Immunsystem

Nahrungsunverträglichkeiten

Behandlung mit weichen manuellen Techniken

Klaus G. Weber

Unser Nahrungsangebot wird immer „künstlicher“. Eine der Folgen: In den letzten Jahren ist eine deutliche Zunahme der Nahrungsmittelunverträglichkeiten zu beobachten. Das reicht von definierten Störungen wie der Fruktoseintoleranz über Schmerzen und Blähungen bis hin zu wechselnden Beschwerden durch Histaminliberatoren.


Zunehmend finden wir im täglichen Speiseangebot künstliche Produkte, die wir bestenfalls eingeschränkt als „Lebensmittel“ bezeichnen können. Die technische Veränderung der Nahrungsbestandteile in Fertigprodukten, die Verwendung künstlicher Aromen und anderer Zusatzstoffe, das Zufügen von Ersatzstoffen für natürliche Bestandteile und eine chemische Aufbereitung, die mit natürlichem Nahrungsangebot nur noch wenig zu tun haben, ziehen Probleme nach sich, deren wir uns erst langsam bewusst werden.

Zugleich leiden viele Menschen unter diffusen Unverträglichkeitsreaktionen, die sich schwer einzelnen Stoffen bzw. Nahrungsmitteln präzise zuordnen lassen. Mal wird ein Nahrungsmittel vertragen, ein anderes Mal nicht. So berichten Patienten, dass sie manche Substanzen, auf die sie im Alltag mit Unverträglichkeitsreaktionen reagieren, nach ein bis zwei Wochen Urlaub in kleineren und sogar in normalen Mengen ohne Beschwerden aufnehmen konnten.

Daraus lässt sich schließen, dass es neben den biochemischen Reaktionen funktionelle Faktoren geben muss, die Ausmaß und Symptomatik einer Nahrungsmittelunverträglichkeit mit prägen.

Neben der Vermeidung von Reizauslösern liefert meiner Erfahrung nach die Ortho-Bionomy® – eine Weiterentwicklung der Osteopathie – einen Erfolg versprechenden zusätzlichen Therapieansatz, dem einige Aspekte der Verdauungsphysiologie (Abb. 1) zugrunde liegen.

A) Physiologische Grundlagen

  1. Trophik der Darmschleimhaut
    Eine gesunde Darmschleimhaut (1) ist gut durchblutet (2). Die Becherzellen (3) produzieren hochviskösen Mukus (Schleim, 4), der die Epithelien benetzt. Man kann sich diesen Schleimbezug wie den Schleim der Nacktschnecken vorstellen – sehr anhaftend und quellfähig.

  2. Immunglobulin A
    Das darmassoziierte Lymphgewebe (5) sezerniert in großen Mengen Immunglobulin A (IgA) in das Darmlumen, wo es sich im Mukus anreichert. Wie wir wissen, sind 70 bis 80% unseres Immunsystems mit dem Verdauungstrakt assoziiert. Das IgA ist mit weitem Abstand das in größter Menge produzierte Immuneiweiß. Es übernimmt im Verdauungstrakt eine Lotsenfunktion, wobei es sich an Nahrungspartikel andockt (6), die über die Schleimschicht mit dem Darmepithel in Berührung kommen. In Kombination mit dem IgA können diese Partikel als Nahrungsstoffe die Gewebeschranken passieren (7). Nicht konjugierte Partikel werden als potenzielle Gefahr (Viren oder Bakterien) registriert und lösen entsprechende Abwehrreaktionen aus.

  3. Liquor cerebrospinalis
    Speranski, Nachfolger des Physiologen Pavlow und Direktor des Institutes für Allgemeine und Experimentelle Pathologie der Akademie der medizinischen Wissenschaften der UdSSR, bewies in Tierversuchen, dass aus dem Liquorraum austretender Liquor cerebrospinalis bzw. sein Filtrat (8) sich hauptsächlich im Waldeyer’schen Rachenring und im darmassoziierten Bindegewebe anreichert. Dort übt er eine stimulierende und modulierende Wirkung auf das Immunsystem aus.

  4. Parasympathikus
    Der Verdauungstrakt ist durch eine parasympathisch ausgelegte Stoffwechselaktivität gekennzeichnet. Unter sympathischen Stressreizen wird die Verdauungsaktivität reduziert. Umgekehrt stimuliert sie der Parasympathikus. Wir alle kennen das Bauchgrummeln unserer Patienten, sobald sie anfangen, sich zu entspannen.

B) Funktionelle nahrungsunabhängige Belastungen

Einige ganz unterschiedliche funktionelle Belastungsfaktoren führen zu einer qualitativen Minderung der physiologischen Situation und triggern so Nahrungsunverträglichkeiten.

  1. Faszialer Stress insbesondere der Zentralfaszie wirkt sich bis in den Bauchraum aus. Mögliche Ursachen sind Traktionstraumen bei der Geburt durch Beckenendlage, Zange oder Saugglocke, eine sehr schnelle Geburt oder einen Kaiserschnitt. Spätere Auslöser sind alle Traktionstraumen wie ein Schleudertrauma. Weiteren Faszienstress finden wir über die vom Nabel ausgehenden Bänder nach Laparasko- ...

Literatur
Bayerlein, R.; Weber, K.: Neurolymphatische Reflextherapie nach Chapman und Goodheart, Anwendungen in der Ortho-Bionomy, Osteopathie und angewandten Kinesiologie; Sonntag Verlag, Stuttgart 2. Aufl. 2007
Liem, Th.: Kraniosakrale Osteopathie, Hippokrates Verlag, Stuttgart 1998
Weber, K.; Christian, E.: Störungen der Ausscheidungs- und Immunfunktion des Darms als Krankheitsursache, Intersan Institut für Pharmazeutische und Klinische Forschung GMBH 1994
Speransky, A.D.: Grundlagen der Theorie der Medizin, Verlag Dr. Werner Saenger, Berlin 1950
Weber, K.; Wiese, M.: Kraniosakrale Therapie. Ressourcenorientierte Behandlungskonzepte, Springer Verlag Heidelberg 2003
Weber, K.; Wiese, M.: Rückenschmerzen – Verstehen, behandeln und vorbeugen, Pflaum Verlag 2014

Abbildungen siehe Naturheilpraxis 7/2014

Anschrift des Verfassers
Dr. med. Klaus G. Weber
Allgemeinarzt, Naturheilverfahren, Homöopathie
Deutsches Institut für Ortho-Bionomy®
Buttenwegle 10
72108 Rottenburg
Tel. (07472) 24796
www.ortho-bionomy.de

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