Anja Lamprecht
Hypnose ist ein Wort, das auf Menschen eine enorme Faszination ausübt. Mangels eigener Erfahrungen wird jedoch häufig alles Mögliche in diesen Begriff hineinfantasiert. Man hört von der unwiderstehlichen Kraft besonders willensstarker Persönlichkeiten, die ihr Opfer durch einen kurzen hypnotischen Blick in ihren Bann ziehen und zu willenlosen Marionetten werden lassen – zu allem bereit, von erzwungener Liebe bis zum „Mord auf Befehl“.
Eine Verbindung zu okkult-magischen Mysterien hat die Hypnose, von ihrer Entdeckung bis heute, ins Zwielicht gebracht. Dabei sind sowohl die diagnostischen als auch die therapeutischen Möglichkeiten der Hypnose von großer Bedeutung.
Bei wenigen Themen gibt es so viele Missverständnisse wie beim Begriff der Hypnose, es werden sogar unterschiedliche Erklärungen in sonst zuverlässigen Quellen gefunden. Von „einem schlafähnlichen Zustand“ ist die Rede, der „vom Hypnotiseur induziert“ ist, vom „Verlust des Bewusstseins“, von „Willensraub“ und dem „Beichten von Geheimnissen“. Vom Therapeuten bedarf es bei Patienten noch immer viel Aufklärungsarbeit, was Hypnose ist und was nicht. Oft beginnt die Wertschätzung des Patienten erst nach der ersten praktischen Sitzung, wenn man eigene Erfahrung gesammelt hat. Mancher ist aufgrund seiner Erwartungshaltung sogar ein wenig „enttäuscht“, nichts von all den außergewöhnlichen Dingen bemerkt zu haben.
Das Wort „Hypnose“ kommt aus dem Griechischen, „hypnos“ bedeutet „Schlaf“. Dabei hat die Hypnose mit dem Schlaf, wie wir ihn kennen, wenig zu tun, genauso wenig wie mit anderen Eigenschaften, welche mit ihr häufig verbunden werden. Heute werden an ihrer Statt viele Namen verwendet, sowohl alte als auch „neu entdeckte“ – hinter Letzteren verbirgt sich jedoch bei genauer Betrachtung oft nichts anderes als das Altbewährte. Die Begriffe „Trance“ oder „Tiefenentspannung“ kommen dem Phänomen für mich am nächsten, hierunter kann sich auch jeder etwas vorstellen. Da es noch keine einheitliche Definition für den Begriff „Hypnose“ gibt – einerseits findet man sehr eng begrenzte Definitionsbestimmungen, andererseits wird ihr jeder vom Bewusstsein abweichende Zustand zugeschrieben –, möchte ich hier auf ihre Bedeutung im ganzheitlichen Zusammenhang eingehen mit Verweis auf ihre Geschichte. Interessante historische Quellen zeigen, dass ihre Ursprünge bis zum Beginn der Menschheit zurückreichen. Trotz wechselnder Bezeichnungen und Namen haben auch heute noch die gleichen Gesetze ihre Gültigkeit. Was die moderne Hypnose betrifft, ist sie heute vonseiten der Wissenschaft gut erforscht und ihre Wirksamkeit auf bestimmten Gebieten nachgewiesen.
Hypnose zählt zu den ältesten Heil- und Therapieverfahren der Menschheit. Schon seit Anbeginn des menschlichen Lebens wusste man um Möglichkeiten, in einen anderen Bewusstseinszustand einzutreten. Schamanen und Heiler vieler alter Kulturen kannten bereits verschiedene Techniken, um sich selbst und andere in einen Zustand der Hypnose zu versetzen. In der berühmten Priesterschule von Erech, dem Volk der Sumerer, wurde sie angewandt und schriftlich bezeugt. Die damals ausgebildeten „Priesterärzte“ heilten Kranke mittels hypnotischer Suggestionen im „Schlaf“. Bei den Indern waren es Vorstufen der heute bekannten Yoga-Technik, die bereits von Wachschlaf, Traumschlaf und Wonneschlaf sprachen. Im altägyptischen Papyrus Ebers (1550 v. Chr.) wurden hypnotherapeutische Techniken zur Krankenbehandlung genannt. Die ägyptischen Priester waren gleichzeitig die Ärzte des Volkes. Sie benutzten glänzende Scheiben, welche sie den Patienten vor die Augen hielten, bis diese ermüdeten und in Trance fielen. Auch das Handauflegen und Suggerieren durch entsprechend gesprochene Beruhigungsformeln waren bekannt. 1800–1200 v. Chr. war Asklepios (Aeskulap) der Gott der Heilkunst im antiken Griechenland. Die Heilbehandlung bestand damals häufig darin, dass Kranke im Tempel des Asklepios schliefen. Priester suggerierten während des sogenannten „Tempelschlafs“ Anweisungen, oder der Arzt erschien dem Patienten im Schlaf und gab ihm Aufträge für Diäten oder andere Kuren. Etwa im 6. bis 7. Jahrhundert übernahmen die Mönche und Priester des Christentums diese Riten und arbeiteten mit Weihwasser, Reliquien und Gesundbeten.
Literatur
Bärbel Bongartz, Walter Bongartz: Hypnose,
Wie sie wirkt und wem sie hilft, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1999
Emile Coué, Autosuggestion, Oesch Verlag, Zürich 1997
Ebell/Schuckall: Warum therapeutische Hypnose?, Aus der Praxis von Ärzten und Psychotherapeuten, Pflaum Verlag, München 2004
Werner Eberwein: Abenteuer Hypnose, Heilung durch Trance, Kösel Verlag, München 1996
Werner Eberwein, Gerhard Schütz: Die Kunst der Hypnose, Dialoge mit dem Unbewussten, Selbsthypnose, Junfermann Verlag, Paderborn 2001
Milton H. Erickson, Ernest Rossi: Hypnotherapie, Aufbau, Beispiele, Forschungen, Ludwig Auer GmbH, Donauwörth 2001
Erhard F. Freitag: Kraftzentrale Unterbewusstsein, Der Weg zum positiven Denken, Goldmann Verlag, München 1982
Dipl.-Psych. Wilhelm Gerl: Moderne Hypnose, Hilfe durch das Unbewusste, Trias, Thieme Verlag, Stuttgart 1998
Dr. Ewans Gordon: Die geheimen Mächte der Hypnose und Suggestion, Ein Lehrbuch zum Selbstunterricht, Rudolph’sche Verlagsbuchhandlung 1966
Louise L. Hay: Heile Deinen Körper, Seelisch-geistige Gründe für körperliche Krankheit, Verlag Alf Lüchow, Freiburg 2000
Tad James: Kompaktkurs Hypnose – Wie man Phänomene tiefer Trance hervorruft, Junfermann Verlag, Paderborn 2001
Leslie M. LeCron: Selbsthypnose. Ihre Technik und Anwendung im täglichen Leben, Goldmann Verlag, München 2000
Joseph Murphy: Subconscious Mind, Omnia Books Ltd., Glasgow 2000
Peter Orzechowski/Sigrid Straßburger: Hypnose Textbuch, Trance-Skripte für den Hypnosetherapeuten, ML- Verlag, Kulmbach 2013
Dirk Revenstorf, Reinhold Zeyer: Hypnose lernen, Leistungssteigerung und Stressbewältigung durch Selbsthypnose, Carl-Auer-Systeme Verlag, Heidelberg 2001
Heinz Rosmanneck, Ingrid Ninnemann: Das kleine 1x1 der Psychologie, Psychotherapie und Hypnose, Was kränkt die Seele und den Körper? Verlag videel, Niebüll 2001
A. Schwarz, R. Schweppe: Hypnose, Sanfte Heilung, Südwest Verlag, München 2001
Otto Siemens: Die Lehre von der Suggestion, Fern-Kursus, Otto Siemens Selbstverlag, Leipzig 1921
Karl F. Stadler: Hypnose, Was ist möglich? Selbsthilfemethoden und Heilbehandlungen, Ariston Verlag, Kreuzlingen 1999
Kurt Tepperwein: Die hohe Schule der Hypnose, Fremdhypnose – Selbsthypnose, praktische Lebenshilfe für jedermann, Ariston Verlag, Kreuzlingen 1998
Anschrift der Verfasserin
Anja Lamprecht
Heilpraktikerin
Lauchäcker 13
74251 Lehrensteinsfeld
weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)
Naturheilpraxis 10/2014