Herz-Kreislauf-System

Steinklee (Melilotus officinalis)

Von der Signatur zur therapeutischen Anwendung

Margret Rupprecht

Bereits im humoralpathologischen Denken der Antike war bekannt, dass der Stau, im wörtlichen und übertragenen Sinne, als Behinderung des Lebensflusses und als Ursache von Krankheit anzusehen ist. „Wer die Zukunft will, muss aufpassen, dass er nicht im Stau der Gegenwart stecken bleibt“, sagt noch heute ein Sprichwort.


Wo energetisches und somatisches Strömen gebremst, blockiert und unterbrochen wird, entsteht Krankheit. Ein Arzt, der diese einfache Beobachtung in aller Konsequenz zu Ende dachte, war der Wiener Psychoanalytiker Wilhelm Reich (1897–1957), der in seinem Werk „Charakteranalyse“ den Freud’schen Begriff des Widerstandes weiterentwickelte. Der psychisch gesunde Mensch war für Reich ein Wesen, das sich dem Strömen der biologischen Energie ohne Hemmung hingeben kann. Das verstand er sowohl emotional wie körperlich. Der blockierte Mensch hingegen entwickelt einen „Charakterpanzer“, der Energie festhält und sich auf vielfältige Weise äußern kann. Durch die andauernde Verkrampfung entwickelt sich auf der körperlichen Ebene im Bereich der Muskulatur ein Hypertonus. Myogelosen entstehen bis hin zu einer erstarrten Körperhaltung, die Ausdruck einer blockierten Lebensgeschichte ist, in der sich die funktionelle Summe vergangener Ereignisse festgesetzt hat und nicht mehr verarbeitet werden kann.

Reich war einer der ersten Psychoanalytiker, der die Seele nicht isoliert betrachtete, sondern den Menschen als psychophysische Einheit wahrnahm. Aufgrund seiner Arbeit im Wiener Seminar für Psychoanalytische Therapie kam er  zu einem von Freud abweichenden Verständnis der Phänomene Widerstand und Übertragung. Auch bei Reich spielte die frühe Kindheit eine entscheidende Rolle. Zeitpunkt, Art und Intensität der Konflikte, das Verhältnis zwischen Triebbefriedigung und Frustration und andere Faktoren waren für ihn wichtige Einflussgrößen für die Ausbildung der Charakterpanzerung, die er seit 1934 nicht mehr als rein psychische Panzerung verstand. Er nahm wahr, dass sie  sich auch als körperliche Störung äußerte, z.B. in den Bereichen Muskulatur, Kreislauf und vegetatives Gleichgewicht.

Von seinem Zeitgenossen, dem Physiologen Friedrich Kraus, übernahm Reich die Vorstellung von der „vegetativen Strömung“. Verkrampfung und Stau verstand er als körperliche Folgen eines seelischen Verdrängungsprozesses sowie als Grundlage seiner Aufrechterhaltung. Oft konnte er beobachten, dass die äußerliche Behandlung einer verkrampften Muskulatur plötzliche affektive Ausbrüche nach sich zog, die verdrängte Erinnerungen freisetzten. ...

Literatur
Ursel Bühring: Praxis-Lehrbuch der modernen Heilpflanzenkunde. Sonntag Verlag, Stuttgart 2005
Artur Burger, Helmut Wachter: Hunnius. Pharmazeutisches Wörterbuch. Walter de Gruyter, Berlin 2004
Rüdiger Dahlke: Krankheit als Symbol. Bertelsmann Verlag, München 2007
Theodor Dingermann, Dieter Loew: Phytopharmakologie – Experimentelle und klinische Pharmakologie pflanzlicher Arzneimittel. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2003
Roger Kalbermatten: Wesen und Signatur der Heilpflanzen. Die Gestalt als Schlüssel zur Heilkraft der Pflanzen. AT Verlag, Aarau 2002
Gerhard Madaus: Lehrbuch der biologischen Heilmittel. Band 8. Mediamed Verlag, Ravensburg 1989
Wilhelm Reich: Charakteranalyse. Kiepenheuer & Witsch. 1989 (KiWi 191)
Hildebert Wagner, Markus Wiesenauer: Phytotherapie. Phytopharmaka und pflanzliche Homöopathika. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2003
Rudolf Fritz Weiß: Lehrbuch der Phytotherapie. Hippokrates Verlag, Stuttgart 1991
Max Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka. Ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Anschrift der Verfasserin
Margret Rupprecht
Quinta Essentia
Heilpraktikerin und Medizinjournalistin
Hohensalzaer Straße 6a
81929 München

weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)


Zum Inhaltsverzeichnis

Naturheilpraxis 8/2014