Antlitzdiagnose und der Therapeut als „Sherlock Holmes“
Renate Droste
Patienten sind wie gute Krimis. Ein Blick ins Gesicht heißt Zeichen lesen. Ein prägnantes Zeichen fällt auf. Die Fahndung beginnt. Weitere Hinweise in die gleiche Richtung kommen dazu. Eine heiße Spur! Die äußeren Zeichen sind Ausdruck der inneren körperlichen Funktion. Ein Zeichen ergänzt das andere. Die Fährte wird deutlicher, der Fall konstruiert. Zeichen für psychische Belastungen festigen den Verdacht. Das Zusammenspiel von Aufmerksamkeit und wissenschaftlicher Analyse führt über Zeichen im Gesicht zur Auflösung des Rätsels – zu einer individuellen Diagnose und Therapie des Falls.
Die junge Frau kommt wegen ihrer starken
Schmerzen im Unterleib und rezidivierender
Blutungen in meine Praxis. Die
schulmedizinische Diagnose lautet: rezidivierende
Endometritis. Die Frau lehnt
die schulmedizinische Hormontherapie
ab. Sie wünscht sich ein Kind.
Die Patientin ist perfekt geschminkt.
Ich bitte sie, sich abzuschminken. Die Bitte
lohnt sich: Das ungeschminkte Gesicht
offenbart prägnante Zeichen. Die Fahndung
beginnt.
Am Kinn der Patientin sind viele Rötungen,
Schwellungen und Hautunreinheiten
(Abb. 1) zu erkennen. Diese geröteten
und zum Teil entzündeten Areale am
Kinn sind Zeichen einer Entzündung im
Unterleib, vermutlich auf der Basis einer
hormonellen Dysbalance.
Ein weiteres Zeichen in Richtung gynäkologische
Erkrankung sind die bräunlich-
gelblichen Pigmentflecke im oberen
Wangenbereich (Abb. 2). Sie weisen auf
chronische gynäkologische Prozesse hin,
auf Myome, eine chronische Endometritis
oder eine Endometriose.
Aber diese charakteristischen gelblichen
Pigmentflecke im oberen Wangenbereich
sind nicht nur bei chronischen gynäkologischen
Prozessen zu sehen, sondern
weisen oft auf eine Leberbeteiligung hin.
Gelbliche und bräunliche Hautverfärbungen
im Gesicht sind in der Regel
Ausdruck
einer schwachen Leberfunktion.
Auf Grund des gestörten Fettstoffwechsels
durch die Leber werden Lipofusine
über die Haut ausgeschieden
(Bach 1996).
Allerdings waren unter dem Make-up
noch weitere gelbliche Verfärbungen der
Haut verborgen. Die Mundwinkel sind
gelblich verfärbt (Abb. 3/1). Eine Spur
wird deutlich.
Die „Leber-Spur“ wird durch die leichte
Schwellung unter der mittleren Unterlippe
(Abb. 3/2) und die rote Kontur der
Unterlippe (Abb. 3/3) verstärkt.
Auch die gelbbräunliche Färbung des
äußeren Augenwinkels (Abb. 4/1) ist ein
Zeichen für eine Fettstoffwechselstörung
der Leber.
Abbildungen siehe Naturheilpraxis 10/2014
Literatur
Bach, H.-D.: Sprechende Gesichter. Tutzing: BIO
Ritter (1996)
Bach, H.-D.: Äußere Kennzeichen innerer Erkrankungen.
Tutzing: BIO Ritter (2005)
Dobos, G.: Mind-Body-Medizin. München: Elsevier
(2011)
Droste, R.: Gesichter sprechen – Das Rezept aus
dem Gesicht. Nordhorn: Kattwiga. (2008)
Droste, R.: Gesichter lesen – Praxis der Antlitzdiagnose.
Nordhorn: Kattwiga (2012)
Droste, R.: Die Therapie aus dem Gesicht – Antlitzdiagnose
im Kontext von Naturheilkunde
und psychosomatischer Medizin. In: Naturheilpraxis
66 (1), 20–22 (2013)
Ferronato, N.: Praxis der Pathophysiognomik.
Stuttgart: MVS (2007)
Haiduk, V.: Gesichtsdiagnose. München: Gräfe& Unzer (2009)
Hecker, H.U.: Ohr-, Schädel-, Mund-, Hand-Akupunktur.
Stuttgart: Hippokrates (2002)
Lindemann, G.: Augendiagnostik. München:
Pflaum (1997)
Anschrift der Verfasserin
Renate Droste
Heilpraktikerin
Schillerstraße 43
48155 Münster
www.renatedroste.de
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