zugutekam.
4. Die direkte Moxibustion wurde in Japan sehr populär.
Es gibt ein chinesisches Gemälde aus der Zeit der Song-Dynastie, auf dem mehrere Menschen abgebildet sind, die einen Patienten fixieren, während der Arzt Moxibustion an ihm durchführt. Es ist schwer zu beurteilen, ob diese Art der direkten Moxibustion in China zu dieser Zeit üblich war, jedoch erlangte sie dort aufgrund der auftretenden Schmerzen nie eine große Beliebtheit.
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Literatur
1 Orion, Yi: Chijimi Shikou no Nipponjin (Contraction tendency of the Japanese), Gakuseisha, Tokyo, 1982
2 Manaka, Y.; Itaya, K. et al.: Effects of acupuncture needle application upon microcirculation of rabbit Eearlobe, Symposium on Traditional Oriental Medicine, Science and Technology Agency, Tokyo, Japan. Oct. 5, 1985
3 Bunichi, Takashima: Shikyu Igaku Josetsu (Outline of Acupuncture Therapy), 1988
4 Capra, Fritjof: Turning Point (Japanische Übersetzung), Kosakusha, Tokyo, 1984
5 Qi, Shi: Western medical doctors in Shanghai learning Chinese medicine, Asahi Modern Medicine, Jan. 1989
6 Fumihiko, Shirota et al.: Toyo no Igaku (Medicine of the East), Nippon Hyronsha, New Edition – 1989.
7 Zhinan, Zhang: Background for treatment based on the principle of Huoxue-Huayu being used for difficult illnesses, Kampo no Rinsho (Clinical Chinese Medicine – a Japanese journal on herbal medicine), 1988
8 Huneke, W.: Impletoltherapie und andere neuraltherapeutische Verfahren, Hippokrates-Verlag, 1950
9 Weil, Andrew: Health and Healing (Japanese Translation), Nippon Kyobun sha, Tokyo, 1988
Hinweis: Dieser Artikel wird hier mit freundlicher Genehmigung der Japan Meridian Therapy Association abgedruckt. Er ist zuerst in einer Sonderausgabe des Journal of Japan Meridian Therapy Association im April 1990 sowie dem North American Journal of Oriental Medicine, Vol. 1, Nr. 2, Nov. 1994, S. 5-9 erschienen.
Übersetzung
Dominik Daling
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Naturheilpraxis 10/2014