FACHFORUM

Beerenherbst

Eine Gartenstauden-Übersicht

Klaus Binding

Nach der Erfahrung von Josef Karl nimmt das Wissen um die Pflanzen in unserer Umgebung in erschreckendem Maße ab. Dabei wäre ein solides Grundwissen von Gartenpflanzen sowohl aus naturheilkundlicher als auch aus toxikologischer Sicht – besonders im Hinblick auf Kinder – absolut wünschenswert. In diesem Sinne bietet Josef Karl hier eine kleine allgemeine sowie toxikologische und phytotherapeutische Gartenstauden-Übersicht.


Einleitung

Aus der Fülle der reifenden Beeren von Sträuchern, Büschen und Bäumen sollen einige von jenen vorgestellt werden, die nahezu überall in unserer unmittelbaren Nachbarschaft vorkommen.

Und dies aus zweierlei Gründen: Das Wort Naturheilkunde bedeutet, dass wir – soweit wir „mit Natur“ heilen – diese zumindest in Teilen kennen sollen. Das sagte vor 500 Jahren viel drastischer Paracelsus. Aber kennen wir – um ein Beispiel zu nennen – Pflanzen noch wirklich? Ich sehe auf Arzneigartenführungen nur Einzelne, die Bescheid wissen. Und erschrocken bin ich regelmäßig über das Wissen von Gymnasiasten, die mir im Garten helfen und kaum eine Pflanze oder einen Baum beim Namen nennen können. Es sieht schlecht aus – es darf doch nicht der Naturunterricht zugunsten der Computerunterweisung völlig untergehen!
(Sagen Sie nicht: Ja, aber die haben doch das Fach Biologie – die Gewächse im nächsten Lebensraum bleiben zumeist unbekannt.)
Jammern nützt nichts: Bei der Kollegenschaft sieht es auch nicht glänzend aus ...

Die Sträucher

Die Beschreibungen sollen auf die Gärten und die umliegende Gegend begrenzt sein. Alles zu schildern würde die Grenzen sprengen. (Dafür gibt es – am Schluss – zahlreiche Hinweise zu guten und schönen Pflanzen-Bestimmungsbüchern.)

Seit vielen Jahren erlebe ich, dass Besucher meinen Garten anschauen wollen. Meistens sind sie enttäuscht, weil ich wegen eines ausgesprochenen Moorbodens nicht viele Arzneipflanzen vorweisen kann. Doch im Herbst sind viele Früchte an Sträuchern und Bäumen zu finden. Sind Kinder dabei, sind die meist unwissenden Eltern ängstlich: Was dürfen sie probieren und was nicht? Schließlich haben die Medien durch etwas übertriebene Berichte eine unrealistische Angst geschürt. Hierzu ein einziges Beispiel: Da brachte der Bayerische Rundfunk, dass Kinder auf keinen Fall die Nadeln der Eiben (Taxus baccata) essen dürfen. Dies ist richtig, im Gegensatz zu den kleinen roten Früchten enthalten sie das Gift Taxin. (Im Altertum war die Eibe den Todesgöttern geweiht. Extrakte aus den Nadeln der Eibe wurden zu Morden und Selbstmorden missbraucht.) Welches Kind aber würde die Nadeln essen? Sie spucken sie sofort aus, falls sie sie überhaupt probieren. Anders ist es bei den Beeren (Abb.1). Die nämlich sind schön rot und verlockend für ein Kind – und sie wären durchaus essbar, wäre nicht der große feste runde Kern, der ebenfalls giftig ist. Eine interessante Begebenheit mag ich auch erwähnen. Im oberbayerischen Paterzell beim Kloster Wessobrunn, in der Nähe von Dießen am Ammersee, gibt es einen der letzten kleinen Eibenwälder Deutschlands. Früher, in der 1920er Jahren, nahmen die Forstarbeiter noch ihr Mittagsmus mit und verbesserten es im Herbst mit Taxusbeeren, deren Kerne sie jedoch ausspuckten.

Im Garten lieben die Amseln die Beeren und ernten sie fleißig. Die Kerne scheiden sie aus und sorgen für junge Pflanzen, die ich zu meiner Freude reichlich vorfinde. (Größere Eiben, die eine schöne dichte Hecke bilden, sind nämlich teuer.) Eiben lassen sich problemlos schneiden und sind absolut winterhart.

Über den Weißdorn (Crataegus oxyacantha und andere Sorten) wird häufig auch in dieser Zeitschrift berichtet, sodass ich mich kurz fassen kann. Giftig sind die roten Beeren nicht, nicht schmackhaft besonders, und wer zu heftig auf eine Beere beißt, kann durchaus einen Zahn einbüßen. Dass eines unserer wichtigsten Herzmittel aus den Früchten und Blättern ge- ...

Schluss

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Abbildungen siehe Naturheilpraxis 9/2014

Literatur:
Frohne, Pfänder: Giftpflanzen, 2. Aufl., WVG Stuttgart
Genaust, Helmut: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen, 3. Aufl., Nikol-Verlag, Hamburg
Gessner, Orzechowski: Gift- und Arzneipflanzen von Mitteleuropa, 3. Aufl., Carl Winter Verlag, Heidelberg
Hiller, Karl, und Melzig, M.F.: Die große Enzyklopädie der Arzneipflanzen und Drogen, Elsevier Verlag, Heidelberg
Karl, Josef: Phytotherapie, 3. Aufl., Marczell Verlag München (vergriffen)

Anschrift des Verfassers:
Josef Karl
Heilpraktiker
Alpenstraße 25
82377 Penzberg

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Naturheilpraxis 9/2014