FACHFORUM

Cistus legt Viren lahm

Von der Signatur zur therapeutischen Anwendung

Martina Schneider

Eine wohlduftende Schönheit entfaltet Kräfte, deren Stärke Forscher nach und nach entdecken: Cistus incanus ssp. Tauricus, eine Unterart der Zistrose, wirkt sicherer gegen virale Infekte als Neuraminidase-Hemmer. Sie enthält dreimal so viel Polyphenole wie grüner Tee und viermal so viel wie Rotwein, weitere wertvolle Inhaltsstoffe wie die Pflanzenöle Cineol und Eugenol helfen bei Erkrankungen der oberen und unteren Luftwege und wirken antibakteriell, entzündungshemmend und schmerzstillend.


Cistus stärkt das Immunsystem Darm und vermag Schwermetalle auszuleiten. Inzwischen mehren sich die Indizien, dass Cistus incanus ssp. Tauricus sogar Borrelien aus dem Verkehr ziehen kann.

Schon der Sage nach gilt Cistus incanus als schnell wirkendes Heilmittel und als Jungbrunnen. Einst hatten sich die Götter auf dem Olymp versammelt, um zu bestimmen, welche Pflanze welche Heilungsaufgaben übernehmen sollte. In der Männerrunde wurde entschieden: Aufgabe der Zistrose sollte fortan sein, den in der Schlacht verwundeten Kämpfern zu helfen, damit ihre Wunden schneller heilten. Die Beschwerde der Damen ließ nicht lange auf sich warten: Gerechterweise, befanden die Göttinnen, sollte die Zistrose mit ihren wunderschönen rosa- oder rotfarbenen Blüten auch Frauen dienlich sein – als Mittel, das die Schönheit erhalte und gegen Hautkrankheiten wirke sowie vor Komplikationen bei Geburten schütze. Beinahe wären Göttinnen und Götter in Streit entbrannt, hätte sich die Zistrose nicht eilends eingemischt. Sie versprach, alle erwünschten Aufgaben zu erfüllen, ein Versprechen, das sie nach wie vor hält, wie immer mehr Forschungsergebnisse belegen.

Sehen ihre Blütenblätter auch oft etwas zerknittert aus, so als habe jemand vergessen, sie nach dem Waschen zu bügeln, schmälert dies nicht ihre Ausstrahlung: „Die Zistrose ist für mich eine mystische Pflanze“, gerät der Forscher Dr. Georgios Pandalis ins Schwärmen, „jedes Mal, wenn ich sie sehe und ihren Duft einatme, habe ich Beethoven im Ohr.“ Allerdings ist Zistrose nicht gleich Zistrose. Aus seiner Heimat Chalkidike in Nordgriechenland kennt der Biologe die Unterart Cistus incanus ssp. Tauricus als Arzneipflanze: „Hebammen setzten einen Sud aus der Pflanze zur Vorbeugung des Kindbettfiebers ein, die Einheimischen tranken Cistus-Tee traditionell abends, um die Gesundheit zu erhalten – oder um Halsschmerzen zu bekämpfen.“ Letzteres gibt für den Wissenschaftler den Ausschlag, im eigenen niedersächsischen Labor und im Verbund mit der Universität Münster zu untersuchen, welche Dienste die Inhaltsstoffe der Pflanze für das menschliche Immunsystem leisten können.

Cistus incanus ssp Tauricus, Varietät pandalis, sieht schön aus, stellt der Biologe fest, „aber im Vergleich zu anderen Varietäten ist sie im Aussehen nicht spektakulär“. Aber nur diese Varietät von der griechischen Halbinsel Chalkidike hat das, was die Muttermilch so unersetzlich macht: „Ich vergleiche die Wirkung des gewonnenen Cistus-Extraktes mit der Wirkung der Muttermilch, die auch fast nur physikalisch arbeitet: Sie tötet Viren und Bakterien nicht, sie umhüllt sie und bringt sie aus dem Verkehr, indem sie über den Darm einfach ausgeschieden werden.“ Würde die Muttermilch die Viren umbringen, erklärt Pandalis, zwinge sie diese zur Mutation und führe zu Resistenzen.

Die graubehaarte Zistrose (Cistus incanus L., auch C. creticus L. oder C. villosus L.) wächst strauchartig und bevorzugt sandige Plätze bei voller Sonne, an Nährstoffen braucht sie nicht viele. Etwa einen Meter hoch wird die Pflanze, deren immergrüne Blätter an ihren feinen Haaren ein Harz ausscheiden: La(b)danum. Bereits im alten Ägypten wurde die duftende Kostbarkeit als Räucher-, Heil- und Schönheitsmittel verwendet, Letzteres vor allem wegen der hautglättenden Wirkung. Das Harz wurde Salben beigemischt. Um es zu gewinnen, wurden Ziegen durchs Gebüsch getrieben, damit das klebrige Harz an ihrem Fell hängen blieb. Es wurde geschnitten, ausgekocht und nach dem Erkalten abgeschöpft, um es zu verwerten.

Die Blüten der Zistrose sind violett mit einem orangefarbenen Zentrum, andere Cistus-Arten haben weiße oder dunkelrote Blüten. Wertvoll sind die Inhaltsstoffe der Unterart Tauricus: La(b)danum, Polyphenole (Gerbstoffe wie Ellagitannine und Proanthocyanidine sowie Flavonoide), ätherische Öle und Borneol, Zineol, Eugenol, Ledol, Limonen und Phenol machen sie zur Arzneipflanze. Der Trockenextrakt wird durch wässrige Extrak-

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Literatur:
Christopher Weidner: Wunderpflanze Zistrose. Kopp Verlag, Rottenburg 2011
Günter Harnisch: Cistus: Gesundheit und Schönheit aus der griechischen Wildpflanze. Lorber & Turm Verlag, Bietigheim-Bissingen 2010

Anmerkungen:
1Stephan Ludwig: Der Pflanzenextrakt Cystus052 blockiert Grippeviren, Zeitschrift für Phytotherapie 2012; 33(1): 14-18, DOI: 10.1055/s-0031-1286041
2Neuerlich bestätigt im Bericht vom 5. März 2014 für ein Auftragsforschungsprojekt: Untersuchung der antiviralen Aktivität von verschiedenen Konzentrationen von Cistus-Extrakt gegen Influenza Viren des Subtyps H7N9

Anschrift der Verfasserin
Martina Schneider
Heilpraktikerin
Naturheilpraxis und Seminarhaus Schlüsselblume
Am Sahrbach 3
53505 Kreuzberg/Ahr

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Naturheilpraxis 9/2014